Deutsche Bildungsanbieter besuchen Vietnam, Kambodscha und Laos
iMOVE beteiligte sich als Fachpartner an einer Geschäftsanbahnungsreise vom 25. bis 30. Mai 2025 nach Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam sowie unmittelbar im Anschluss an einer Markterkundungsreise vom 1. bis 6. Juni 2025 nach Phnom Penh in Kambodscha und Vientiane in Laos.

Beide Reisen fanden im Rahmen des BMWE-Markterschließungsprogramms mit acht bzw. zehn deutschen Bildungsanbietern statt. Während der ersten Reise lag ein Schwerpunkt auf dem Thema Kreislaufwirtschaft. Die zweite Reise war stark geprägt von Lernmittelherstellern und Ausstattern für technisches Training.
In allen drei Ländern stellte sich die deutsche Seite in jeweils einem Konferenzformat vor. Auf dem Programm standen außerdem zahlreiche Gruppen- und Einzelbesuche bei Ministerien, öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen sowie den Botschaften, AHKs und lokalen Unternehmen und Unternehmensverbänden.
Ziel der Reise war es, den Teilnehmenden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Berufsbildung und die Fachkräfte-Bedarfslage der Länder zu veranschaulichen sowie Geschäftskontakte mit potenziellen örtlichen Partnern zu ermöglichen.
Erfolge der "Bambusdiplomatie" in Vietnam
Auf der Grundlage seiner "Bambusdiplomatie" feiert Vietnam wirtschaftliche Erfolge mit vielen internationalen Partnern und gilt als außenpolitischer Hub der gesamten Region. Zum Wachstum tragen eine Energiewende (mit dem Ausbau der Atomkraft), der Infrastrukturausbau (mit einem leistungsfähigeren Eisenbahnnetz), die allmähliche Etablierung einer Kreislaufwirtschaft, der Ausbau des Gesundheitswesens und die Modernisierung der Industrie bei. Weitere wichtige Themen bilden Digitalisierung und Forstwirtschaft. Größtes Problem stellen aktuell die US-amerikanischen Zölle dar.
Vor Ort sind 530 deutsche Unternehmen präsent, davon 109 mit eigener Produktion. Ihr Erfolg fußt zumeist auf einem netzwerkbezogenen Vertrieb ("Circle of Trust"), der geduldig erarbeitet werden muss. Die Bürokratie, hohe Steuern und das Thema Compliance stellen wichtige Herausforderungen für sie dar, während sie von niedrigen Löhnen, Freihandelsabkommen, gut ausgestatteten Industrieparks und politischer Stabilität im Land profitieren.
Bis 2030 will Vietnam ein Industrieland werden, bis 2045 eine hochentwickelte Industrienation. Dazu braucht es hochqualifizierte Fachkräfte in einem leistungsfähigen Berufsbildungssystem, das auf lebenslanges Lernen ausgerichtet ist.
Das Land hat 900 Berufsfachschulen und Colleges sowie 800 Berufsbildungszentren mit Kursen, die in etwa mit deutschen Volkshochschulen vergleichbar sind. Jährlich absolvieren rund zwei Millionen Menschen die Berufsfachschulen und Colleges sowie zehn Millionen Kurse an den Berufsbildungszentren.
Die vietnamesische Regierung befindet sich seit dem 1. März 2025 in einem Umstrukturierungsprozess mit interner Verwaltungs- und Gebietsreform. Sie soll auch dazu beitragen, das Berufsbildungssystem flexibler und offener für alle Bevölkerungsgruppen zu gestalten. Unternehmen sollen in das neue System mitinvestieren, damit es mehr Raum gibt für neue Technologien sowie fachlich und didaktisch besser qualifizierte Lehrkräfte.
Durch eine Dezentralisierung sollen die Berufsbildungszentren mehr Kompetenzen erhalten und damit auch bessere Kooperationsmöglichkeiten mit internationalen Bildungsanbietern erhalten. Allerdings fallen staatliche Subventionen teilweise weg, so dass Projekte gegebenenfalls mit - günstigen - Krediten finanziert werden müssen.
Die vietnamesische Regierung ist in erster Linie an der Aus- und Weiterbildung ("Upskilling") der eigenen Bevölkerung interessiert; bislang haben nur rund 27 Prozent der Fachkräfte passende Qualifikationen. Dazu plant die Regierung verschiedene Maßnahmen:
- Berufsorientierung soll in Zukunft eine größere Rolle spielen.
- Bei Unternehmen sollen in Zukunft praktische Anteile der Berufsbildung absolviert werden. Sie sollen sich mit Ausbildungskräften und bei Prüfungen engagieren und auch ihre Werkstätten zur Verfügung stellen.
- Lehrkräfte sollen ihr Wissen ständig aktualisieren und neue didaktische Technologien erlernen, im Rahmen von jährlichen Fortbildungen und Praktika.
- Landesweit sind Investitionen in Ausbildungsmaterial geplant.
- Die Potenziale des E-Learnings sollen intensiver genutzt werden.
- Es besteht der Wunsch nach international gegenseitiger Anerkennung von Bildungsleistungen.
Die Fachkräftegewinnung für Deutschland findet in Vietnam ebenfalls großes Interesse. Dies zeigt sich unter anderem an der wachsenden Zahl Deutsch Lernender und steigenden Antragszahlen für Visa.
