Aus Indien ins Herz Europas

Auf Initiative der Handwerkskammer Freiburg sollen im nächsten Jahr 21 Azubis aus Indien im Landkreis Lörrach das Fleischerhandwerk erlernen.

Das Fleischerhandwerk hat große Probleme, Nachwuchs zu gewinnen. Insbesondere im Dreiländereck ist die Lage angespannt. Auf Initiative der Handwerkskammer Freiburg sollen im nächsten Jahr 21 Azubis aus Indien im Landkreis Lörrach das Fleischerhandwerk erlernen. Gestern [Anmerkung der Redaktion: 27.10.2021] war eine indische Delegation zu Gast an der Gewerbeschule (GWS) Lörrach, um gemeinsam mit Vertretern aus der Wirtschaft die Pläne vorzustellen.

"AINSAH: Aus Indien nach Südbaden – Azubis fürs Handwerk“" So lautet das von der Handwerkskammer Freiburg auf den Weg gebrachte Programm, das Nachwuchs im Fleischergewerbe bringen soll, wie Handirk von Ungern-Sternberg von der Handwerkskammer gestern im Beisein von Landrätin Marion Dammann, GWS-Leiterin Stefanie Froescheis, Landesinnungsmeister Jochim Lederer, weiteren Vertretern des Handwerks sowie der indischen Delegation bekannt gab.

"Die Metzger-Betriebe suchen händeringend Azubis", kommentierte Lederer die angespannte Lage. Man habe bereits positive Erfahrungen mit Lehrlingen aus Spanien und Italien gemacht, das Vorhaben, nun in Indien Arbeitskräfte zu rekrutieren, sei vielversprechend. "Das Projekt kommt zum richtigen Zeitpunkt", befand Lederer. Davon profitierten nicht nur die Betriebe und jungen Menschen aus Indien, nebenbei leiste es einen Beitrag zur Sicherung des Schulstandorts für das Lebensmittelhandwerk im Landkreis Lörrach.

Konzept überzeugt

Landrätin Marion Dam­mann stellte Aditi Banerjee und Basab Banerjee, Gründer des weltweit tätigen Personalunternehmens "Magic Billion", den Landkreis vor und machte deutlich, dass die Nähe zur Schweiz mit ein Grund des Fachkräftemangels auf deutscher Seite darstelle.

Eigentlich sei die Handwerkskammer nicht für die Vermittlung von Arbeitskräften zuständig, aber das Konzept habe überzeugt und das Unternehmen aus Indien seriös. Rund 20 Prozent der Azubis hätten keinen deutschen Pass, davon zehn Prozent einen Fluchthintergrund, allerdings bei stagnierender Tendenz. Mit den 21 indischen Azubis könnte die Zahl der Lehrlinge im heimischen Fleischerhandwerk sogar versiebenfacht werden, erklärte Handirk von Ungern-Sternberg. Bei diesem Pilotprojekt will es die Kammer nicht belassen. Zukünftig will man auch branchenübergreifend Azubis im Subkontinent gewinnen. Froescheis freute sich über die Zusammenarbeit und brachte es auf den Punkt: "Das wird gut werden."

"Magic Billion" wurde von Vater und Tochter gegründet und ist in der weltweiten Personalvermittlung spezialisiert, wie diese erklärten.

Wirtschaftlicher Aufstieg

Nach Deutschland hat das Unternehmen erstmals im vergangenen Jahr Arbeitskräfte vermittelt, unter anderem in die Bereiche Gastronomie, Automobilbranche und Pflege. "Die jungen Menschen suchen ein besseres Leben und den wirtschaftlichen Aufstieg", beleuchtete Basab Banerjee die Motive der Bewerber. Diese befänden sich noch in Indien und absolvierten einen Deutschkurs. Zu den möglichen Arbeitgebern im Landkreis bestehe bereits per Internet Kontakt. Die Ankunft der Inder ist für August und Start der dreijährigen Ausbildung im September 2022 vorgesehen.

Die Bewerber im Alter zwischen 20 und 30 Jahren seien hoch motiviert, betonte Tochter Aditi Banerjee. Einen Stolperstein gibt es indes, verwies von Ungern-Sternberg auf die Unterbringung der Azubis. Den Betrieben habe man klargemacht, dass sich diese zeitnah darum kümmern müssten. Weiter müssen die Arbeitgeber im ersten Ausbildungsjahr den Azubi-Lohn aufstocken, denn um ein Visum zu erhalten, müssen die Lehrlinge mindestens 944 Euro pro Monat verdienen, wie weiter zu erfahren war.


Quelle: Die Oberbadische, verlagshaus-jaumann.de, 28.10.2021