iMOVE-Länderseminar: Vereinigte Arabische Emirate



Die knapp 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden über die landesspezifischen Rahmenbedingungen und Bildungsstrukturen und die daraus resultierenden Möglichkeiten des Exports beruflicher Aus- und Weiterbildung aus Deutschland informiert.
Obwohl die für April 2011 geplante iMOVE-Delegationsreise in die VAE mangels Unternehmensbeteiligung nicht realisiert werden konnte, machten die Seminarinhalte im Verlauf des Tages die guten Chancen der Berufsbildungskooperation in diesem Land deutlich.
Markus Milwa (iMOVE) eröffnete das Seminar und erläuterte, warum iMOVE die VAE als potenziellen Markt für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung sieht. Dabei ging er auf die Aktivitäten von iMOVE in den letzten Jahren ein und wies auf die Ergebnisse der iMOVE-Marktstudie zu den VAE hin.
Bernhard Schröder von der Auslandshandelskammer (AHK) in Dubai stellte die sozio-ökonomischen und gesellschaftlich-kulturellen Rahmenbedingungen sowie die wirtschaftlichen Grunddaten der VAE vor.
Den Schwerpunkt seines Vortrags bildeten die soziologischen Aspekte der Bildung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dabei wies er besonders darauf hin, dass zwar jeder Emirati versucht, einen akademischen Abschluss zu erwerben, dass die Studiengänge aber oft ohne tiefere akademische Inhalte sind. Trotzdem sind akademische Grade gesellschaftlich hoch anerkannt, für den beruflichen Alltag aber nicht unbedingt nützlich. Aus diesem Grund wird die berufliche Bildung seit einiger Zeit beispielsweise in Abu Dhabi stark gefördert.
Die Berufsausbildung im Land wird von staatlichen Einrichtungen durchgeführt. Die Ausbildungsstätten entsprechen laut Schröder aber oft nicht dem neuesten technischen Stand. Hinzu kommt, dass sich die Strukturen oft ändern und ein einheitliches System nicht auszumachen ist. Ein zusätzliches Manko ist die fehlende Schnittstelle zwischen Ausbildungsstätten und Wirtschaft. Einerseits ist die duale Berufsausbildung nach deutschem Muster in den VAE überwiegend unbekannt, andererseits hat ein deutscher Facharbeiter vor Ort fast Ingenieur-Status.
Niko Sievert von Germany Trade & Invest (gtai) erläuterte die rechtlichen Rahmenbedingungen in den VAE und die notwendigen Schritte im Rahmen einer Firmenregistrierung. Dabei ging er auch auf die unterschiedlichen Arten der Zulassungen ein sowie auf die 51-Prozent-Regelung und ihre Tücken. Er warnte in diesem Zusammenhang vor Nebenabreden zur Umgehung dieser Regelung.
Die 51-Prozent-Regelung sieht vor, dass in emiratischen Unternehmen mindestens 51 Prozent der Angestellten Emiratis sein müssen. Dabei gibt es Sonderbestimmungen in den Freihandelszonen, die in einem weiteren Vortrag von Nadia Rinawi von der RAK Freetrade Zone (FTZ) erläutert wurden.
Niko Sievert klärte auch über steuerrechtliche Aspekte auf. Er betonte, dass alle Verfahren durch persönlichen Einsatz und persönliche Kontakte beschleunigt werden können. Dieser Aspekt wurde von allen Referenten ausdrücklich hervor gehoben. Die Vertrauensbildung bei emiratischen Partnern ist Grundvoraussetzung für eine langfristige Geschäftsbeziehung und soll bei jeder Geschäftsanbahnung mit im Vordergrund stehen.
Nadia Rinawi von der RAK Freetrade Zone informierte über die Besonderheiten der Freihandelszonen in den VAE. Sie erläuterte, dass die Freihandelszonen auch Grauzonen für Weiterbildungsanbieter sind, denn Dienstleistungen dürfen eigentlich nicht im freien Markt außerhalb der Freihandelszonen angeboten werden.
Die Referentin stellte die Möglichkeiten für deutsche Weiterbildungsanbieter anhand der RAK FTZ Academy Zone vor. Dabei wies sie darauf hin, dass die Konkurrenz für deutsche Weiterbildungsanbieter in den kleineren Emiraten noch geringer ist als beispielsweise in Dubai oder Abu Dhabi.
Über die Motivation junger Emiratis zur beruflichen Weiterbildung sprach Klaus Sodemann von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Er riet den Anwesenden, keine starren Angebote für die VAE bereitzuhalten. Vielmehr ist vorher zu erforschen, welche besonderen Bedarfe der emiratische Markt hat, vor allem mit Blick auf die Emiratisierungsbestrebungen.
Dabei bezog er sich auch auf die praktischen Schwierigkeiten für Berufsschullehrer, beispielsweise die mangelnde Disziplin der Schüler im Unterricht. Auch die Motivation junger emiratischer Frauen, den Unterricht zu besuchen, liegt nicht immer in der Bildung an sich. Unter Umständen ist das Motiv für den Schulbesuch, Freundinnen zu treffen oder dem Familienalltag zu entgehen.
Sonia Zhoglami von der gpdm (Gesellschaft für Projektierungs- und Dienstleistungsmanagement) stellte das Projekt "Fatima Education" und das "Summer Training Camp" vor.
