Die Rolle der Privatwirtschaft in der vietnamesischen Berufsbildung

Um in Vietnam den Praxisbezug in der Ausbildung zu stärken, sollen künftig Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und beruflichen Bildungseinrichtungen gefördert werden.

Nahaufnahme schreibender mutmaßlich asiatischer Auszubildenden in Arbeitskleidung
 
  • Autorin: Petra Fischer

Mit Inkrafttreten des neuen Berufsbildungsgesetztes im Juli 2015 hat Vietnam eine aktualisierte rechtliche Grundlage für die Weiterentwicklung des Berufsbildungssektors geschaffen. Auf dieser Basis soll der Praxisbezug in der Ausbildung gestärkt werden. Es sollen künftig vor allem Kooperationen zwischen beruflichen Bildungseinrichtungen und der Privatwirtschaft gefördert und unterstützt werden.

Mit dem Berufsbildungsgesetz von 2015 und nachfolgenden gesetzlichen Erweiterungen wurden die Rechte und Pflichten der Unternehmen in der beruflichen Bildung ausgebaut. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden dazu aufgerufen, ihrer Belegschaft berufliche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Qualifizierungen anzubieten. Auf diese Weise soll ein kooperatives Ausbildungssystem geschaffen werden.

Zu diesem Zweck werden Unternehmen aufgerufen, gemeinsam mit Berufsbildungseinrichtungen unter anderem Lehrpläne, Lehrmaterialien und Trainingsprogramme zu entwickeln. So soll sich der Praxisbezug der Berufsbildung in Vietnam verbessern.

Nur acht Prozent der Unternehmen kooperieren mit Berufsbildungseinrichtungen

Laut Daten des zuständigen Ministeriums für Arbeit, Versehrte und Soziales (MoLISA) aus dem Jahr 2018 kooperieren bisher lediglich rund acht Prozent der in Vietnam ansässigen Unternehmen mit Berufsbildungseinrichtungen. Die häufigste Form der Kooperation besteht nach wie vor in der Bereitstellung von Praktikumsplätzen oder der Weiterbildung des betrieblichen Personals an entsprechenden Einrichtungen.

Die meisten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in vietnamesischen Unternehmen finden betriebsintern statt. Im Jahr 2018 waren das rund 81 Prozent, ein Anstieg von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Etwa 28 Prozent der angebotenen Programme waren Kooperationen mit Berufsbildungseinrichtungen, was einem Rückgang von knapp fünf Prozent im Vergleich zu 2017 entspricht.

Die Möglichkeiten, die durch die aktualisierte Gesetzgebung entstehen, werden bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch von den Berufsbildungseinrichtungen. Hier fehlt es nach wie vor an entsprechenden Koordinierungsstellen, die beide Seiten zusammenbringen.

In Umfragen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) geben involvierte Stakeholder an, dass es sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch auf Seiten staatlicher Akteure Aufholbedarf gibt.

Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen

Die Unternehmensseite sieht eine Kooperation mit staatlichen Stellen oft als schwierig, zu bürokratisch und zu kostspielig an. So wird der Mehrwert einer Kooperation oft nicht erkannt. Unternehmer gaben zudem an, dass die Qualität von Bildungsprogrammen meist nicht den Anforderungen an die gesuchten Fachkräfte entsprechen.

Um eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren zu fördern, sollten Maßnahmen entwickelt werden, die die Unternehmen mehr in die Pflicht nehmen, sich an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen zu beteiligen. Hier könnten insbesondere Steueranreize eine Rolle spielen.

Ein weiterer Ansatz könnte die Einrichtung von dreigliedrigen Räten auf nationaler und regionaler Ebene sein, die aus Regierung, Unternehmen und Bildungseinrichtungen formiert werden. Zudem sollten Wirtschaftsverbände eine koordinierende Rolle einnehmen und Informationen über Qualifikationsbedarf ihrer Mitgliedsunternehmen sammeln und beispielsweise über Datenbanken zur Verfügung stellen.

Die zentrale Frage ist daher, wie die verschiedenen Akteure (Unternehmen, Verbände und Berufsbildungseinrichtungen) stärker und nachhaltig vernetzt werden können, um Lehrpläne und Programme gemeinsam auszuarbeiten und umzusetzen. Die gesetzlichen Grundlagen sind geschaffen, jedoch gibt es bislang kaum Instruktionen von staatlicher Seite zur praktischen Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen. Die Vorteile für Unternehmen müssen klarer an die privatwirtschaftlichen Akteure kommuniziert werden.

Beispiel für erfolgreiche Kooperation

Dennoch gibt es bereits Beispiele für erfolgreiche Kooperationen zwischen Berufsbildungseinrichtungen und Unternehmen.

So fördert das deutsch-vietnamesische Programm "Reform der Berufsbildung in Vietnam" gezielt die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Berufsbildungseinrichtungen. Der kooperative Ausbildungsansatz nach dem Vorbild der dualen Ausbildung in Deutschland wurde bisher in drei vietnamesischen Berufsbildungseinrichtungen – dem College of Technology II, dem LILAMA 2 International Technology College und dem College for Machiners and Irrigation – mit großem Erfolg umgesetzt.

Das Projekt wird von der GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und gemeinsam mit dem BIBB durchführt. Mehr Informationen zum Projekt gibt es unter Trained in Viet Nam.


Vorschau Vietnam

Titelbild der Marktstudie Vietnam

Voraussichtlich Ende November 2021 erscheint eine neue iMOVE-Marktstudie Vietnam für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung.


Quelle: iMOVE