Verhandlungspraxis in Südkorea: Geschwindigkeit wird groß geschrieben

Südkorea wirkt auf den ersten Blick sehr westlich. Dennoch ist es in puncto Kommunikation und Geschäftsgepflogenheiten für ausländische Geschäftsleute kein einfaches Pflaster. Das fängt bei sprachlichen Problemen an und hört beim Verständnis von Verträgen nicht auf.

Achtung vor Alter und Rang zählen zu den Prinzipien, die sich auf die Art des Geschäftemachens auswirken. Wer erfolgreich sein will, sollte sich mit den wichtigsten Unterschieden zu westlichen Gesellschaften befassen.

 

Kultureller Hintergrund

Die wirtschaftliche Entwicklung der Republik Korea von einem der ärmsten Länder der Welt in den 1960er-Jahren zu einem der wichtigsten Industrieländer heute ist beeindruckend. Entsprechend stolz sind die Bewohner des Landes auf das Erreichte. Hohe Einkommen, westliche Konsumgewohnheiten und ein modernes Stadtbild sollten Besucher des Landes jedoch nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, auch die Gesellschaft ähnele dem Westen sehr stark.

Die Republik Korea ist ein sehr stark konfuzianisch geprägtes Land. Deshalb kommt der Zugehörigkeit zu Gruppen wie der Familie oder den Menschen aus dem Herkunftsort eine große Bedeutung zu. Weitere relevante Gruppen bilden sich unter anderem durch den gemeinsamen Universitätsbesuch oder die Absolvierung des Militärdienstes. Darüber hinaus besteht ein sehr ausgeprägtes Hierarchiedenken. Der Status einer Person bestimmt sich im Wesentlichen durch die Familienzugehörigkeit, das Alter, die Ausbildung, die Stellung in der Firma und den Besitzstand.

Vor diesem Hintergrund wird beispielsweise ein zu junger Delegationsleiter nicht überall "akzeptiert". Verstanden werden muss auch die Idee des "Gibun". Es bedeutet allgemein "Stimmung". Fühlt sich der koreanische Partner wohl, und ist sein innerer Seelenzustand in Ordnung, wirkt sich dies auch auf die Geschäftsbeziehungen günstig aus. Verbunden hiermit sind "Gesicht" und Respekt. Äußerungen und Handlungen, die den anderen in Verlegenheit bringen und damit zu einem "Gesichtsverlust" führen könnten, sind in jedem Fall zu vermeiden.

Allerdings sind die Konzepte des "Gesichtverlierens" und der stoischen Haltung trotz Gefühlsschwankungen nicht ähnlich stark ausgeprägt wie beispielsweise in Japan.

Koreaner werden häufig als die "Italiener Asiens" beschrieben, was sich unter anderem in einer deutlich emotionaleren und extrovertierteren Verhaltensweise niederschlägt. Einem koreanischen Gesprächspartner kann - im asiatischen Kontext - relativ schnell angemerkt werden, ob er einem Menschen oder einer Angelegenheit positiv oder eher negativ gegenübersteht.

Gute persönliche Beziehungen wiegen in den Augen von Koreanern oft mehr als detaillierte schriftliche Vereinbarungen. Die Partner müssen sich gegenseitig trauen können. Denn umgekehrt gilt: Ist das Vertrauensverhältnis einmal zerstört, wiegt dies für einen Koreaner sehr viel mehr als der Ärger über ein verlorengegangenes Geschäft.

Koreaner sind meist Optimisten. Typisch sind ein schnelles, ungeduldiges Agieren und eine "Can-do-Mentalität". Im Regelfall wird ein Projekt nicht bis in jede Faser und Eventualität durchdacht und analysiert, sondern es wird relativ zügig losgelegt und dann im Prozessverlauf nachjustiert. Dies kann zu einem sogenannten "Speed-versus-Structure-Dilemma" führen, insbesondere bei Verhandlungen mit akribisch und sehr analytisch vorgehenden deutschen Partnern.

