EducationPlus 2025: Interviews mit deutschen Bildungsanbietern in China

Vom 11. bis 13. Juni 2025 fand die Messe EducationPlus 2025 in Chengdu, Provinz Sichuan, statt. Messethema in diesem Jahr: Entwicklung neuer hochwertiger Produktivkräfte und Internationalisierung der Bildung. Lesen Sie im Bericht von den Chancen und Herausforderungen, über die iMOVE vor Ort mit Bildungsanbietern aus Deutschland sprach.

eine Frau und ein Mann sitzen an einem Tisch und sprechen miteinander

Interview mit FU Zhixuan, Direktorin internationale Bildungskooperation, SinaLingua e.K.

Auf der EducationPlus präsentierten Aussteller aus aller Welt die neuesten Errungenschaften im Bereich der Berufsbildung und der Zusammenarbeit von Industrie und Bildung im In- und Ausland in Form von Ausstellungen, Seminaren, Wettbewerben, Lehrkräftefortbildung und Unternehmensbesuchen. Mehr als 4,000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus circa 400 Schulen und Unternehmen besuchten die Ausstellung auf einer Fläche von 12,000 Quadratmetern.

iMOVE war mit acht Mitgliedern der iMOVE-Anbieter-Datenbank auf der Messe vertreten. Die iMOVE-Kontaktstelle China nutzte die Gelegenheit in Chengdu und interviewte die Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Bildungsanbieter zu ihren ganz individuellen Erfahrungen mit ihrer Geschäftstätigkeit in China.

Zu den interviewten Unternehmen gehörten unter anderem die Repräsentantinnen und Repräsentanten von TÜV Rheinland, SinaLingua e.K., Dr.-Ing. Paul Christiani GmbH & Co. KG und Phoenix Contact.

Die Aussagen der Bildungsanbieter sind im Folgenden unter verschiedenen Überschriften zusammengefasst - mal in Stichworten, mal ausformuliert. Damit liefert Ihnen die iMOVE-Kontaktstelle Informationen aus erster Hand über die Geschäftstätigkeit deutscher Bildungsanbieter in China.

in einer Messehalle bewegen sich viele Menschen

Geschäftstätigkeit der befragten Unternehmen

Die Unternehmen sind seit mehr als 20 Jahren auf dem chinesischen Markt tätig. Ihr Geschäft in China konzentriert sich auf die Lokalisierung der deutschen dualen Ausbildung.

Zu den Kerndienstleistungen gehören der Aufbau von Lerninhalten und die Entwicklung von Ausbildungsplänen, die Planung von Ausbildungsräumen und die Lehrkräftefortbildung.

In den letzten Jahren haben die Ausbildungen in den Bereichen Mechatronik, Automatisierung und Elektrofahrzeug zunehmend an Bedeutung gewonnen. Einige Unternehmen bieten auch betriebliche Weiterbildungskurse beispielsweise in der interkulturellen Kommunikation an.

Bevorzugte Kooperationsformen

Die meisten befragten Unternehmen sind der Ansicht, dass von der Regierung geleitete Projekte oder die Zusammenarbeit mit offiziellen Einrichtungen wie dem Center for Language Education and Cooperation des Bildungsministeriums am effektivsten und stark replizierbar sind. Insbesondere bei der Bewertung und Anerkennung von Qualifikationen ist eine staatliche Führung von oben nach unten unerlässlich.

Gleichzeitig sind die erfolgreichen direkten Kooperationen mit Schulen eine wichtige Voraussetzung, um später staatliche Unterstützung zu erhalten. Manche Unternehmen betonen auch, dass die Art der Zusammenarbeit flexibel sein und spezifisch für die Regionen und Schulen festgelegt werden muss.

zwei Männer sitzen am Tisch und sprechen miteinander

Interview mit PENG Chunsheng (links), Manager Kooperation Industrie und Bildung, Phoenix Contact

Wichtigste Bedarfe chinesischer Berufsschulen

Bei der Umsetzung einer Dualität in der beruflichen Bildung hat sich der Schwerpunkt von der Einführung des deutschen Ausbildungsmodells und deutscher Lehrmaterialien komplett verlagert hin zum Aufbau eines lokalisierten dualen Systems.

Im Fokus stehen die Verbesserung praktischer Fertigkeiten von Auszubildenden, die Lehrkräftefortbildung im Bereich der handlungsorientierten Lehrmethodik und projektbasierte Lehrmaterialien, die auf die Bedarfe der Industrie abgestimmt sind.

Übergeordnete Ziele sind die Erfüllung der von der Regierung festgelegten Internationalisierungsziele für Schulen und die Zusammenarbeit mit ausländischen Einrichtungen.

Die Industrie braucht eine Ausbildung von Fachkräften, deren Kompetenzen eng auf deren Modernisierung abgestimmt sind. Für die Absolventinnen und Absolventen steht die Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit der auf dem Arbeitsmarkt im Vordergrund.

Auswirkung deutsch-chinesischer Politik auf Geschäftstätigkeit

Insgesamt sind die befragten Unternehmen der Meinung, dass das politische Umfeld in China mehr Vorteile als Nachteile und keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit hat.

