Talent Pool Asia - Regional Spotlights: 1. ASEAN-Deutsches Berufsbildungsforum

Unternehmen sollen mehr Verantwortung für Berufsbildung übernehmen

    Im Mittelpunkt der Konferenz unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) stand der partnerschaftliche Austausch über erfolgreiche Bildungskooperationen und die Perspektiven der künftigen Zusammenarbeit.

    Ein Drittel der 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren internationale Expertinnen und Experten, vor allem aus Vietnam, Thailand und den Philippinen. Bis auf Laos waren alle Länder der ASEAN-Region unter den Gästen vertreten.

    Industrie muss Treiber beruflicher Aus- und Weiterbildung werden

    In ihren Grußworten zur Eröffnung des Forums betonten die Vertreterinnen und Vertreter der Organisatoren die große Bedeutung beruflicher Aus- und Weiterbildung aufgrund des weltweit wachsenden Fachkräftemangels.

    Vor diesem Hintergrund genießt das erfolgreiche deutsche duale System mit seiner Vermittlung technischer und sozialer Kompetenzen Vorbildcharakter in zahlreichen Ländern der sich dynamisch entwickelnden ASEAN-Region mit ihrer jungen Bevölkerung.

    Die Rednerinnen und Redner hoben die Diversität der unterschiedlichen Länder und Kulturen in der Region hervor, die sich in unterschiedlichen Bedarfslagen widerspielt. Diese gilt es, sowohl in den angebotenen Bildungslösungen als auch im partnerschaftlichen Umgang zu berücksichtigen.

    Gemeinsam haben die unterschiedlichen Bildungssysteme allerdings, dass die jeweiligen Regierungen als Treiber der Entwicklung wirken und auch in der Berufsbildung einen Schwerpunkt auf schulisches Lernen legen. Hier wird ein wichtiger Unterschied zum deutschen dualen System offenbar, in dem die Industrie die Abläufe und Regeln wesentlich mitbestimmt und ein deutlicher Fokus auf einer praxisorientierten Ausbildung liegt.
    Rednerin am Pult
    Susanne Burger, Bundesministerium für Bildung und Forschung
    Susanne Burger, Unterabteilungsleiterin im BMBF, hob hervor, wie wichtig es ist, Bildung auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive zu betrachten und die grundlegende Motivation für das deutsche Modell zu vermitteln.

    Als wichtige Herausforderungen für die Berufsbildung in Deutschland nannte sie die Entwicklung der Bildung 4.0 mit neuen Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt und neuen Aufgaben für das Ausbildungs- und Lehrpersonal, die Eingliederung von Flüchtlingen und den wachsenden Trend unter Jugendlichen, ein Hochschulstudium anzustreben.

    Mit einem Hinweis auf das neue BMBF-Programm "Ausbildung Weltweit" zur Förderung der internationalen Mobilität von Auszubildenden lud Burger die Regierungen der ASEAN-Staaten ein, Aufenthalte ihrer Trainees in Deutschland zu unterstützen.

    Der thailändische Botschafter Dr. Dhiravat Bhumichitr, Vorsitzender des Berlin ASEAN Committee (BAC), nannte das deutsche duale System eine wichtige Inspiration für die Länder in Südostasien, deren zunehmende Wirtschaftsmacht sich auch in wachsenden Mittelschichten zeigt. Er verwies auf zahlreiche gemeinsame Berufsbildungsprojekte zwischen deutschen und südostasiatischen Partnern.

    Professor Dr. Hubert Ertl, Forschungsdirektor und stellvertretender Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), präsentierte aktuelle Kosten-Nutzen-Analysen des BIBB zur Berufsbildung in Deutschland.

    Danach verursacht eine Ausbildung durchschnittlich Kosten in Höhe von 11.000 Euro, wobei allerdings bei einem Drittel der Unternehmen die messbaren finanziellen Vorteile einer Ausbildung die Kosten überwiegen. Die Unternehmen stellen weitere Kosteneinsparungen bei Stellenausschreibungen und der Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest sowie den Imagegewinn für ihre Organisationen. Die Zahlen belegen insgesamt die hohe Rentabilität einer Investition in Ausbildung für die Unternehmen, die teilweise bereits während des Ausbildungszeitraums zum Tragen kommt. Sie erklären auch das Engagement von 430.000 Ausbildungsbetrieben in Deutschland, die ihrerseits wiederum die Qualität und Relevanz der Berufsbildung kontinuierlich steigern.

    Session 1

    Sprecherinnen und Sprecher der Session auf dem Podium

    von links nach rechts: Moderator Marco Walde, Rowel S. Barba, Dr. Susanne Franke, Birgit Schweeberg

    Digitalisierung birgt Chancen und Herausforderungen für die Berufsbildung

    In der ersten Panel-Session ging es im Wesentlichen um Anreizsysteme für die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, um standardisierte Zertifikate und um die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Berufsbildung weltweit.