Deutschland ist in Südkorea sehr gut angesehen. Vor allem ältere Koreaner wissen, dass in den 1960er-Jahren viele Koreaner nach Deutschland gingen, um im Bergbau oder als Krankenschwestern zu arbeiten. Mitte der 60er-Jahre gab Deutschland Südkorea einen Kredit über 150 Mio. Deutsche Mark, den das Land für den Aufbau seiner Wirtschaft einsetzte. Der Expressway zwischen Seoul und Busan entstand Anfang der 70er-Jahre nach dem Vorbild deutscher Autobahnen. Jüngere Koreaner schätzen vor allem die sehr gute Qualität deutscher Produkte und die Verlässlichkeit deutscher Partner.

Regeln für den Geschäftskontakt

Generell zahlt es sich immer aus, sich mit koreanischer Kultur und Sprache zumindest ein wenig beschäftigt zu haben. Auch wenn es Probleme mit der Aussprache des Koreanischen geben mag, können einige Worte Wunder wirken. Anstrengungen in dieser Richtung werden von koreanischer Seite immer gelobt, zeigen sie doch, dass dem Land und seinen Bewohnern mit Respekt begegnet wird.

Selbst wer sich nur ein wenig mit der Landessprache beschäftigt hat, wird sehr schnell auf die vielfältigen Höflichkeitsformen aufmerksam. Diesem Geist entsprechend sollten auch Kontakte und Gespräche mit Koreanern von Höflichkeit geprägt sein. Geduld und Beherrschung zu verlieren, wird in der Regel nicht positiv eingestuft.

Die Körpersprache sollte an das Alter und den Status der Gegenseite angepasst sein. In formellen Kontakten verbeugen sich Koreaner bei der Begrüßung üblicherweise. Erwidern Sie die Verbeugung, aber verrenken sie sich nicht dabei. Natürliches Verhalten ist wichtiger. Anreden beim Vornamen sind unüblich, auch wenn gerade jüngere Koreaner sich gelegentlich nur mit dem Vornamen vorstellen - manch einer hat sich sogar einen zusätzlichen englischen Vornamen ausgewählt, um die Kommunikation mit Ausländern zu erleichtern. Die formal korrekte Anrede ist allerdings Titel und Name.

Die Kleiderordnung sollte korrekt und eher konservativ sein. Dies gilt auch für die im Sommer häufigen schwülen und heißen Tage. In den heißen Monaten wird in Gesprächen das Jackett allerdings oft abgelegt. Die Kleidung von Frauen sollte hochgeschlossen sein. Die Anzüge sind im Regelfall in gedeckten Farben (schwarz oder grau), bunte Sakkos oder Papageienkrawatten sind nicht angesagt. Koreaner denken in der Kategorie "Gemeinschaft" und weniger als Individuen, ein bewusstes Absetzen von der breiten Masse wird traditionell eher negativ bewertet.

Die koreanische Gesellschaft befindet sich im Wandel, in Teilen zeichnen sich verstärkt Generationenkonflikte ab. Trotz der nach außen hochmodernen Infrastruktur mit beispielsweise den höchsten Internetraten weltweit schreitet der gesellschaftliche Wandel relativ langsam voran. Aspekte, die in Deutschland heute größtenteils gängig oder akzeptiert sind wie Tätowierungen, lange Haare, "wilde Ehen" oder Homosexualität, gelten in Südkorea weitestgehend noch als Tabuthemen.

Grundsätzliche Verhaltensweisen

Mitbringsel und Geschenke sind in Südkorea wichtig; das Thema ist aber generell nicht unproblematisch. Schon zum ersten Gespräch kann ein kleines Präsent überreicht werden. Grundsätzlich sollten Geschenke im Sinne der Respektsbezeugung aber auch zum Ausdruck bringen, dass sich der Schenkende Gedanken über seinen Geschäftspartner gemacht hat.

Generell bietet sich bei Geschenken etwas Nettes aus der Heimat mit persönlichem Bezug an. Von Vorteil ist dabei, dass Koreaner im Allgemeinen vieles aus Deutschland kennen und wertschätzen - darunter klassische Musik, Geschichte, Literatur, Kultur, Sport sowie Kapital- und Konsumgüter "Made in Germany" wie etwa Küchengeräte oder Kosmetikprodukte. Allerdings ist die Zeit der wuchtigen Geschenke in Südkorea nach Einschätzung von Landeskennern vorbei.

