Ausbildung bei der Bahn für junge Emirati

Um sich auf zukünftige Herausforderungen des Eisenbahnwesens in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) vorzubereiten, hat die örtliche Eisenbahn-Organisation Etihad Rail DB (ERDB) das deutsche Unternehmen DB E&C (DB Engineering & Consulting) beauftragt, ein nachhaltiges Ausbildungsprogramm zu entwickeln und zu implementieren.

mehrere junge Emirati mit Warnwesten und Schutzhelmen
DB Training

Das Ausbildungsprogramm soll junge Emirate mit dem Thema Eisenbahn vertraut machen, für bahnspezifische Berufe qualifizieren und sie langfristig in die Lage versetzen, Managementpositionen bei Etihad Rail DB zu übernehmen.

Ausgangssituation

Das Eisenbahnwesen ist im Nahen Osten generell noch relativ neu und das gilt auch speziell für die VAE. Die VAE möchten ein nationales Eisenbahnnetz etablieren, das die wichtigsten Handelszentren und Siedlungsräume der Menschen des Landes miteinander verbindet.

Zunächst wurde im Jahr 2013 ein Joint Venture zwischen dem National Railway Network der VAE und der Deutschen Bahn AG geschlossen. Das Joint Venture trägt den Namen Etihad Rail DB (ERDB). Es ist verantwortlich für Betrieb und Wartung eines Eisenbahnnetzwerks von 264 Kilometer Länge, das den Transport von Schwefel aus den Städten Shah und Habshan nach Ruwais im westlichen Abu Dhabi erleichtert.

Eines der strategischen Ziele von Etihad Rail DB ist es, das notwendige Know-how und die fachliche Expertise zu entwickeln, um das Eisenbahnnetzwerk autonom zu führen. Daher entschied sich Etihad Rail DB neben anderen Maßnahmen dafür, eine bahnspezifische Berufsausbildung zu etablieren. Sie soll sicherstellen, dass die Mitarbeitenden bestmöglich qualifiziert werden. Das deutsche Unternehmen DB E&C wurde beauftragt, die Implementierung zu planen und zu organisieren. 

Das Eisenbahn-Diplom ("Rail Diploma"), ein spezielles Ausbildungsprogramm für Bahnberufe, ist eine Basisqualifikation für junge Emirati und ihr erster Schritt in eine Karriere bei ERDB. Das nur Staatsangehörige der VAE Zugang zu dieser Ausbildung erhalten, ist es gleichzeitig ein strategisches Instrument, um die Quote berufstätiger Emirati im eigenen Land zu erhöhen.

Herausforderungen

Als Voraussetzung für das Design eines strukturierten Konzeptes wurde zunächst eine Vereinbarung mit dem Abu Dhabi Vocational Education Training Institute (ADVETI) getroffen. ADVETI ist eine Ausbildungseinrichtung für technisches Training unter der Lizenz des Emirats von Abu Dhabi. Zu den Angeboten von ADVETI zählen Ausbildungsstätten mit dem entsprechenden technischen Equipment für Berufe in der Mechanik und Elektrik und qualifiziertem Trainingspersonal. Neben den technischen Einrichtungen und den Trainern verfügt ADVETI über umfangreiche Erfahrung mit der Lernkultur der Emirati, die hauptsächlich mit ihrem Zeitmanagement und schneller Erschöpfung zu kämpfen haben. Bei ADVETI liegt auch die Verantwortung für die Zertifizierung des neuen Lehrgangs "Rail Diploma". Das Programm, das Trainingsmaterial und die Trainerinnen uns Trainer sind vom emiratischen Bildungsministerium anerkannt.

Die zweite Herausforderung bestand darin, junge Emirati für Eisenbahn-spezifische Berufe wie Zugschaffner, Zugführer, Fuhrparktechniker, Systemtechniker und Bedienpersonal für Gleisausrüstung zu gewinnen, obwohl sie in der Regel keine genaue Vorstellung vom Eisenbahnwesen haben.