    Rowel S. Barba, Staatssekretär im philippinischen Ministerium für Handel und Industrie, erläuterte, dass in seinem Land verschiedene Strategien eingesetzt werden, um die Zahl Auszubildender und die Qualität der beruflichen Bildung zu erhöhen. Dazu zählen neben einem nationalen Entwicklungsplan und der Einrichtung eines Beraterstabs für die berufliche Kompetenzentwicklung auch finanzielle und steuerliche Anreize für die Auszubildenden und die Unternehmen. Sie sollen dazu beitragen, vor allem in verschiedenen Schlüsselbranchen neue Fachkräfte und Ausbildungsplätze zu generieren.

    Dr. Susanne Franke, stellvertretende Abteilungsleiterin Unternehmenskooperation bei Don Bosco Mondo, hob die intensive Zusammenarbeit ihrer Organisation mit der deutschen Industrie und den deutschen Kammern vor Ort hervor, um bedarfsgerechte Ausbildungsgänge zu schaffen. Als zentrales Problem bezeichnete sie die Stellenvermittlung im Anschluss an die Ausbildung. Zum Thema Digitalisierung hob sie die Chancen hervor, die sich beispielsweise für Entwicklungssprünge bei der Erschließung ländlicher Gegenden ergeben.

    Birgit Schweeberg, Leiterin von Hamburg Chamber Consult bezeichnete standardisierte Zertifikate als wichtigen Bestandteil eines Ausbildungssystems, der auch der Wirtschaft Sicherheit vermittelt. Sie empfahl, die Qualität deutscher Zertifikate international stärker zu bewerben, und prophezeite einen Bedeutungszuwachs der Systemberatung in der Zukunft. Im Hinblick auf dynamische Entwicklungen in der Berufsbildung, die etwa durch Digitalisierung ausgelöst werden, riet sie zur Gelassenheit, da sich die in einer Ausbildung zu vermittelnden Grundkenntnisse nicht so schnell verändern wie von vielen befürchtet.

    Session 2

    Sprecherin und Sprecher der Session 2 auf dem Podium

    von links nach rechts: Moderator Alexander Strecker, Ute Brockmann, Professor Dr. Utz Dornberger, Klemens Jagieniak, Pisit Rangsaritwutikul

    Imageverbesserung als kritischer Erfolgsfaktor

    In der zweiten Panel-Session standen erfolgreich durchgeführte Kooperationsprojekte und die Perspektiven der weiteren Zusammenarbeit zwischen Partnern aus Deutschland und der ASEAN-Region im Vordergrund.

    Pisit Rangsaritwutikul, Direktor des Thailand Professional Qualification Institute (TPQI), hob hervor, dass die Wirtschaft mit Fachkräften individueller und flexibler auf Herausforderungen reagieren kann. Daher strebt seine Regierung sowohl eine Verringerung des Fachkräftemangels als auch der Diskrepanz zwischen den vermittelten Kompetenzen und den Bedarfen der Wirtschaft an. Als kritische Erfolgsfaktoren bezeichnete er die Schaffung von Mehrwert durch berufliche Bildung und ihr Re-Branding zur Aufwertung ihres gesellschaftlichen Ansehens.

    Klemens Jagieniak vertrat als Senior Consultant das Unternehmen Envidatec, das Ingenieurleistungen für Umwelttechnologien anbietet. Er betonte die Bedeutung fairer Partnerschaften auf Augenhöhe, die von gegenseitigem Lernen und Wachsen geprägt sind. Als wichtiges Instrument bezeichnete er Public-Private-Partnerships.

    Professor Dr. Utz Dornberger von der Universität Leipzig berichtete von einem großen Bedarf unter qualifizierten Technikern in Vietnam, zusätzlich einen Studienabschluss zu erwerben. Ein entsprechendes Programm namens Senior Vocational Education in Vietnam (FiVe) wurde mit deutscher Unterstützung 2017 ins Leben gerufen. Für die Zukunft wünscht sich die Industrie neben dem Vollzeit-Modell zusätzlich ein berufsbegleitendes Angebot dieser Art und eine offizielle Anerkennung durch den vietnamesischen Staat.

    Ute Brockmann, stellvertretende Leiterin der Deutsch-Indonesischen Industrie- und Handelskammer (AHK), informierte über den erfolgreichen Start eines Ausbildungsprogramms zum Industriemechaniker. Aus ihrer Sicht lohnen sich verstärkte Aktivitäten deutscher Organisationen vor Ort, da viele nur mit eingeschränkten Kapazitäten arbeiten können. Sie wünscht sich ein leistungsfähiges Bindeglied zwischen den Unternehmen und der Regierung. Die AHK baut eine Trainingsplattform (ICCQ) auf, um die Nachfrage der lokalen Unternehmen nach maßgeschneiderten Trainings zu bedienen. Ute Brockmann lud die anwesenden Bildungsanbieter ein, die kostenpflichtige Plattform zu nutzen.