Die erste Begegnung mit dem Geschäftspartner

Für die Herstellung von ersten Kontakten, die nicht auf Vermittlung durch Dritte beruhen, sind Fachmessen eine gute Gelegenheit. Auf einigen wichtigen Veranstaltungen ist Deutschland regelmäßig mit Gemeinschaftsständen vertreten, über die gerade kleine und mittelgroße Unternehmen preisgünstig einen Überblick über Markt, Bedingungen und Akteure gewinnen können.

Initiativvorstellungen bei koreanischen Unternehmen oder Erstkontaktierung via Internetportalen wie Xing oder Linkedin aus Deutschland heraus sind fast immer wirkungslos, denn sie lassen eines der wichtigsten Prinzipien des Geschäftemachens in Südkorea außer Acht: Persönliche Beziehungen stehen über allem. Entsprechend kommen Kontakte zu einer Person oder einem Unternehmen in aller Regel über eine formale Einführung durch Dritte zustande. Denn ist der Vermittler der Verbindung eine Vertrauensperson, genießt der Vorgestellte ebenfalls einen Vertrauensvorschuss, da sich der Vermittler quasi für ihn verbürgt.

Es gibt eine Reihe von Einrichtungen, die bei der Herstellung von Kontakten behilflich sein können. Hierzu zählen die Deutsche Botschaft in Seoul und vor allem die AHK Korea (Korean-German Chamber of Commerce and Industry, KGCCI). Auch europäische Handelshäuser, Consultants und Anwaltsbüros, so etwa diejenigen, in denen deutsche Rechtsanwälte tätig sind, lassen sich für die Kontaktvermittlung einschalten.

Pünktlichkeit ist auf jeden Fall ratsam, denn auch dieser Aspekt kann sich auf den vielfach entscheidenden ersten Eindruck auswirken. Bei der Fahrt zu einem Treffen ist das relativ hohe Verkehrsaufkommen gerade auf den Straßen Seouls zu berücksichtigen, das allerdings deutlich weniger intensiv und chaotisch ist als in anderen Metropolen vor allem in Südostasien oder Südamerika. Dennoch kann es sich je nach Entfernung der Zielorte empfehlen, das hervorragend ausgebaute U-Bahnnetz in Seoul zu nutzen.

Nach Aussagen von deutschen Firmenvertretern stellen Koreaner allgemein höchste Ansprüche an die zeitliche Verfügbarkeit des Gesprächspartners. Südkorea gilt als eines der Länder mit den längsten Arbeitszeiten weltweit. Aus diesem Grund sind es koreanische Firmen von ihren lokalen Lieferanten gewohnt, dass diese rund um die Uhr erreichbar sind und schnell reagieren - insbesondere wenn es darum geht, dringende Probleme zu lösen. Dies wird dann auch vom internationalen Geschäftspartner erwartet.

Private Verpflichtungen als Grund für Terminabsagen oder -verzögerungen stoßen auf Unverständnis, da in Südkrea persönliche Interessen hinter denen des Unternehmens rangieren und dies im Regelfall von den Mitarbeitern auch so gelebt wird.

Hinsichtlich des Orts der ersten Begegnung gibt es keine festen Regeln. Im Falle von Investitionsgütergeschäften werden die Treffen meist beim koreanischen Geschäftspartner stattfinden, da sich unmittelbar ein Eindruck von ihm und seinem Umfeld gewinnen lässt. Auch die Räumlichkeiten des German Office der KGCCI lassen sich für Gespräche nutzen. Je nach Unternehmen, Status der Gesprächspartner und Funktion des Treffens kann auch ein Hotel in Betracht gezogen werden.

Aufgrund des koreanischen Hierarchiedenkens sind Visitenkarten essentiell, dienen sie doch der Bewertung der eigenen Position zu der des Gegenübers. Gesprochen und verhandelt wird im Regelfall auf der gleichen hierarchischen Ebene. Deshalb sollte auch ein Ausländer auf der Visitenkarte den höchstmöglichen Titel angeben, ohne allerdings zu übertreiben.

