Zur Konferenz "Internationalisierung der Berufsbildung" der Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) kamen über 200 Gäste am 7. November 2018 nach Berlin. Der DLR-Projektträger und iMOVE organisierten die Veranstaltung für das BMBF.
Synergien nutzen für eine erfolgreiche Fachkräfteentwicklung

Mehrere Rednerinnen und Redner plädierten für eine Stärkung der Rolle von iMOVE als "Clearingstelle" für die Bildungswirtschaft. Im Rahmen des Vernetzungstreffens unterzeichneten der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft und iMOVE eine Memorandum of Understanding (MoU).
Mit dem Themenschwerpunkt "Wirtschaft global, Berufsbildung international" diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Wirtschaft und deutsche Bildungsanbieter mit Expertinnen und Experten aus der Bildungsforschung und aus verschiedenen Bundesressorts.
Denn trotz der Tendenzen in einigen Staaten, sich auf nationale Belange zurückzuziehen, bleibt die Weltwirtschaft international verflochten und bedarf dringend nachhaltig wirkungsvoller Lösungen für den weltweiten Fachkräftemangel.
Frischer Rückenwind aus dem BMBF
Susanne Burger, Abteilungsleiterin im BMBF, betonte in ihrer Begrüßung, dass sich das Thema Berufsbildung in ihrem Ministerium großer Unterstützung erfreut.
Sie rief gewerbliche und Bildungswirtschaft gleichermaßen auf, Vorschläge zur Weiterentwicklung der aktuellen Förderrichtlinie des BMBF zu erarbeiten und sich dabei auch mit Forscherinnen und Forschern zu vernetzen.
Dr. Reinhold Festge, Past-Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), bekräftigte, dass der Fachkräftemangel eine internationale Herausforderung darstellt, weil die berufliche Qualifizierung in vielen Ländern nicht vorrangig den Unternehmen, sondern dem Staat obliegt. Ausgangspunkt seiner Argumentation bildet die Notwendigkeit, neue Märkte für die exportorientierte deutsche Industrie zu schaffen.
Straffung staatlicher Unterstützung
Besonders für die aus Festges Sicht notwendige Schulung der Kunden deutscher Unternehmen im Ausland forderte er den engen Schulterschluss der gewerblichen mit der Bildungswirtschaft. Am Beispiel von VDMA-Bildungsprojekten in Botswana, Kenia und Nigeria betonte er als Erfolgsfaktoren die Ausbildung auf deutschem Niveau und das Vorhandensein passender Arbeitsplätze.
In seinen kritischen Anmerkungen plädierte Festge dafür, die Komplexität öffentlicher Gremien, ihrer Förderregelwerke und ihrer Zuständigkeiten zugunsten von mehr Transparenz zu straffen. Für unerlässlich hielt er außerdem die stärkere Anbindung internationaler Berufsbildungsprojekte an die Wirtschaft vor Ort, um gemeinsam duale Strukturen zu entwickeln und so die praxisorientierte Qualifizierung und ihre nachhaltige Wirkung sicherzustellen.
Projekte und Begleitforschung
Katja Kaiser von der TÜV Rheinland Akademie stellte im Anschluss das vom BMBF geförderte Projekt "GeKaVoC – Export von Dualen Ausbildungsprogrammen in Logistik, Mechatronik und nachhaltiger Energieversorgung nach Kasachstan" vor [GeKaVoC - German-Kazakhk Vocational Education Centre]. Sie betonte die Bedeutung lokaler Kompetenz und eines nachhaltigen Netzwerks im Zielland für die Entwicklung eines erfolgreichen Pilot-Berufsbildungszentrums.
Die Forscherinnen Dr. Susanne Peters (Universität Bremen) und Léna Krichewsky-Wegener (Institut für Innovation und Technik, IIT) identifizierten als Hauptadressaten wissenschaftlicher Begleitforschung neben der wissenschaftlichen Community und dem BMBF die Durchführer geförderter Projekte und die deutsche Bildungswirtschaft insgesamt. Durch projektübergreifende Evaluationen sollen vermehrt Erkenntnisse über Erfolgsbedingungen generiert und Handlungsempfehlungen verbreitet werden.
Vertiefung der Kooperation
Im Anschluss unterzeichneten Claudia Voß vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft und Birgit Thomann (Bundesinstitut für Berufsbildung) für iMOVE eine Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit.
Auf der Grundlage vielfältiger gemeinsamer Schnittpunkte soll die bereits seit zehn Jahren bestehende Kooperation ausgebaut und vertieft werden. Ideen für gemeinsame Zukunftsprojekte umfassen auch ein Afrikanisch-Deutsches Berufsbildungsforum.
Bildung als Wirtschaftsfaktor begreifen
Eine Paneldiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaftsverbänden und Bildungsanbietern schloss sich an.
