EU-Kompetenzpakt: Breite Mobilisierung für Investitionen in Kompetenzen

Der Kompetenzpakt der Europäischen Union (EU) wird Investitionen von Unternehmen in Höherqualifizierung und Umschulung stärken. Ein Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit von Industrie, Arbeitgebern, Sozialpartnern, Handelskammern, Behörden, Bildungs- und Ausbildungsanbieter und Beschäftigungsagenturen.

Die EU-Kommissare Nicolas Schmit und Thierry Breton haben im Novmeber 2020 den offiziellen Startschuss für den Kompetenzpakt gegeben, der ein zentrales Element der europäischen Kompetenzagenda ist. Zugleich haben sie die ersten europäischen Kompetenzpartnerschaften angekündigt, die in wichtigen industriellen Ökosystemen – Automobilindustrie, Mikroelektronik, Luft- und Raumfahrt und Verteidigung – geschlossen werden.

Beim Wiederaufbau nach der Coronavirus-Pandemie und bei der Bewältigung des digitalen und ökologischen Wandels spielen berufliche Kompetenzen eine entscheidende Rolle. Kleine und große Unternehmen benötigen qualifizierte Arbeitskräfte, um Innovationen hervorzubringen und wachsen zu können. Immer häufiger stehen auf dem Arbeitsmarkt jedoch nicht genügend Arbeitskräfte mit den richtigen Kompetenzen zur Verfügung, während gleichzeitig zahlreiche Menschen von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Nur wenn alle relevanten Partner ihre Kräfte bündeln, können wir in Europa spürbare Fortschritte bei der Deckung des Qualifikationsbedarfs erzielen.

Der Kompetenzpakt fördert gemeinsame Maßnahmen, damit Investitionen in die Verbesserung bestehender Kompetenzen (Fortbildung) und in den Erwerb neuer Kompetenzen (Umschulung) eine optimale Wirkung entfalten. Industrie, Arbeitgeber, Sozialpartner, Handelskammern, Behörden, Bildungs- und Berufsbildungsanbieter und Arbeitsvermittlungen sind aufgerufen, klare Zusagen für Investitionen in die Berufsbildung zu machen, die Menschen in allen Phasen des Erwerbslebens und in der gesamten Union zugutekommen.

Der für Beschäftigung und soziale Rechte zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit erklärte: "Die meisten Arbeitgeber sind sich heute darüber im Klaren, dass Investitionen in Kompetenzen ein zentrales Element der Unternehmensstrategie sein müssen. Sie haben erkannt, dass staatliche Stellen nicht die alleinige Verantwortung für die allgemeine und berufliche Bildung übernehmen können. Der Kompetenzpakt wird Zusagen von großen und kleinen Unternehmen, Arbeitsvermittlern, Sozialpartnern, Berufsbildungsanbietern und anderen Partnern anregen und bündeln, um auf dieser Grundlage groß angelegte Industriepartnerschaften zu schließen. Wir haben keine Zeit für halbherzige Maßnahmen. Wir müssen jetzt handeln."

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton ergänzte: "Talente sind ein entscheidender Faktor für die Widerstandsfähigkeit unserer europäischen Industrie und werden auch beim Wiederaufbau nach der Pandemie eine zentrale Rolle spielen. Da der zweifache ökologische und digitale Wandel Fahrt aufnimmt, müssen wir alle Europäerinnen und Europäer mit den richtigen Kompetenzen ausstatten. Heute können wir die ersten Kompetenzpartnerschaften in drei industriellen Ökosystemen ankündigen: Automobilindustrie, Mikroelektronik sowie Luft- und Raumfahrt und Verteidigung. Weitere Branchen werden folgen. Dieser Start des Kompetenzpakts ist der erste Schritt in unserer europäischen Kompetenzoffensive."

Maximale Wirkung durch gemeinsame Maßnahmen

Der Kompetenzpakt wird von einer Charta begleitet, in der die Industrie, die Sozialpartner, Berufsbildungsanbieter und nationale, regionale und lokale Behörden ihre Vision in Bezug auf hochwertige Berufsbildung festschreiben. Um beim Aufbau des Pakts alle relevanten Interessenträger einzubinden, haben die Kommissare Breton und Schmit bereits eine Reihe hochrangiger Rundtischgespräche mit Vertreterinnen und Vertretern industrieller Ökosysteme, regionaler und nationaler Behörden, der Sozialpartner sowie von Bildungs- und Berufsbildungseinrichtungen angestoßen. Weitere Rundtischgespräche werden in den kommenden Wochen folgen.