Eine Rückseite der Karte in koreanischer Sprache ist hilfreich, da es Koreanern die Einstufung des ausländischen Gesprächspartners erleichtert. Visitenkarten werden generell mit beiden Händen oder nur mit der rechten Hand, unterstützt durch die linke Hand auf Ellbogenhöhe des rechten Arms, überreicht. Mit der linken Hand sollten keine Karten, aber auch keine anderen Gegenstände (Geld, Geschenke) übergeben werden, da es als unhöflich ausgelegt werden kann.

Nehmen Sie die Karte nicht einfach nur entgegen und stecken Sie sie achtlos weg. Normalerweise wird Ihr Gegenüber die Visitenkarte einige Augenblicke lang interessiert studieren. Auch ihr Lesen erweist dem Gegenüber Respekt. Wenn Sie den Anlass und das Datum des Treffens auf der empfangenen Visitenkarte vermerken wollen, tun Sie dies bitte nicht im Beisein des Gebers. Auch dies gilt als unhöflich.

Hauptfunktion des ersten Gesprächs ist das gegenseitige Kennenlernen. Die koreanische Seite will schon vor Beginn von Verhandlungen einen Eindruck vom Gegenüber in Bezug auf Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit gewinnen. Daher werden nicht unmittelbar geschäftsbezogene Themen einschließlich persönlicher Aspekte einen wichtigen Raum beim ersten Treffen einnehmen.

Aus deutscher Sicht werden einige Themen wie Alter, Familienstand, Kinder, Karriere und Position relativ früh und direkt im Gesprächsverlauf angeschnitten. Für Koreaner ist dies jedoch wichtig, da sie somit den Status des Gegenübers und somit auch ihre eigene Haltung definieren und einschätzen können. Falls diese Fragen für den eigenen Geschmack zu persönlich erscheinen, lassen sie sich auch "ungefähr" beantworten. Wichtig ist aber, dass das Gesprächsklima in jeder Hinsicht angenehm bleibt.

Handelt es sich bei dem deutschen Unternehmen um einen Mittelständler, kann er nicht davon ausgehen, dass er und seine Erzeugnisse in Südkorea bekannt sind, mögen sie auch in anderen Ländern gut eingeführt sein. Hilfreich ist zum Beispiel der Hinweis darauf, im jeweiligen Feld zum Beispiel Weltmarktführer zu sein oder große internationale Unternehmen zu seinen Kunden zählen zu können.

In Südkorea wird seit einigen Jahren das Thema "Dominanz der Chaebols" diskutiert und es wächst die Einsicht, dass der bisher limitierte Mittelstand zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden müsse. Deutschland mit seinen zahlreichen "Hidden Champions" wird dabei immer wieder als Vorbild angeführt. Aus diesem Grund genießen mittlerweile auch internationale Mittelständler eine steigende Reputation.

Ablauf von Besprechungen

Welche Sprache beim ersten Treffen und in weiteren Verhandlungen benutzt wird, ergibt sich oft schon aus dem ersten Schriftverkehr. International tätige koreanische Unternehmen werden mit Englisch im Regelfall weniger Probleme haben, auch wenn in Gesprächen nicht in jedem Fall davon auszugehen ist, dass die Bedeutung von Inhalten immer sofort verstanden wird.

Nicht selten gibt es aufgrund der langen und guten bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern auch Mitarbeiter, die sich auf Deutsch verständigen können. Wichtig ist, Fremdsprachenkenntnisse nicht mit Qualifikation oder Entscheidungsgewalt zu verwechseln. Ist ein Dolmetscher notwendig, ist darauf zu achten, dass es sich um eine erfahrene Kraft handelt. Dolmetscherdienstleistungen vermittelt unter anderem die KGCCI.

Schon vor Beginn der Verhandlungen und Gespräche ist es ratsam, der koreanischen Seite eine Liste der deutschen Delegation zu schicken, aus der vor allem Rangfolge und Bedeutung der Mitglieder ersichtlich wird. Dieser Rangfolge entsprechend wird das koreanische Unternehmen seine Delegation zusammensetzen. Die Sitzordnung in Besprechungen richtet sich nach der Hierarchie.

