iMOVE-Afrikatag

    Ihre Exzellenz, die Botschafterin der Republik Ruanda, Christine Nkulikiyinka, hielt nach der Eröffnung des Afrikatags durch Markus Milwa, Leiter der Arbeitsstelle iMOVE, eine Rede zur aktuellen Berufsbildungssituation in Ruanda.

    Zunächst wies die Botschafterin auf die stabilen Wachstumsraten des Landes hin. Ruanda gehört laut Weltbank zu den zehn am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Die Armut konnte in den letzten sieben Jahren um 14 Prozent gesenkt werden und Ruanda wird 2015 als eines der wenigen Länder die Millenniumsziele der Vereinten Nationen erreichen.

    Außerdem hob sie hervor, dass das ruandische Parlament seit den Wahlen vor einem Monat mit einem Frauenanteil von 64 Prozent das einzige Parlament weltweit ist, in dem Frauen die Mehrheit bilden.

    zwei Teilnehmer und eine Teilnehmerin des Afrikatags

    Berufliche Bildung in Ruanda

    Ruanda hat sich mit der "Vision 2020" als Ziel gesetzt, bis 2020 ein Land mittleren Einkommens zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Kapazitäten im Land gefördert werden. Bildung spielt hier eine Schlüsselrolle. Bisher wird die Hochschulbildung in Ruanda noch bevorzugt. Berufsschulen werden hauptsächlich von jungen Menschen besucht, die die Prüfung für die Hochschule nicht schaffen.

    Vor einigen Jahren fand hier ein Umdenken statt, um mehr qualifizierte Arbeitskräfte auszubilden und somit langfristig das Wirtschaftswachstum des Landes zu halten. Ein großer Teil des Bildungshaushalts ist für Berufsausbildung vorgesehen.

    Die vor fünf Jahren eingerichtete Workforce Development Agency sorgt dafür, dass das Berufsbildungssystem modernisiert wird und die Einstiegsmöglichkeiten für Absolventen in den Beruf erhöht werden. Die Privatwirtschaft soll bei diesem Modernisierungsprozess mit einbezogen werden. Die Botschafterin betonte die große Bedeutung der Zusammenarbeit mit Deutschland in diesem Zusammenhang. "Training - Made in Germany" ist sehr gefragt und das duale Ausbildungssystem wird mittelfristig angestrebt.

    mehrere Teilnehmer an einem Tisch

    Afrika hat Konjunktur

    Den anschließenden Beitrag lieferte Andreas Wenzel, Generalsekretär der Südliches Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft – SAFRI mit dem Titel "Afrika hat Konjunktur". Nach seiner Einschätzung gibt es ein deutliches wirtschaftliches Potenzial für deutsche Unternehmen in Afrika. Als Antriebskräfte des afrikanischen Wachstums nannte er unter anderem politische und wirtschaftliche Reformen, Rohstoffexporte, Infrastrukturinvestitionen, die afrikanische Mittelschicht, die Urbanisierung sowie die internationalen Kapitalmärkte.

    Andreas Wenzel stellte die SAFRI-Programme "Students Experience Programme (STEP)" und "Journey to Excellence" vor.

    Er betonte, dass in manchen afrikanischen Regionen die Bedingungen für deutsche Unternehmen noch schwierig sind. Dies liegt auch an der Konkurrenz aus anderen Ländern. Er plädierte dafür, dass deutsche Unternehmen verdeutlichen sollten, was sie positiv von anderen Ländern unterscheidet. Hier nannte er beispielsweise die Einhaltung der Menschenrechte, deutsche Standards und Normen sowie die Qualität der deutschen Aus- und Weiterbildung. Qualität und Nachhaltigkeit sind für die deutsche Wirtschaft die Komponenten für den Erfolg.

    mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einem Tisch
    eine Referentin des Afrikatags
    I.E. Botschafterin Christine Nkulikiyinka, Botschaft der Republik Ruanda
    ein Referent des Afrikatags
    Andreas Wenzel, Generalsekretär der Südliches Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft - SAFRI
    ein Referent des Afrikatags
    Markus Milwa, Leiter von iMOVE
    ein Teilnehmer im Gespräch mit der Botschafterin

    Im ersten fachlichen Teil des iMOVE-Afrikatags stellten sich potenzielle Projektpartner vor.

    Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt

    Gabin Ananou vom Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt betonte in seinem Vortrag wie wichtig die Nachhaltigkeit von Projekten in Afrika ist. Bisher ist es oft so, dass Forschungsprojekte durchgeführt, aber die Ergebnisse nach Abschluss mit nach Deutschland genommen werden. Davon können die afrikanischen Länder jedoch nicht profitieren. Um mehr Nachhaltigkeit zu schaffen, wird seit 2009 durch Abfragen eruiert, was sich die afrikanischen Länder im Rahmen der Forschungsaktivitäten wünschen oder welche Untersuchungen für sie von Nutzen sind.

    Auch Gabin Ananou ist der Ansicht, dass sich deutsche Unternehmen mehr und besser präsentieren müssen, wenn sie an dem Aufschwung in Afrika partizipieren möchten. Er rät dazu, sich einen Partner vor Ort zu suchen.

    Zum Abschluss seines Vortrags stellte Gabin Ananou noch den Aufbau von Graduiertenschulen in West- und Süd-Afrika vor. Die Absolventen erhalten nach Abschluss ein Diplom, das sowohl in Afrika als auch in Deutschland anerkannt ist. Markus Milwa regte an, dass ein solches Projekt auch für die Berufsbildung angestoßen wird.

    ein Teilnehmer und eine Teilnehmerin diskutieren

    Initiative Berufsbildungs-Export

    Sonja Andjelkovic von IBEX - Initiative Berufsbildungs-Export stellte in ihrem Beitrag die Aktivitäten von IBEX vor. IBEX hat im Handwerksbereich eine Umfrage durchgeführt, die untersuchte, welche Ausbildungsberufe bereits exportiert werden und welche künftig exportiert werden sollen oder können. Mit den Ergebnissen wurde ein Datenpool aufgebaut und das Netzwerk von IBEX erweitert.

    Ein weiterer Service von IBEX besteht unter anderem darin, Terms of Reference (Richtlinien) für Projekte zu erstellen. IBEX unterstützt auch das Matchmaking zwischen Nachfragern und Anbietern. Laut der IBEX-Datenbank haben 73 Prozent der dort verzeichneten Handwerksbetriebe Interesse an der Entwicklungszusammenarbeit.

    Sonja Andjelkovic unterstrich, dass bei deutschen Handwerksbetrieben ein Mentalitätswandel erforderlich ist, da der Markt in Deutschland begrenzt und eine Internationalisierung für die Zukunft somit unumgänglich ist.

    Germany Trade and Invest

    Carsten Ehlers von Germany Trade and Invest (GTAI) präsentierte die gtai als "Nachrichtenagentur für Wirtschaftsmeldungen". Er stellte Eckdaten zu Subsahara-Afrika vor sowie lohnende Märkte und Trends in und für Afrika. 

    Ehlers betonte, dass das Bruttoinlandsprodukt wächst und Investitionen in vielen Bereichen vorgenommen werden. Zurzeit gibt es über 60 Meldungen auf der GTAI-Internetseite zu Bildungsprojekten. Herr Ehlers empfahl außerdem die EU-Außenhilfeprogramme für Afrika.

    ein Referent während seines Vortrags
    Ananou Gabin, Projektträger beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
    eine Referentin während ihres Vortrags
    Sonja Andjelkovic, IBEX/sequa gGmbH
    ein Refrent während seines Vortrags
    Carsten Ehlers, Germany Trade & Invest

    Solarlabor in Ruanda

    Den ersten Praxisbericht lieferte Dr. Evelina Parvanova von der Handwerkskammer Koblenz (HWK), die die Einrichtung eines Solarlabors in einer technischen Schule in Ruanda vorstellte. Bei diesem Projekt werden Schulungen für Ausbilder in Unternehmen auf dem Gebiet der Fotovoltaik und Solarthermie durchgeführt.

    Dr. Parvanova bestätigte den schon von der Botschafterin der Republik Ruanda genannten Ansatz, eine Ausbildung nach dem dualen System einzuführen. Sie zeigte Bilder des "Solarmobils" – ein Bus, der als Ausbildungsstätte ausgebaut wurde und dessen Module auch in Lehrwerkstätten eingesetzt werden können.

    Ziele des Projekts in Ruanda sind die Erhöhung des Praxisanteils in der Ausbildung, die Einführung modularer Schulungen für Ausbilder, die stufenweise Erarbeitung moderner Berufsbilder, die Einbeziehung der Wirtschaft im Berufsbildungssystem sowie die Unterstützung bei einer nachhaltigen Berufsbildungsreform.

    zwei Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer tauschen Visitenkarten aus

    Berufsbildungszentrum in Nigeria

    Hermann Röder, Geschäftsführer der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) präsentierte das Projekt "Aufbau eines Berufsbildungszentrums in Port Harcourt, Rivers State – Nigeria". Die ZWH ist in Afrika in Nigeria und Mozambique tätig.

