Wie Künstliche Intelligenz Bildung in Afrika revolutioniert

In ganz Afrika kämpfen Schulen mit veralteten Lehrplänen und Lehrmethoden. KI könne Afrikas Jugend neue Chancen eröffnen, sagen Experten. Doch sie warnen auch vor den Gefahren.

Im Chorkor-Viertel von Accra nutzen junge Ghanaer zum ersten Mal Computer. In einem bescheidenen digitalen Labor setzen die Lehrkräfte intelligente Künstliche Intelligenz (KI)-Tools ein, um digitale Kompetenzen zu vermitteln - Fähigkeiten, die Leben verändern könnten.

Einige Schüler träumen bereits groß. "Ich habe viel gelernt. Ich liebe Technologie und all das, aber durch diese Kurse habe ich spezielles Wissen vermittelt bekommen. Es ist inspirierend", sagt Emmanuel Dwamena Tenkorang, einer der Informationstechnik (IT)-Schüler.

Die amerikanische Sozialunternehmerin Patricia Wilkins investiert seit geraumer Zeit in die KI-Ausbildung für benachteiligte Jugendliche in Ghana. Ihre Organisation, Basics International, betreibt das Chorkor Digital Lab, das jungen Menschen digitale Fähigkeiten vermittelt.

"Wir haben das Programm vor wenigen Monaten gestartet, und wir haben bereits einen ersten Jahrgang von Schülern ausgebildet. Jetzt läuft ein zweiter Jahrgang mit fast 100 Schülern in drei Klassen", sagt Wilkins im Gespräch mit der Deutschen Welle (DW). "Technologie ist die Zukunft. Hier gibt es die Arbeitsplätze der Zukunft, bei denen man nicht geographisch gebunden ist. Hier kann man remote arbeiten."

Afrikas regionaler Vorstoß für KI in der Bildung

In ganz Afrika nehmen ähnliche Initiativen an Fahrt auf. Anfang November versammelten sich mehr als 1500 Bildungs- und Technologieexperten in Accra zu einer Konferenz über KI und ihre Auswirkungen auf die Bildung.

Das zentrale Thema: Die Integration von KI in Bildungssysteme, um Transformation zu fördern und jungen Menschen Zugang zu Innovation und nachhaltiger Entwicklung zu verschaffen.

"Wenn wir über Künstliche Intelligenz in der Bildung sprechen, geht es darum, technologische KI-Tools zu nutzen, um Probleme im Bildungsumfeld zu lösen, oder auch um Technologien, die wir in Bildungssystemen einsetzen können, um das Lernen zu erleichtern und zu verbessern", erklärt Gideon Owusu Agyemang vom Ghana-India Kofi Annan Centre of Excellence in ICT. "Wir haben jetzt intelligente Tutoren-Systeme zur Verfügung, die den Schülern beim Lernen helfen", fügt Agyemang hinzu. "KI wird auch den Lehrern das Leben erleichtern. Der Einsatz von KI wird schon bald Eingang in alle Bildungseinrichtungen finden."

Chancen und Risiken von KI in der Bildung

Trotz der positiven Aussichten bleiben einige Bildungsakteure, vor allem an Universitäten, skeptisch: Sie befürchten, dass KI hier auch Schaden anrichten kann.

Ekwow Spio-Garbrah, Gründer des Ghana Education Trust Fund und ehemaliger ghanaischer Bildungsminister, fordert im DW-Gespräch, dass afrikanische Bildungseinrichtungen trotz der vielen positiven Aspekte auch vorsichtig mit dem Einsatz von KI sein sollten. Wachsamkeit sei notwendig, damit man neben den Potenzialen auch die Gefahren erkenne.

"Ich schlage Alarm", erklärt Spio-Garbrah. "Ghana muss aufwachen, Afrika muss aufwachen, die Welt muss aufwachen, denn viele von uns schlafen noch. Viele Bildungseinrichtungen schlafen und wollen die dystopischen Gefahren dieser 'schönen, neuen Welt' nicht erkennen. Die Gefahr ist, dass diejenigen, die Maschinen bauen, zunehmend die Kontrolle über die Welt an sich reißen."

Spio-Garbrah wünscht sich, dass afrikanische Forschende sich intensiver mit den Entwicklungen im Bereich der KI auseinandersetzen. Es gehe darum, mittelfristig auch eigene KI-Technologien zu entwickeln und damit zu kontrollieren.

Maßnahmen zur Gestaltung der KI-Ausbildung in Afrika

Experten fordern klare politische Richtlinien für die Nutzung von KI im Bildungsbereich. "Wir brauchen eine klare Politik für KI in der Bildung, klare Vorgaben und Regeln", sagt Deborah Asmah, CEO von Npontu Technologies, einem Unternehmen, das sich in Ghana auf KI spezialisiert hat.

Ghana habe bereits Schritte in diese Richtung unternommen. Es gehe vor allem darum, den Schülern einen kritischen Umgang mit der KI ans Herz zu legen, aber gleichzeitig auch darum, durch KI neue Chancen für die Jugend zu schaffen.

KI mit afrikanischen Werten

Ghanas Kommunikationsminister Sam George betont die Bedeutung einer "kulturell relevanten" KI: "Künstliche Intelligenz sollte unserem Volk dienen und gleichzeitig unsere Werte widerspiegeln und unsere Entwicklungsziele beschleunigen. Wir begrüßen Kooperationen, Investitionen und Innovation, aber wir bestehen auch auf Gerechtigkeit, Inklusion und Respekt für unsere digitale Souveränität."

Der Minister warnt vor einer externen Dominanz: "KI-Lösungen dürfen nicht von Nicht-Afrikanern auf Afrika übergestülpt werden. Eine digitale Kolonialisierung gilt es zu vermeiden."

KI für nachhaltige Entwicklung

Phoebe Koundouri, Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Athen, sieht in der KI einen Katalysator für nachhaltige Entwicklung.

"Künstliche Intelligenz hat ein enormes Potenzial, den Fortschritt in Richtung nachhaltiger Entwicklungsziele zu beschleunigen, indem sie datengestützte Entscheidungsfindung ermöglicht, den Ressourcenverbrauch optimiert und innovative Lösungen entwickelt."

Aber auch Koundouri mahnt zur Vorsicht: "Das Wichtigste ist, eine verantwortungsvolle und inklusive KI zu gewährleisten, die durch ethische Prinzipien, menschliche Werte und gerechten Zugang geleitet wird."

Bildungseinrichtungen in ganz Afrika bieten inzwischen KI-Kurse an, und die Lernsysteme entwickeln sich weiter, um intelligente Technologien zu integrieren.

Amir Dossal, ein ehemaliger UN-Untergeneralsekretär, ist der Meinung, dass Afrika bereit sei, die Führung zu übernehmen: "In diesem globalen Wettlauf ist Afrika kein Zuschauer." Afrika habe die Macht, die Dynamik zu verändern, indem es "veraltete Modelle überspringt und die Regeln der globalen KI mit beeinflusst", so Dossal. Das seien keine bloßen Träume, fügte er hinzu: "Das ist Afrikas neue Realität. Afrika hat die Chance, ein Vorreiter in dem Bereich zu sein. Afrikas Umgang mit der KI im Bildungsbereich könnte andere inspirieren."

  • Isaac Kaledzi

Quelle: Deutsche Welle, dw.com, 30.11.2025