Entwicklung von Konzept und Lehrplan

Schulabgängerinnen und -abgänger, die ihr erstens Ausbildungsjahr (ADVETI Core Year) starten, müssen sich Prüfungen unterziehen, um ihre Kenntnisse in Mathematik, ihre englischen Sprachkenntnisse und und ihre körperliche und psychische Fitness unter Beweis zu stellen. Im ersten Jahr werden die mechanischen und elektrischen Grundlagen für alle ERDB-Trainees vermittelt. Am Ende des zweiten Jahres entscheiden sich die Auszubildenden für einen der fünf Berufe und konzentrieren sich darauf in ihrem dritten Ausbildungsjahr.

Um den Ansprüchen von ERDB zu genügen, wurden Konzepte, Standards und didaktische Elemente der Berufsausbildung bei Deutsche Bahn AG in Ausbildung integriert. Auch Ausbildungsinhalte der deutschen Ausbildungsberufe "Industrie-Mechaniker/-in" und "Elektroniker/-in" flossen ein.

Für das dritte Ausbildungsjahr wurde ein Lehrplan für die Eisenbahn-spezifischen Ausbildungsanteile zusammengestellt. Dabei erfolgte eine Abstimmung mit den jeweiligen Managern und mit dem Sicherheitsbeauftragten. Auch Empfehlungen für Ausbildungsmaterial wurden abgegeben.

Die Ausbildung beginnt mit einer Einführungswoche, um Vision, Mission und Werte sowie das Arbeitsethos des Unternehmens vorzustellen. Die folgenden beiden Jahre bestehen aus mehreren Trainingsmodulen, zum Beispiel Geometrie und Trigonometrie, Grundlagen der Elektrik, IT, technisches Zeichnen, elektrische Ausrüstung, Schweißtechnologien, Zusammenbau und Demontage.

Weitere Trainingsmodule decken den Bahnbetrieb und das praxisorientierte Training für die verschiedenen Berufe auf dem ERDB-Gelände ab. Außerdem sind mehrere Praktika geplant.

Zusätzlich wurde ein einwöchiges Besuchsprogramm als zusätzliche Vergünstigung für die Vertragsunterzeichnung organisiert. Die Auszubildenden wurden durch den deutschen Ausbilder begleitet, der auch die Einführungswoche durchgeführt hatte.

Zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von DB E&C gehörten Empfehlungen hinsichtlich der Entwicklung verschiedener Kursmaterialen und ein Tutor-/Mentor-Konzept für die Auszubildenden. Die deutschen Experten berieten auch hinsichtlich der Ausbildung derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine Tutorenfunktion für die Auszubildenden übernehmen sollen. Die im Ausbildungsprozess involvierten Manager erhielten ein vom Ausbildungsprogramm unabhängiges didaktisches Training, wodurch sich Train-the-Trainer-Maßnahmen erübrigten.

Rekrutierungsstrategie

Das Konzept einer strukturierten Berufsausbildung wie diejenigen bei ERDB ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten relativ unbekannt. Schulabgängerinnen und -abgänger streben vorrangig entweder ein Universitätsstudium oder eine Stellung im öffentlichen Dienst an. Daher war es notwendig, einen detaillierten Rekrutierungsplan für die offenen Positionen zu entwickeln, wozu auch Besuche in Schulen zählten. Da alle wichtigen Entscheidungen üblicherweise im Kreis der Familie und nicht durch den Einzelnen getroffen werden, wurden auch Verwandte eingeladen.

Zusätzlich zu Informationen über das Unternehmen und die verschiedenen Berufe konzentrierten sich die Präsentationen auf die Vorteile für die Auszubildenden: ausgezeichnete Karrieremöglichkeiten, spannende Berufe und ein einwöchiger Aufenthalt in Deutschland, um vor Ort das deutsche Eisenbahnsystem kennenzulernen.

Zwölf Bewerber wurden eingestellt und starteten ihr Trainingsprogramm am 1. September 2017. Dem Einführungsprogramm ging ein einwöchiger Aufenthalt in München voraus, in dessen Verlauf verschiedene Einrichtungen der Deutschen Bahn AG besucht wurden.

Eine zweite Gruppe von 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmern startete ihre Ausbildung im September 2019.


Information

Das Erfolgsbeispiel ist der Broschüre Developing Skills for Employability with German Partners • 8 Success Stories from the Mobility and Logistics Sector entnommen. Die Broschüre ist im November 2020 erschienen.

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