Aufbauend auf diesen fruchtbaren Gesprächen in ausgewählten Branchen werden im Rahmen des Pakts groß angelegte Partnerschaften geschlossen, und zwar in industriellen Ökosystemen von strategischer Bedeutung, die stark von der aktuellen Krise betroffen sind, sowie in den im europäischen Grünen Deal identifizierten prioritären Bereichen. Ziel ist es, ehrgeizige Zusagen umzusetzen. Die ersten europäischen Kompetenzpartnerschaften werden in den folgenden wichtigen industriellen Ökosystemen geschlossen (weitere werden in den kommenden Monaten folgen):

  • Automobilindustrie: Hier sollen sich jährlich fünf Prozent der Arbeitskräfte fortbilden, sodass im gesamten Ökosystem rund 700.000 Menschen neue Kompetenzen erwerben. Dies dürfte private und öffentliche Investitionen in Höhe von insgesamt sieben Milliarden Euro erfordern. Den Anfang machen regionale Pilotprojekte.
  • Mikroelektronik: Für die Initiativen zur Umsetzung der Partnerschaftsziele sind öffentliche und private Investitionen in Höhe von insgesamt zwei Milliarden Euro vorgesehen. Mit diesen Mitteln werden europäische Elektronikcluster im Zeitraum 2021-2025 Weiterbildungs- und Umschulungsangebote für mehr als 250.000 Arbeitnehmer und Lernende bereitstellen.
  • Luft- und Raumfahrt und Verteidigung: Ziel ist es, jährlich etwa sechs Prozent der Arbeitskräfte weiterzubilden, sodass insgesamt 200.000 Menschen erreicht werden, und 300.000 Personen für den Eintritt in das Ökosystem umzuschulen. Hierfür sind in den kommenden zehn Jahren öffentliche und private Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro vorgesehen.

Beitritt zum Pakt

Durch den Beitritt zum Pakt erhalten die Interessenträger Zugang zu Plattformen für Vernetzung, Wissensaustausch und Ressourcen. Außerdem wird die Kommission Informationen und Orientierungshilfen zu Finanzierungsangeboten und Programmen der EU im Bereich Kompetenzen anbieten und hierfür eine zentrale Anlaufstelle auf EU-Ebene einrichten.

Neben den im Rahmen von REACT-EU, dem Europäischen Sozialfonds Plus und anderen relevanten Programmen des neuen mehrjährigen Finanzrahmens (2021-2027) zur Verfügung stehenden Mitteln sind Weiterbildung und Umschulung auch zentrale Investitionsprioritäten der Aufbau- und Resilienzfazilität mit einem Volumen von 672,5 Milliarden Euro.

Hintergrund

Der Kompetenzpakt ist eine der Leitinitiativen der Europäischen Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz, die am 1. Juli 2020 vorgestellt wurde. Mit dem Pakt sollen vor allem Ressourcen mobilisiert und alle relevanten Interessenträger dazu angeregt werden, konkrete Maßnahmen für die Weiterbildung und Umschulung von Arbeitskräften zu ergreifen, indem Anstrengungen gebündelt sowie Partnerschaften zur Unterstützung des ökologischen und digitalen Wandels sowie lokaler und regionaler Wachstumsstrategien ins Leben gerufen werden.

Die neue europäische Industriestrategie hebt die Bedeutung von Kompetenzen für den zweifachen ökologischen und digitalen Wandel hervor und betont, welche Chancen durch den Erwerb von Kompetenzen entstehen. Weiterbildung und Umschulung müssen zu einem wesentlichen Baustein unserer sozialen Marktwirtschaft werden. Zugleich wird im kürzlich angenommenen Plan für digitale Bildung unterstrichen, dass der Erwerb digitaler Kompetenzen gefördert werden muss, damit alle Menschen die Möglichkeit erhalten, am digitalen Wandel teilzuhaben.

Die Auftaktveranstaltung für den Pakt fand am 10. November 2020 im Rahmen der Europäischen Woche der Berufsbildung 2020 statt, die die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit dem deutschen EU-Ratsvorsitz organisierte. In dieser fünften Europäischen Woche der Berufsbildung waren Menschen aller Altersgruppen dazu aufgerufen, durch berufliche Aus- und Weiterbildung ihre Talente zu entdecken.


Zum Nachlesen

Pact for Skills


Quelle: Europäische Kommission, ec.europa.eu, Pressemitteilung, 10.11.2020