Bei Fatima Education handelt es sich um ein nationales Kooperationsprojekt mit dem Ziel, berufliche Ausbildung gezielt für junge Frauen anzubieten. Dabei achtet gpdm besonders auf ausgewogene Anteile von Theorie und praktischer Arbeit.
Fatima Education bietet die Ausbildung in ausgewählten Berufen an, die mit dem gesellschaftlichen Kontext vereinbar sind. Hieran nehmen beispielsweise auch Frauen teil, die nach einer Scheidung für sich selbst sorgen müssen. Die Scheidungsrate in den VAE ist sehr hoch, so Sonia Zhoglami.
Das "Summer Training Camp" ist ein internationales Kooperationsprojekt mit dem College IAT (Institute of Applied Technology) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Emiratische Jugendliche erhalten die Möglichkeit, in Deutschland technische Kenntnisse praktisch anzuwenden und lernen in einem Betriebspraktikum industrielle Prozesse kennen.
Dabei lernen sie neben den beruflichen Aspekten auch, sich selbständig zu bewegen. Denn selbst Alltägliches wie Einkaufen und Kochen oder mit dem Bus zur Betriebsstätte fahren sind oft Dinge, die die jungen Menschen von zu Hause nicht kennen, so die Referentin.
Grundsätzlich rät Sonia Zoghlami dazu, Geschäftspartner aus den VAE regelmäßig und initiativ mit Informationen zu versorgen, damit der Kontakt erhalten bleibt. Auch sie ist der Ansicht, dass der Aufbau und die permanente Pflege eines Vertrauensverhältnisses wichtige Aspekte sind, um dauerhaft erfolgreich zu sein.
In der zweiten Tageshälfte stellten deutsche Aus- und Weiterbildungsunternehmen Projekte vor, mit denen sie erfolgreich in den VAE Fuß gefasst haben.
Stefan Fleischmann vom Kunststoff-Zentrum SKZ - ToP gGmbH berichtete über die Eröffnung des SKZ Training Centre Middle East im Juni 2008 und die erfolgreiche Einführung von Kunststoff-Schweißkursen. Fleischmann sieht die VAE auch als Brücke zu neuen Wachstumsmärkten wie Saudi-Arabien, Katar, Oman, Iran oder Indien.
Ingo-Eric Schmidt-Braul von der IBA_knowledge networks berichtete von der Gründung einer Logistikhochschule in Abu Dhabi, bei der es sich um ein Konsortialprojekt der Technische Hochschule Wildau mit den deutschen Partnerhochschulen Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth und Hochschule Bremen handelt.
Der eingeführte Logistik-Studiengang konzentriert sich auf eine angewandte Hochschulausbildung unter Berücksichtigung der täglichen Berufspraxis. Damit wird versucht, die schon von Bernhard Schröder benannte Lücke zwischen beruflicher Ausbildung und den Bedarfen der Wirtschaft zu schließen.
Zum Ende des Seminars berichteten Dirk Runschke von der incentiveMED gGmbH und Fabian Dyck von der Berufsfeuerwehr Köln über die Ausbildung von Rettungsassistenten in der präklinischen Notfallversorgung in Abu Dhabi.
Dirk Runschke erläuterte, dass sein Unternehmen ganz gezielt aus Abu Dhabi angesprochen wurde und es keinerlei Vorkontakte in den VAE gegeben hat. Fabian Dyck erzählte von seinem Aufenthalt in den VAE, der aufgrund der Mentalitätsunterschiede und Rahmenbedingungen für ihn eine spannende Erfahrung war.
Als Fazit des Länderseminars wertet iMOVE die VAE als ein Land mit großen Chancen für deutsche Aus- und Weiterbildungsunternehmen, sofern man sich auf die kulturellen Besonderheiten einlässt. Dabei spielen Ausdauer und Vertrauensbildung in der Akquisephase genauso eine große Rolle wie die Anpassung der eigenen Dienstleistungen an die Bedarfe des Marktes.
An dieser Stelle dankt das iMOVE-Team den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr Interesse an dem Länderseminar und den Referenten für ihre spannenden und informativen Beiträge.







09:00 Uhr Empfang und Registrierung
09:30 Uhr
Begrüßung und Einführung
iMOVE
09:45 Uhr
Vorstellung der iMOVE-Marktstudie Vereinigte Arabische Emirate (VAE)
Bernhard Schröder, Auslandshandelskammer Dubai
10:30 Uhr
Rechtliche Rahmenbedingungen in den VAE
Niko Sievert, Germany Trade and Invest - gtai
11:00 Uhr Kaffeepause
11:30 Uhr
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Freezones
Nadia Rinawi, Leiterin Deutschlandbüro der Ras al‐Khaimah Free Zone Authority
12:00 Uhr
Berufsbilder VAE, Motivation junger arabischer Menschen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung
Klaus Sodemann, Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
12:30 Uhr Mittagessen
13:30 Uhr
Praxisbeispiele
- Sonia Zhoglami, gpdm
- Stefan Fleischmann, SKZ - ToP gGmbH
15:00 Uhr Kaffeepause
15:30 Uhr
Praxisbeispiele
- Dirk Runschke und Fabian Dyck, incentive Med
- Ingo-Eric M. Schmidt-Braul, IBA_knowledge networks
16:30 Uhr
Diskussion
17:00 Uhr Ende der Veranstaltung






