Acht Jahre Berufsbildungsreform in Indien

Jürgen Männicke, iMOVE-Senior Berater für Indien, gab einen Überblick über die Entwicklungen und bewertete diese hinsichtlich der Chancen deutscher Bildungsanbieter im Bildungsmarkt Indien.
Seit dem Jahr 2008 bemüht sich die indische Regierung, den Berufsbildungssektor zu reformieren. Damals gab die indische Regierung die Losung aus, 500 Millionen Menschen bis zum Jahr 2022 beruflich qualifizieren zu wollen.
Für die Reform zuständig war zunächst das Ministerium für Arbeit und Beschäftigung (Ministry of Labour & Employment, MoL&E), in dessen Verantwortung unter anderem die Industrial Training Institutes (ITIs) und Ausbildungen nach dem Apprenticeship Act fielen. Neben das MoL&E setzte die indische Regierung 2010 mit der National Skill Development Corporation (NSDC) eine Organisation, die vor allem private Bildungsanbieter fördern und Sector Skill Councils einrichten sollte.
Diese Entwicklung förderte nicht die Qualität der Berufsbildung in Indien. Denn um überhaupt die quantitative Vorgabe erreichen zu können, setzte NSDC auf eine große Anzahl von Kurzlehrgängen - zu Lasten der Qualität.

2015: Gründung des Ministeriums für Kompetenzentwicklung und Unternehmertum
Mit der Gründung des Ministeriums für Kompetenzentwicklung und Unternehmertum (Ministry for Skill Development und Entrepreneurship, MSDE) im Jahr 2015 ging die Verantwortung für die Berufsbildung auf das MSDE über. Die NSDC ist seither dem MSDE untergeordnet. Eine einheitliche Steuerung der Reformen in der beruflichen Bildung ist nun zumindest möglich.
Aktuell dominieren die berufliche Bildung in Indien noch Kurzzeitschulungen von wenigen Wochen. Aber es werden inzwischen Weichen in Richtung Dualität der Berufsbildung gestellt:
So können ITIs heute in zehn Berufsfeldern Praxisphasen in Unternehmen anbieten. Die rein betrieblichen Trainings unter dem Apprenticeship Act können durch theoretische, akademische Inhalte ergänzt werden. Gleichzeitig werden für Unternehmen Anreize geschaffen, den Weg einer dual orientierten Ausbildung mitzugehen. Auch die Weltbank wird duale Ansätze in der indischen Berufsbildung mit dem großangelegten Finanzierungsprogramm STRIVE (Skills Strengthening for Industrial Value Enhancement) unterstützen.
Diese Entwicklung ist auch im Kontext des langjährigen indischen Dialogs mit Deutschland im Rahmen der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geführten bilateralen Arbeitsgruppe zur Berufsbildung zu verstehen, in der auch iMOVE seit Jahren mitwirkt.

Indische Berufsbildungsreform entwickelt sich positiv
Bei aller Widersprüchlichkeit im nunmehr achtjährigen Reformprozess zeigen sich heute vorwärtsweisende Entwicklungen. Will Indien auf dem Weltmarkt bestehen, wird der technologische Druck ein Übriges tun und den Bedarf an qualitativ hochwertiger Aus- und Weiterbildung steigern.
Die Verpflichtung für große Unternehmen, Teile ihres Nettoprofits für Aktivitäten im Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR) auszuweisen, führt in jüngster Zeit zu weiteren Finanzquellen für die Aus- und Weiterbildung in Indien.
Indisch-deutsche Erfolgsbeispiele in der Berufsbildung
Beim Seminar entspann sich eine lebhafte Diskussion zwischen den Anbietern.
Jens Kayser berichtete in diesem Zusammenhang über die dreijährige Zusammenarbeit der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) mit zwei indischen Advanced Training Institutes (ATI), bei der indische Mastertrainer in den Bereichen Schweißen und Mechatronik qualifiziert werden. iMOVE berichtet regelmäßig über diese Zusammenarbeit.
Julia Olesen vom Verein für Europäische Sozialarbeit, Bildung und Erziehung e. V. (VESBE) informierte die Anwesenden über die jüngsten Gespräche mit einem führenden privaten Bildungsträger aus Indien. Das indische Bildungsunternehmen sucht einen Partner zum Aufbau eines "Centre of Excellence" im Bereich der Haustechnik. Der Erstkontakt erfolgte mit Unterstützung von iMOVE.
Qualifizierung indischer Mastertrainer
iMOVE berichtet in einem Praxisbericht regelmäßig über die dreijährige Zusammenarbeit der bfz mit zwei indischen ATIs.
Aufbau Berufsbildungszentrum für Haustechnik in Indien