Die Mitarbeiter sind oft besser als die Chefs über Details informiert. Vorgesetzte können so auch einen "Gesichtsverlust" vermeiden, der möglicherweise mit einem Nichtwissen wie auch mit eventuellen Sprach- und Verständnisproblemen verbunden ist. Die Chefs kommen nur am Ende zur Vertragsunterzeichnung hinzu oder werden eingebunden, wenn dies zur Lösung komplexer Fragen notwendig sein sollte.

Koreaner sind meist kompetente Gesprächspartner, die sich vor allem auf wichtige Verhandlungen sehr gut vorbereiten. So kennen sie die Preise vergleichbarer Produkte und wissen gerade bei Investitionsgütern genau, was sie wünschen.

Grundsätzlich wird im Regelfall nicht bis spät in die Nacht an den ultimativen Feinheiten der Vertragsunterlagen gefeilt, sondern kommunikationsfördernde Maßnahmen wie etwa ein gemeinsames Abendessen inklusive Getränken bevorzugt. Im Vordergrund steht der Aufbau einer tragfähigen Vertrauensbasis für die anstehenden geschäftlichen Beziehungen.

Branchenkenner bezeichnen Koreaner als hartnäckige Verhandlungspartner, die höchste Ansprüche an die Qualität der Produkte haben. Gleichzeitig ist Südkorea nach Aussagen deutscher Unternehmensvertreter ein sehr preisgetriebener Markt. Es wird durchaus darauf verwiesen, dass lokale Hersteller ein vergleichbares Erzeugnis zu deutlich günstigeren Konditionen anbieten können. Daher sind Klagen über zu hohe Preisforderungen und entsprechende Wünsche nach Nachlässen nicht selten.

Eine wichtige Besonderheit des koreanischen Marktes ist die Stellung der Chaebols. Bei Verhandlungen mit Vertretern der großen Konglomerate ist zu beachten, dass diese innerhalb von Südkorea über eine sehr hervorgehobene und privilegierte Position in Verhandlungen vor allem mit ihren Lieferanten verfügen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo sich diese durchaus "auf Augenhöhe" bewegen können, ist hier ein hohes Abhängigkeitsverhältnis des Lieferanten die Regel, für den ein Ausbleiben des Chaebol-Auftrags durchaus gleichbedeutend mit dem Konkurs sein kann.

Kritische Beobachter sprechen hier zugespitzt von einem "Master-Servant-Verhältnis", das sich auch in den Verhandlungstaktiken widerspiegelt. Für Koreaner steht daher bei Verhandlungen häufig nicht die fachliche Eruierung der Situation oder eine nüchterne Problemanalyse im Vordergrund. Vielmehr wird versucht, zu verstehen was der Kunde, Auftraggeber oder auch Vorgesetzte wünscht; dies wird dann kritiklos abgebildet.

Verträge haben in Südkorea solange es gut läuft eine geringere Bedeutung als im Westen. Persönliche Beziehungen und gegenseitiges Vertrauen der Parteien sind im Regelfall wichtiger. Dennoch sind Verträge wichtig, vor allem dann, wenn Probleme in der Geschäftsbeziehung entstehen. Die Vereinbarungen sollten eindeutige Bestimmungen enthalten, denn nach Erfahrung von in Südkorea tätigen ausländischen Juristen gehen Unklarheiten meist zu Lasten des Ausländers.

Bei Abweichungen von Vereinbarungen kann für einen Ausländer die Abwägung schwierig sein, ob auf die Einhaltung eines Vertrags gepocht werden sollte oder nicht. Zwar mag dies im Einzelfall Erfolg haben; die Möglichkeit ist aber durchaus gegeben, dass es zu keinen Anschlussverträgen kommt. Generell werden in Südkorea viele Leistungen oder Änderungen vom Kunden als kostenloser Service erwartet. Für derartige Zusatzkosten sollten deutsche Anbieter einen preislichen Puffer einplanen.

