EducationPlus in China

Vom 16. bis 18. August 2023 fand die Messe EducationPlus in Changsha, Provinz Hunan, China statt. Die iMOVE-Kontaktstelle China hat zusammen mit der VET-Abteilung der AHK Greater China an der Messe teilgenommen und Interviews mit mehreren chinesischen Berufsschulen sowie deutschen und chinesischen Berufsbildungseinrichtungen geführt.

Collage aus den unten verwendeten Fotos
AHK Greater China

Dr. Tido Janssen (jeweils rechts im Bild) interviewt Vertreterinnen und Vertreter von Berufsschulen und Berufsbildungseinrichtungen

Die Landesmesse Stuttgart GmbH veranstaltet die EducationPlus, die aus der didacta, einer internationalen Bildungs- und Ausbildungsausstellung in Europa, hervorgegangen ist. Die EducationPlus spezialisiert sich auf das Marktsegment der Berufsbildung in China. Seit 2016 wurde die Messe sechsmal erfolgreich in den Städten Nanjing, Guangzhou, Xi'an, Qingdao und Suzhou (Taicang) organisiert.

Im Jahr 2023 nahmen 186 Aussteller und Berufsschulen aus zehn Ländern und Regionen teil und zählte über 3.000 Fachbesucherinnen und Fachbesucher. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der deutschen Wirtschaft (AUMA) ist der German Pavilion mit rund 30 deutschen Organisationen und Berufsbildungseinrichtungen ein Highlight der Messe.

iMOVE hat zusammen mit der VET-Abteilung der AHK Greater China an der Messe teilgenommen und Interviews mit mehreren chinesischen Berufsschulen sowie deutschen und chinesischen Berufsbildungseinrichtungen geführt. Unsere iMOVE-Kontaktstelle China informiert Sie über die aktuelle Situation und die Zukunft der Berufsbildung in China aus erster Hand.

Frau und Mann sitzen am Tisch und führen ein Gespräch
AHK Greater China

Vertreterin des EBG (Europäisches Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft)

Berufsbildung: breite Perspektiven und vielversprechender Markt

Die befragten chinesischen Berufsschulen und Berufsbildungseinrichtungen beider Länder sehen die Entwicklung der Berufsbildung und des Berufsbildungsmarkts in China optimistisch.

Ihre Zuversicht beruht zum einen auf den anhaltenden positiven Auswirkungen politischer Maßnahmen auf die Berufsbildung. 2022 wurde das Berufsbildungsgesetz der Volksrepublik China zum ersten Mal seit seiner Bekanntmachung vor 26 Jahren überarbeitet. Darin werden der gleichwertige Status von Berufsbildung und Allgemeinbildung, die Vertiefung der Integration von Industrie und Bildung sowie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen betont.

Hinsichtlich der Umsetzung haben das Generalbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und das Generalbüro des Staatsrats Regelungen wie die "Stellungnahmen zur Förderung hochqualitativer Entwicklung der modernen Berufsbildung" herausgegeben, in denen Standards festgelegt werden. Bis 2025 darf die Zahl der Neuimmatrikulierten an berufsbildenden Einrichtungen mit Bachelorabschluss nicht weniger als zehn Prozent der Gesamtzahl der Neuimmatrikulierten in der höheren Berufsbildung sein.

Zum anderen ist der Arbeitsmarkt in China riesig und die Chinesische Entwicklungs- und Reformkommission hat das Ziel "den Aufbau eines modernen Industriesystems mit Merkmalen von Intelligenz, Nachhaltigkeit und Integration und mit Anforderungen von Integrität, Progressivität und Sicherheit" gesetzt. Dadurch wird die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften in China weiter zunehmen.

zwei Männer sitzen am Tisch und führen ein Gespräch
AHK Greater China

Vertreter einer Berufsschule in der Provinz Jiangsu

Besondere Förderung von Integration von Industrie und Bildung und Vollbeschäftigung von Absolventen

Fast alle befragten chinesischen Berufsschulen haben ihre Maßnahmen zur Integration von Industrie und Bildung und zur Beschäftigungsförderung als wichtigste Merkmale ihrer Schule betont. Sie haben das Ziel, die von ihnen angebotene Berufsausbildung an den Bedarf der Industrien anzupassen und eine solide Grundlage für den Berufseinstieg der Absolventinnen und Absolventen zu schaffen.

Das Modell der "Auftragsklasse", das dem deutschen Modell der dualen Ausbildung ähnelt, hat allmählich breite Anerkennung. In diesem Modell unterzeichnen die Berufsschule und das Unternehmen eine Ausbildungsvereinbarung, bei der die Berufsschule beauftragt wird, zukünftige Fachkräfte für das Unternehmen auszubilden. Die Berufsschule und das Unternehmen wählen gemeinsam Schulbewerber oder Schülerinnen und Schüler aus, die schon im zweiten oder dritten Jahrgang sind und den größten Teil der theoretischen Ausbildung abgeschlossen haben. Das Unternehmen bietet ihnen eine verstärkte praktische Ausbildung. Nach dem Schulabschluss und im gegenseitigen Einvernehmen schließen die Schülerinnen und Schüler und das Unternehmen einen Arbeitsvertrag.

