"Wer in berufliche Aus- und Weiterbildung investiert und Bildungssysteme stärkt, stellt die Weichen für die Zukunft", erklärte Bundesbildungsministerin Professor Dr. Annette Schavan auf dem 1. Deutsch-Arabischen Bildungsforum.
iMOVE veranstaltete das Forum gemeinsam mit der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry vom 6. bis 7. Mai 2009 in Berlin. Laut Ministerin haben damit "iMOVE und Ghorfa Initiative ergriffen und ermöglichen Diskussion und Begegnung von deutschen und arabischen Experten im Bildungs- und Ausbildungsbereich".
Mit dem Forum setzen iMOVE und Ghorfa ihre strategische Zusammenarbeit im Bildungsbereich fort, die Ende 2008 in Amman mit der Konferenz "Building a German-Arab Partnership in Skills Development" ihren Anfang nahm.
Neben Vorträgen und Podiumsdiskussionen umfasste das Forum auch den Besuch der Siemens Technikakademie und bot Gelegenheit zum Matchmaking für Bildungsanbieter und -nachfrager.
Der durchweg positive Widerhall bei den mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterstreicht das von den Veranstaltern anvisierte Ziel, das Bildungsforum fortan jährlich zu organisieren und damit die zentrale Plattform für die deutsch-arabische Zusammenarbeit im Bildungsbereich zu schaffen.
Die Bundesbildungsministerin, Schirmherrin der Veranstaltung, bezeichnete in ihrer Keynote das Forum als Ausdruck einer gewachsenen vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Ländern des arabischen Raums. Sie forderte die Anwesenden auf, Bildung als vertrauensbildende Maßnahme zu nutzen und als Antwort auf die weltweite Finanzkrise in Bildung zu investieren, um die Zukunftschancen der kommenden Generationen nachhaltig zu sichern.
Zur Eröffnung des Forums hoben alle Redner die bisherige blendende Entwicklung der deutsch-arabischen Beziehungen hervor.
iMOVE-Leiterin Sabine Gummersbach-Majoroh bezeichnete Bildung als Thema, das "bewegt und herausfordert". Sie appellierte an die Teilnehmer, die Veranstaltung für die Anbahnung und Pflege von Geschäftsbeziehungen zu nutzen und betonte den ausgezeichneten Ruf deutscher Bildungssysteme im arabischen Raum sowie das damit verbundene beträchtliche Potenzial für Bildungszusammenarbeit.
Volker Rieke vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wies darauf hin, dass Bildung international als Schlüssel zur Sicherung einer funktionierenden Wirtschaft und sozialer Stabilität gilt, auch und gerade in den Zeiten der globalen Finanzkrise. Er betonte, dass Deutschland mit der Steigerung der Investitionen in Bildung und Forschung eine klare Antwort auf die Krise gibt.
Ghorfa-Präsident Dr. Thomas Bach nannte schlüssige Konzepte, Austausch und Vertrauensbildung als wesentliche Faktoren für die weitere erfolgreiche Bildungszusammenarbeit. Er hob den engen Zusammenhang zwischen Bildung und wirtschaftlichem Wohlergehen in einer Gesellschaft hervor.
Die bisherigen Entwicklungsphasen des Bildungswesens in seiner Heimat, stellvertretend für Bildungsinitiativen in den arabischen Ländern, fasste der Botschafter des Königreichs Saudi-Arabien, Seine Exzellenz Professor Dr. Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi, zusammen.
Er plädierte für die verstärkte strategische Partnerschaft mit den Arbeitgebern und einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung im Hinblick auf die Bedeutung beruflicher Ausbildung, um ein nachhaltig leistungsfähiges Ausbildungssystem zu schaffen.
Entwicklungen und Perspektiven für Bildungsinitiativen
Diplomaten und Unternehmensvertreter aus Syrien, dem Sudan und dem Jemen sowie der Botschafter der Arabischen Liga, Seine Exzellenz Abdul Nabi Mussayab, diskutierten die Chancen für die jungen Menschen und für die Wirtschaft in der arabischen Welt, die sich aus der Verbesserung beruflicher Ausbildung ergeben.
Nachdem in der arabischen Welt die durchschnittliche Anzahl der Bildungsjahre deutlich angestiegen ist, wird der Ruf nach einer Qualitätssteigerung bei der Ausbildung immer lauter.