Zur Feier von 50 Jahren deutsch-vietnamesischer Beziehungen reist 2025 ein "Karriere-Bus" durch das Land und war während des Delegationsbesuchs auch bei der Delegation der deutschen Wirtschaft in Vietnam (AHK Vietnam) in Ho-Chi-Minh-Stadt auf dem sehr gut besuchten "German Career Day" zu Gast. Dort stellten diverse deutsche Organisationen Möglichkeiten der Fachkräftemigration vor, bewarben die deutsche Sprache und interkulturelle Vorbereitung und erklärten den Visa-Prozess.
Das Engagement deutscher Partner ist insgesamt hocherwünscht.
Kambodscha plant "Flaggschiff-Programm" für Berufsausbildung
Kambodscha ist ein Land mit sehr guten wirtschaftlichen Wachstumsraten und verstärkt an internationalen Investoren interessiert. Damit internationale Partner von guter, aber auch preiswerter Arbeitskraft profitieren können, und auch, um die Qualität der eigenen Industrieproduktion zu steigern, benötigt das Land qualifiziertere Fachkräfte. Bislang nehmen 41 Prozent der Menschen nur die Grundbildung (bis zur 10. Klasse) in Anspruch. Deutschland hat in Kambodscha Vorbildcharakter bei der Berufsbildung.
Die weitgehend akademisch angelegte Berufsbildung in Kambodscha soll deutlich praxisorientierter werden. Zu diesem Zweck kooperieren bereits viele Bildungseinrichtungen mit der Privatwirtschaft, wo die jungen Lernenden ausbildungsbegleitend Praktika absolvieren sollen. Die Regierung hat bislang Trainingsprogramme mit 18 Unternehmen eingeführt; weitere MoUs mit der örtlichen Wirtschaft sollen folgen.
Die Regierung unterstützt den Ausbau der Bildungsinfrastruktur und Angebote zur Berufsorientierung. Es besteht der Wunsch nach internationalen Austauschprogrammen für Auszubildende und Lehrkräfte. Außerdem werden Investitionen in das "Training of Trainers" und speziell weibliche Ausbildungskräfte angestrebt (in Zusammenarbeit mit dem National Technical Training Institute, NTTI).
Kambodscha will mehr über die duale Ausbildung und die Einbindung der Privatwirtschaft lernen. Ziel ist die Entwicklung und Einführung eines "Flaggschiff-Programms" für Ausbildung in Kambodscha mit deutschen Partnern.
Fachkräftemigration ist ein wichtiges Thema, bei dem Kambodscha bereits mit mehreren Ländern kooperiert. Neben den bestehenden internationalen Abkommen sollen weitere Partnerschaften erkundet werden.
Das "Henne-Ei-Problem" in Laos
Laos befindet sich in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. Die dynamische Entwicklung in den Nachbarstaaten hat in Laos keinen Niederschlag gefunden. Die öffentlichen Schulden betragen 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die Währung hat in den vergangenen drei Jahren 55 Prozent ihres Wertes verloren. Hohe US-Zölle haben die Situation weiter verschärft.
Die laotische Wirtschaft stützt sich aktuell vor allem auf den Export von Rohstoffen (etwa von Früchten, die im Ausland verarbeitet und teuer verkauft werden), auf das Re-Packaging chinesischer Elektronik für den Export und auf 81 Wasserkraftwerke, zumeist gebaut und betrieben von China. Die gewonnene Energie wird überwiegend exportiert. Hier bieten sich kaum (qualifizierte) Arbeitsplätze.
Im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung und auch die berufliche Bildung kämpft Laos mit einem "Henne-Ei-Problem": So lange es keine qualifizierten Fachkräfte vor Ort gibt, schrecken internationale Investoren vor Aktivitäten in Laos zurück. Umgekehrt sehen laotische Jugendliche keinen Sinn in einer (teuren) Berufsausbildung, wenn sie im Anschluss keinen Arbeitsplatz finden.
Das öffentliche Budget für Bildung ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, obwohl mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner jünger als 24 Jahre ist. Unternehmen engagieren sich kaum. Es gibt eine hohe Abbrecherquote in den Bildungseinrichtungen und die Universitäten können nicht alle Studienplätze besetzen. Es herrscht ein großer Lehrermangel. Lehrmittel sind veraltet. Bildungsmaterial muss in die laotische Sprache übersetzt werden, da Englisch kaum verbreitet ist.
Berufsbildung wird von der Regierung gefördert, indem es Vorteile für Investoren in diesem Bereich gibt. Aktuell reformiert das zuständige Ministerium das Berufsbildungssystem und möchte neue Kurse integrieren, auch für die Ausbildung der Lehrkräfte. Im nächsten Fünf-Jahres-Plan soll der Budgetanteil für Berufsbildung wieder erhöht werden.
Alle mitgereisten Teilnehmenden konnten sich über das rege Interesse zahlreicher einheimischer Gesprächspartner freuen. Die vielfältigen Gelegenheiten zu Einzelgesprächen und die zahlreichen Möglichkeiten zum Networking wurden von allen Beteiligten gelobt und von den teilnehmenden Bildungsanbietern ausgiebig genutzt.