Susanne Burger (BMBF) bekräftigte das intensive Bemühen der deutschen Politik um eine gute Koordinierung der deutschen Akteure im Ausland, wünschte sich gleichzeitig aber auch ein stärkeres Commitment der Partnerländer für gemeinsame Projekte.
Burger betonte, dass internationale Partnerschaften auch auf systemischer Ebene wichtig sind. Sie plädierte außerdem für einen Ausbau der Kontakte zwischen gewerblicher und Bildungswirtschaft und hob in diesem Zusammenhang die vernetzende Rolle von iMOVE und den drei iMOVE-Kontaktbüros im Ausland sowie der iMOVE-Anbieter-Datenbank hervor.
Boris Petschulat, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), lobte den Einsatz von iMOVE, durch den die deutsche Berufsbildung zunehmend international Anerkennung findet. Gerade vor dem Hintergrund der schwachen Exportquote der deutschen Bildungswirtschaft forderte er, dass Bildung noch mehr auch als Wirtschaftsfaktor begriffen und bei der Bewerbung auf internationale Ausschreibungen und der Wirtschaft "mitgedacht" wird.
Anhand des Beispiels einer Auftragsvergabe an Siemens über die Realisierung von Gaskraftwerken in Ägypten betonte Petschulat, dass Projektangebote mit integrierter Bildungskomponente die Zuschlagschancen der deutschen Wirtschaft erhöhen können.
Deutsche Standards als Qualitätsmerkmal
Dr. Hans-Joachim Prinz vom Bildungsanbieter LD DIDACTIC nannte als dringenden Wunsch der Bildungswirtschaft mehr hochrangige Delegationsreisen mit Vertreterinnen und Vertretern des Bildungsexports. Als größte Herausforderung für die deutschen Bildungsexporteure bezeichnete er die Digitalisierung aufgrund der damit verbundenen Investitionskosten.
Judith Helfmann-Hundack (Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft) setzte sich für eine Imageverbesserung der beruflichen Bildung im Ausland ein. Sie bestätigte auch die Sorge in vielen afrikanischen Ländern vor einem ausgeprägten "Braindrain" und warb dafür, bei der Fachkräftequalifizierung die Bedarfe in den Herkunftsländern selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Aus ihrer Sicht kann Deutschland bei der Digitalisierung vom "Leap-Frogging" Afrikas profitieren.
Dr. Reinhold Festge (VDMA) setzte sich dafür ein, die Orientierung von Bildungsmaßnahmen an deutschen Standards als Qualitätsmerkmal hervorzuheben, auch um sich wirkungsvoller von chinesischen Konkurrenten abzuheben.
Berücksichtigung der Lehr- und Lernkultur vor Ort
Der Paneldiskussion folgten vier Workshops.
Beim Thema "Hidden Champions - Chancen der Fachkräftegewinnung auf den Weltmärkten" ging es unter anderem um die Aufwertung von Qualifizierungen durch Zertifikate von Auslandshandelskammern und Vermarktungsstrategien deutscher Bildungsanbieter.
Die Diskussion über "Berufsbildung 4.0 weltweit – Innovative Lernformen/Digitalisierung im Berufsbildungsexport" drehte sich vor allem um Arbeitsplatzprognosen, den Nutzen von Innovationen, den stärkeren Fokus auf soziale Kompetenzen, die Parallelität von Ansätzen und Lösungen sowie das Selbstverständnis des Lehrpersonals als Lernbegleiter.
Inhalte des dritten Workshops "Bildungswirtschaft: Kompetenzträger der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit" waren die Identifikation und Koordination von Bildungsprojekten und Projektpartnern, der "Push-Faktor" staatlicher Stellen für das Image der Berufsbildung sowie die Berücksichtigung von Berufsperspektiven junger Menschen vor Ort.
Bei "Forschungsperspektiven auf neue Handlungsfelder im Zusammenspiel zwischen gewerblichen Partnern und Bildungsanbietern" kamen Geschäftsmodelle, die duale Ausbildung als 'Treiber' sowie Forschungsstrukturen und Lehr- und Lernkultur vor Ort zur Sprache.

Dr. Henk van Liempt, Referatsleiter im BMBF
Gelungene Vernetzung
In seiner Zusammenfassung der Veranstaltung freute sich Dr. Henk van Liempt, Referatsleiter im BMBF, über die gelungene Vernetzung von gewerblicher und Bildungswirtschaft sowie Forschung.
Van Liempt mahnte, internationale Kunden und deren Bedarfe ernst zu nehmen und sowohl Förderinstrumente als auch Akteure auf deutscher Seite kohärent zu koordinieren. Anfragen nach bilateralen Kooperationen seien ebenso zu berücksichtigen wie die wirtschaftlichen Interessen der Anbieter. Bei der Projektförderung werde die Ausweitung über ein Phasen-Modell geprüft.