Die Politik soll – auch mit internationaler Unterstützung – entsprechende Strukturen schaffen und strategisch ausformen, die organisatorisch effizient und an die speziellen Bedürfnisse der Wirtschaft sowie der Auszubildenden angepasst sind. Dazu sollen ebenfalls die Kanäle des Wissenstransfers von Deutschland in die arabischen Länder gestärkt werden.
Ergänzend wird der intensivere wirtschaftliche, technologische und kulturelle Austausch gefordert. Modellhafte und richtungsweisende Programme, etwa zur Ausbildung von Frauen, besitzen großes Entwicklungspotenzial. Den Absolventen ausländischer Bildungseinrichtungen müssen Perspektiven für die Rückkehr in ihre Heimat eröffnet werden.
Initiativen und Maßnahmen aus den Bereichen Schule, Berufsbildung, Hochschule und Lebenslanges Lernen stellten Vertreter des deutschen Bildungswesens vor. Unter anderem wurde die Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung präsentiert, die ebenfalls alle Bildungsbereiche umfasst. Dabei traten auch die Unterschiede bei den Problemlagen im Vergleich zum arabischen Raum zutage, die aus den andersartigen wirtschaftlichen, aber auch demografischen Entwicklungen resultieren.
Um "Bildung als den einzigen Rohstoff, den Deutschland in großen Mengen besitzt", besser verfügbar zu machen, sollen das Image der beruflichen Bildung gesteigert und die Berufsorientierung an den Schulen stärker verankert werden. Zudem sollen geeignete Maßnahmen verhindern, dass Bildungserfolg von der sozialen Herkunft und die Begeisterung für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) vom Geschlecht abhängt.
Als wichtige Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit von Berufsbildung wird die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft betont.
Erfolgreiche Zusammenarbeit in Hochschul- und Berufsbildung
Deutsche und arabische Fachleute für Hochschulbildung präsentierten Erfolgsbeispiele für den Know-how-Transfer und die Gründung neuer Bildungsstätten in arabischen Staaten wie die German University Cairo und die German University of Technology in Oman.
Die Experten hoben hervor, welche große Bedeutung der Rückgriff auf deutsche Bildungskompetenz und die enge Zusammenarbeit mit der Industrie für den Erfolg der Einrichtungen hat. Sie betonten aber auch, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die örtlichen Gegebenheiten ebenso gefragt sind.
Probleme wie die unbefriedigende Lernmotivation und fehlende Englischkenntnisse der Studierenden, zahlreiche bürokratische Kontrollen, Mangel an Ausbildungspersonal und die unzureichende Unterstützung der europäischen Industrie kamen ebenso zur Sprache wie die Einrichtung bikultureller Studiengänge und akademischer Doppelabschlüsse.
Gelungene Kooperationen zur beruflichen Bildung im arabischen Raum stellten deutsche Unternehmer der beruflichen Aus- und Weiterbildung vor.
Erörtert wurden dabei auch bestehende Beschäftigungssituationen, aktuelle Ausbildungsbedarfe und vorherrschende Systeme der Berufsbildung in Ägypten und den Golfstaaten.
Aus Sicht der Unternehmer gibt es zahlreiche Gründe, im arabischen Raum zu arbeiten, weil nicht nur das Interesse, sondern auch die Anstrengungen der örtlichen Regierungen, etwa durch neue Programme zur Förderung der Personalqualifikation, groß sind.
Zum Abschluss des Forums betonten deutsche und arabische Bildungsexperten die gewachsene Offenheit auf beiden Seiten für die Zusammenarbeit und das überwältigende Interesse an der Realisierung der lang gehegten Pläne. Dazu muss die Erkenntnis weiter wachsen, dass der Gewinn aus Bildung die Investitionen in Bildung bei weitem übersteigt.
Die arabischen Vertreter und auch Ghorfa-Generalsekretär Abdulaziz Al-Mikhlafi in seinem Schlusswort stellten noch einmal heraus, dass deutsche Produkte in der arabischen Welt für Zuverlässigkeit stehen und dass dies auch auf deutsche Bildungsdienstleistungen ausstrahlt:
"Die arabische Welt schaut heute mit weit mehr Interesse nach Europa als nach Amerika. Diese optimalen Voraussetzungen gilt es aktuell zu nutzen."