Die politischen Maßnahmen in China einschließlich der Belt and Road-Initiative ermutigen die Berufsschulen, mit internationalen Partnern zu kooperieren. Im aktuellen Kontext der deutsch-chinesischen Beziehungen und der internationalen Situation haben die chinesischen Berufsschulen eine neutrale und offene Haltung gegenüber der Zusammenarbeit mit dem deutschen Bildungssektor.

Frau und Mann sitzen am Tisch und sprechen miteinander

Interview mit ZHANG Sichen, Senior Projektmanagerin, TÜV Rheinland

Lokalisierung der Bildungsmaßnahmen

Curricula und Ausbildungsmethoden

Die deutsche Berufsausbildung ist in Bezug auf praktische Fertigkeiten und Methodenkompetenzen anspruchsvoller als die chinesische. Die Besonderheiten und Stärken der deutschen Berufsbildung wie "Modularität" und "Handlungsorientierung" müssen an die Lehrpläne und Klassengrößen in China mit normalerweise 30 bis 50 Schülerinnen und Schülern pro Klasse angepasst werden.

Schon wegen der hohen Anzahl der Lernenden benötigen chinesische Lehrkräfte eine längere Zeit, um eine neue Ausbildungsorganisation und neue Lehrmethoden einzuführen und umzusetzen.

Konkrete Umsetzung als entscheidender Erfolgsfaktor

Chinesischen Berufsschulen fehlt es im Allgemeinen an Zeit und Erfahrung, um deutsche Standards und Curricula selbst zu lokalisieren. Daher sind die Berufsschulen auf ihre deutschen Partner angewiesen.

Deutsche Bildungsanbieter sollten detaillierte und konkrete Umsetzungspläne anbieten. Dies sollte die Integration von deutschen und chinesischen Ausbildungsplänen genauso berücksichtigen wie die Beratung zum Design, die Ausrüstung von Trainingszentrum und die konkrete Zusammenarbeit mit der Industrie.

Herausforderungen auf praktischer Ebene

Anerkennung von Berufsbildungsabschlüssen

Die Anerkennung und Akzeptanz des deutschen Zertifizierungssystems in China sollte verbessert werden. Die fehlende gegenseitige Anerkennung von Berufsbildungsabschlüssen zwischen China und Deutschland kann gemeinsame Ausbildungsprogramme beeinträchtigen.

Schutz des geistigen Eigentums

Einige der befragten Unternehmen befürchten, dass der öffentliche Verkauf von Lehr- und Prüfungsmaterialien in China zu unerlaubtem Kopieren und Weitergabe führen könnte.

Sprachbarrieren

Vielen Schülerinnen und Schülern der Berufsschulen fällt es schwer, Deutsch zu lernen. Dies kann die Lernenden davon abhalten, für einen Austausch oder eine Beschäftigung nach Deutschland zu reisen.

zwei Männer sitzen am Tisch und sprechen miteinander

Interview mit WANG Sheng (links), Regionalmanager Asien-Pazifik, Dr.-Ing. Paul Christiani GmbH & Co. KG

Chancen in modernen Branchen und Technologien

Alle befragten Unternehmen bieten bereits Dienstleistungen in aufstrebenden Branchen wie der intelligenten Fertigung und/oder Elektrofahrzeuge an. Einige Unternehmen versuchen, ihr Geschäft im Bereich virtuelles Simulationstraining und KI-gestützte Lehrassistenz zu entwickeln.

Die befragten Unternehmen sind der Ansicht, dass China bei der Anwendung digitaler Medien im Bildungsbereich Deutschland deutlich voraus ist.

Auch neue Formen der Zusammenarbeit, wie der Export chinesischer E-Commerce-Kurse nach Deutschland in Form von Online-Kursen kamen in den Interviews zur Sprache.

Tipps für den Bildungsexport nach China

Schließlich lassen sich noch einige Tipps nennen, die die befragten Bildungsanbieter anderen deutschen Bildungsunternehmen, die in China tätig werden wollen, mit auf den Weg geben wollen:

  • Verständnis für den chinesischen Berufsbildungsmarkt und für reale Bedarfe der Berufsschulen
  • Sensibilisierung für kulturelle Unterschiede bei der Kommunikation, um Missverständnisse zu vermeiden
  • Identifikation von maßgeschneiderten Produkten und Dienstleistungen sowie Entwicklung von lokalisierten Lösungen
  • neueste bildungspolitische Richtlinien Chinas verfolgen und Lokalisierung der Produkte und Projekte entsprechend der aktuellen Situation
  • jederzeit flexibel zeigen und Anpassung der Durchführung von Projekten ermöglichen
  • Gewöhnung an Arbeitsdauer und Arbeitsintensität in China

Weitere erfolgsversprechende Bereiche für deutsche Bildungsanbieter in China sind aufstrebende Branchen und Digitalisierung sowie die Unterstützung chinesischer Berufsschulen beim Export chinesischer Berufsbildungsstandards ins Ausland, zum Beispiel nach Südostasien und Afrika.