Ein weiteres bemerkenswertes Modell erfährt iMOVE von einer befragten öffentlichen Schule in der Provinz Jiangsu: Der Abteilungsleiter für intelligente Steuerungstechnik erläuterte, dass die Schule von einer National High-Tech Industrial Development Zone in der Stadt betrieben wird. Dadurch baut der Industriepark Standortvorteile für die strategisch unterstützte Schlüsselindustrie aus und der Bedarf an Fachkräften wird punktgenau gedeckt.

In Bezug auf die Beschäftigungsförderung legen die Berufsschulen jetzt mehr Wert auf die Karriereplanung und Beschäftigungsberatung von Schülerinnen und Schülern, die Organisation verschiedener Fertigkeits- und Innovationswettbewerbe, die Teilnahme an nationalen Kompetenzwettbewerben und dr World Skills Wettkämpfe sowie die Vermittlung und Förderung von Handlungskompetenz und Schlüsselqualifikationen.

Frau und Mann sitzen am und führen ein Gespräch
AHK Greater China

Vertreterin einer chinesischen Berufsbildungseinrichtung in der Provinz Hunan

Angesichts vieler Herausforderungen erwarten Berufsschulen mehr Unterstützung

Nach wie vor muss die Berufsbildung in China noch verschiedene Herausforderungen bewältigen.

So sind die befragten Schulen generell der Auffassung, dass die mangelnde Anerkennung von Berufsbildung und der Zweifel an Beschäftigungsmöglichkeiten nach der Berufsbildung immer noch die größten Herausforderungen sind.

Beeinflusst durch das System der kaiserlichen Beamtenprüfung in der Geschichte und die allgemein hohe Erwartung der Eltern für ihre Kinder, gibt es in der chinesischen Gesellschaft eine starke Sehnsucht nach Wissen, Kenntnissen und mindestens einem Bachelorabschluss als Nachweis für den Wissenserwerb. Das führt dazu, dass sich die Schülerinnen und Schüler für Berufsschulen nur dann entscheiden, wenn es keine "besseren" Alternativen gibt.

Darüber hinaus muss die Zahl der Berufsschullehrerinnen und -lehrer in einigen Regionen steigen. Die Beteiligung der Unternehmen an der Berufsbildung und ihre finanzielle Unterstützung für dieses Engagement müssen gestärkt werden. Die Schulen freuen sich auf eine steigende Anzahl von "Auftragsklassen" und "Lehrlingsklassen". Daraus entsteht ein erheblicher Bedarf von Schulen an der Integration von theoretischer und praktischer Ausbildung bei der Entwicklung von Curricula und Ausbildungseinheiten.

Auch die Entwicklung von digitalen Lernressourcen, die durch die Corona-Pandemie beschleunigt wurde, muss fortgesetzt werden.

Frau und Mann sitzen am Tisch und führen ein Gespräch
AHK Greater China

Vertreterin einer Berufsschule in Shanghai

Deutsche Bildungseinrichtungen können Vorteile nutzen und Zusammenarbeit verstärken

Die benötigte Unterstützung der chinesischen Berufsschulen, einschließlich des Gesamtaufbaus für die Integration von schulischer und betrieblicher Ausbildung und der konkreten Umsetzung auftragsorientierter Ausbildungseinheiten, sind genau die Elemente, mit denen sich die deutsche Berufsbildungsindustrie längst beschäftigt.

Laut Statistik der iMOVE-Anbieter-Datenbank sind derzeit 122 deutsche Bildungsanbieter in China tätig oder haben Interesse an einer Kooperation mit chinesischen Partnern (Stand: September 2023). Berufsbildungsanbieter, die noch kein Geschäft in China gemacht haben, sind aber bereit, mit chinesischen Interessenten zusammenzuarbeiten.

Einige befragte deutsche Bildungseinrichtungen sagten, dass sie hauptsächlich eine praktische Ausbildung für Schülerinnen und Schüler von Berufsschulen und für Lehrerfortbildungen in China anbieten. Die Mehrheit der befragten Berufsschulen haben auch ihre aktuellen internationalen Kooperationen vorgestellt. Einige haben das Prüfungs- und Zertifizierungssystem der deutschen dualen Ausbildung eingeführt. Das deutsche Berufsbildungssystem und seine Leistungen sind von chinesischen Einrichtungen hoch bewertet und sie sind offen, mit deutschen Berufsbildungseinrichtungen zu kooperieren.

  • Autor: Yun Yue, iMOVE-Kontaktstelle China