    In Nigeria hat die ZWH vom nigerianischen Staat, der die Finanzierung zu 100 Prozent übernimmt, den Auftrag bekommen, ein neues Berufsbildungszentrum aufzubauen. Nach Ablauf der Projektlaufzeit von sechs Jahren wird das Berufsbildungszentrum an Nigeria übergeben. Dieses Projekt führt die ZWH mit Partnern durch.

    Dr. Karin Jansen, ebenfalls von der ZWH, stellte die Imagekampagne des Handwerks vor. Ausbildungsberufe können und müssen sogar beworben werden, um sie attraktiv zu machen. Sie ist der Ansicht, dass die Ausbildungsberufe "cool" sein müssen, damit ihr Image bei den Jugendlichen steigt. Markus Milwa betonte in diesem Zusammenhang ebenfalls, wie wichtig "Image Creating" im Ausland ist.

    Fachkräftemangel im Wassersektor

    Yvonne Salazar von der Festo Didactic GmbH & Co. KG ging zunächst auf Zahlen, Daten und Fakten zu Süd- und Ostafrika ein. Die Arbeitslosigkeit in der Region liegt insgesamt bei 25 Prozent, bei der Altersgruppe 18 bis 25 jedoch bei 50 Prozent. Dagegen steht das Durchschnittsalter der Facharbeiter, das bei 54 Jahren liegt.

    Als Praxisbeispiel stellte Yvonne Salazar im Anschluss das develoPPP-Projekt "Practice-oriented Education and Training in Sanitary Engineering (ProESE)" vor, das von FESTO und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) getragen wird.

    Yvonne Salazar ging auf den spezifischen Fachkräftemangel im Wassersektor ein und betonte den Bedarf an intelligenten Lösungen im Wasser- und Abwasserbereich. Das oberste Ziel des ProESE-Projekts besteht darin, handlungsorientierte Lernmodule für den Wasserbereich zu entwickeln. Es ist geplant, die Ergebnisse auch auf südamerikanische Länder zu übertragen.

    zwei Teilnehmer im Gespräch

    Hubschrauber-Mechaniker in Liberia

    Wolfgang Zagel von der Helog KG stellte in seinem Beitrag zunächst einen Afrika-Imagefilm für Investoren vor, um zu erläutern, wie sein Unternehmen auf die Idee kam, Berufsbildung nach Afrika zu exportieren.

    Die Helog KG bildet junge Menschen für den Beruf des Triebwerkmechanikers aus. Im Rahmen eines neuen PPP-Projekts (Public Private Partnership) werden derzeit 15 Hubschrauber-Mechaniker in Liberia, wo es bisher keine berufliche Bildung gibt, ausgebildet. Eine Ausbildung zum Industriemechaniker kann daran angeschlossen werden. Die lange Ausbildung soll auf Wunsch der Regierung kürzer ausfallen, da der Bedarf an Fachkräften im technischen Handwerk sehr groß ist. Ein Prestigeproblem des Handwerks besteht in Liberia, wo eine sehr hohe Arbeitslosenquote herrscht, nicht.

    Zagel ist der Ansicht, dass Budgethilfe nicht der richtige Weg ist, um in Afrika Unterstützung zu leisten. Nur die Wirtschaft kann die Situation in Afrika nachhaltig verbessern, unterstützt von staatlichen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Die größten Herausforderungen bei der Umsetzung liegen laut Herrn Zagel in der Finanzierung und der Blockadehaltung der lokalen Behörden.

    Wolfgang Zagel empfiehlt das duale System "light" und appelliert an die Ministerien, Aufträge weniger an staatseigene Gesellschaften zu vergeben sondern direkt an die Wirtschaft.

    Diskussion

    Zum Abschluss des iMOVE-Afrikatags wurden noch offene Fragen diskutiert. Das Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war durchweg positiv.

    Einigkeit herrschte darüber, dass Afrika ein Kontinent mit immensen Herausforderungen ist. Jedoch lohnen sich die Investition und die Initiative, um zu einer positiven Entwicklung der afrikanischen Länder beitragen zu können.

    eine Referentin während ihrs Vortrags
    Dr. Evelina Parvanova, Handwerkskammer Koblenz
    ein Referent während seines Vortrags
    Hermann Röder, Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk
    eine Referentin während ihres Vortrags
    Dr. Karin Jansen, Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk
    eine Referentin während ihres Vortrags
    Yvonne Salazar, FESTO AG
    ein Referent während seines Vortrags
    Wolfgang Zagel, HELOG Aviation KG