Geschäftsessen

Essen und Trinken ist ein wichtiger Aspekt im koreanischen Geschäftsleben. Schon aus Höflichkeit sollten Einladungen mit einer Gegeneinladung beantwortet werden. Ist der Besucher zum ersten Mal in Seoul, kann die Wahl des Restaurants dem koreanischen Geschäftspartner überlassen werden. In diesem Fall wird die koreanische Seite wahrscheinlich oft eine traditionelle Lokalität auswählen, die dem ausländischen Gast einen Eindruck von der koreanischen Ess- und Trinkkultur vermitteln soll.

In vielen Restaurants dieser Art ist es üblich, am Eingang die Schuhe auszuziehen. Das Essen wird (oft in Separees) auf dem Boden sitzend eingenommen. Wer dies aus gesundheitlichen Gründen nicht kann, sollte seine koreanischen Partner frühzeitig hierauf aufmerksam machen.

Mittagessen starten meistens um 12 Uhr, Abendessen um 19 Uhr. Mehr als zwei Stunden sind in der Regel nicht zu veranschlagen. Häufig endet das Essen nachdem der letzte Gang serviert ist. Dies kann gelegentlich sehr abrupt wirken. Das gleiche gilt für sonstige Veranstaltungen und Events. Wer hofft, im Anschluss beim gemütlichen Networking noch seine Kontakte knüpfen zu können, wird daher in der Regel enttäuscht werden. Aus diesem Grund sollten die wichtigen Gespräche, Themen und Personen bereits früh angegangen werden.

Gegessen wird mit Löffel und (Metall-)Stäbchen. Der Löffel wird für den Reis und die Suppe benutzt, die Stäbchen für die verschiedenen Beilagen. Zum Mittagessen wird Alkohol in der Regel nur sehr mäßig oder gar nicht konsumiert. Beim Abendessen sind Bier und Soju (Reisschnaps) - durchaus auch in größeren Mengen - verbreitet.

Man schenkt dem oder den Anwesenden ein, wenn die Gläser ausgetrunken sind - nicht sich selbst. Dies wird dann wiederum von anderen übernommen. Es geht beim Essen oft laut zu. Trinksprüche etwa auf eine gute Zusammenarbeit sind häufig. Dem deutschen "Prost" entsprechen auf Koreanisch "Geonbae" oder "Uihayo". Getrennte Rechnungen sind in Südkorea unüblich. Trinkgelder brauchen nicht gegeben zu werden.

Der private Umgang

Koreaner sind gastfreundlich und werden deutsche Besucher sehr zuvorkommend betreuen. Umgekehrt erwarten sie dies auch bei Gegenbesuchen in Deutschland. Besuche von Restaurants und Bars sind eine wichtige Form des privaten Umgangs. Auch das gemeinsame Aufsuchen eines Noraebangs, der koreanischen Version der Karaoke-Bar, kommt vor. Auf den oberen Managementebenen ist eine Runde Golf mit dem ausländischen Geschäftspartner weit verbreitet.

Im Regelfall gehen Männer allein weg. Ausnahmen sind vor allem bei Koreanern zu beobachten, die länger im Ausland gelebt haben. Freundschaftliche private Kontakte zu Geschäftspartnern dürften sich im Allgemeinen jedoch erst nach längerem Aufenthalt in Südkorea entwickeln. Einladungen nach Hause sind im Durchschnitt recht selten. Werden sie ausgesprochen, ist auf jeden Fall daran zu denken, ein Geschenk mitzubringen.

Dos and Don'ts

Zeigen Sie Achtung und Respekt gegenüber Südkorea und Ihren Geschäftspartnern, und bauen Sie eine gute Beziehung zu ihnen auf.
Kümmern Sie sich bei Besuchen Ihrer koreanischen Partner in Deutschland um diese auch nach Feierabend, und laden Sie sie zum Essen ein.
Lassen Sie sich möglichen Geschäftspartnern durch Dritte vorstellen.
Reagieren Sie schnell auf Anfragen; lassen Sie sich aber nicht zu sehr vom Aktionismus der Koreaner anstecken.

Verlieren Sie nie die Geduld und lassen Sie immer "die Türe offen", auch wenn keine zeitnahen Ergebnisse realisiert wurden. Zeigen Sie regelmäßige persönliche Präsenz in Südkorea.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, gtai.de, 12.07.2016