    Abschluss-Panel

    Sprecherinnen und Sprecher der Abschlussrunde auf dem Podium

    von links nach rechts: Doan Xuan Hung, Syarkawi Bin Muhammad, Susanne Burger, Moderatorin Birgit Thomann

    Zieldefinition als Voraussetzung für erfolgreiche Partnerschaften

    Im Abschluss-Panel warfen die Expertinnen und Experten einen Blick auf die Perspektiven von Berufsbildungskooperationen.

    Der vietnamesische Botschafter Doan Xuan Hung bekundete das ausgeprägte Interesse seines Landes an einer Zusammenarbeit mit deutschen Partnern. Er wünscht sich Unterstützung bei der Klärung, wie mehr Unternehmen für eine Ausbildung gewonnen werden können und wie eine Ausbildung finanziert werden kann. Als wichtige Wachstumsbranchen seines Landes nannte er Informationstechnologie, Tourismus und die verarbeitende Industrie.

    Syarkawi Bin Muhammad vom malaysischen Generalkonsulat verweist auf einen TVET-Masterplan seiner Regierung mit zahlreichen beteiligten Ministerien, der in Kürze vorgestellt werden soll. Diesem Plan zufolge sollen 29.000 neue Trainer bis zum Jahr 2025 ausgebildet werden. Außerdem sollen alle TVET-Institutionen vereinheitlicht und auch einheitlich gekennzeichnet werden.

    Susanne Burger (BMBF) trat abschließend dafür ein, Beratungen auf Systemebene und konkrete Projekte immer klar voneinander zu trennen und auch eine möglichst genaue Vorstellung von den Zielen zu entwickeln, die jeweils erreicht werden sollen. Sie wies darauf hin, dass die Industrie nur dann Verantwortung übernehmen kann, wenn sie ihr auch von der Regierung übertragen wird, was ein Aufeinander-Zugehen von zwei Seiten erfordert. Außerdem empfahl sie die Förderrichtlinie der Bundesregierung als Unterstützungsinstrument für internationale Bildungskooperationen.
    © Fotos: OAV - German Asia-Pacific Business Association
    Frau fotografiert
    Nahaufnahme Redner

    Ulrich Meinecke, iMOVE 

    Nahaufnahme Redner
    Reinhard Damm, Hamburger Institut für Berufliche Bildung
    Nahaufnahme Redner
    Hans-Georg Frey, Ostasiatischer Verein
    Nahaufnahme Redner
    Robert Lorenz-Meyer, Handelskammer Hamburg
    Blick auf eine Stuhlreihe Gäste
    Nahaufnahme Redner
    Dr. Dhiravat Bhumichitr, Botschaft des Königreichs Thailand, Berlin ASEAN Committee
    Nahaufnahme Redner
    Professor Dr. Hubert Ertl, Bundesinstitut für Berufsbildung
    Nahaufnahme Teilnehmerin
    Nahaufnahme Teilnehmer
    Nahaufnahme Teilnehmerin
    Nahaufnahme einiger Gäste
    zwei Männer im Gespräch

    Eröffnung

    Portrait

    Ulrich Meinecke

    Leiter iMOVE: Training - Made in Germany im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Deutschland
    Portrait

    Reinhard Damm

    stellvertretender Geschäftsführer vom Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB), Deutschland
    Portrait

    Hans-Georg Frey

    Vorsitzender des Ostasiatischen Vereins (OAV), Deutschland
    Portrait

    Robert Lorenz-Meyer

    Internationale Angelegenheiten, Handelskammer Hamburg, Deutschland
    Portrait

    Susanne Burger

    Unterabteilungsleiterin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Deutschland
    Portrait

    Seine Exzellenz Dr. Dhiravat Bhumichitr

    Botschafter des Königreichs Thailand in Deutschland, Vorsitzender des Berlin ASEAN Committee (BAC), Thailand
    Portrait

    Professor Dr. Hubert Ertl • Keynote

    Forschungsdirektor und stellvertretender Präsident im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Deutschland

    Entwicklungen und Perspektiven - Bildungsinitiativen in ASEAN / Beteiligung der Industrie an der Berufsbildung

    Session 1

    Portrait

    Marco Walde • Moderation

    Repräsentant der Delegierten der Deutschen Wirtschaft in Vietnam (AHK Vietnam), Vietnam
    Portrait

    Rowel S. Barba

    Staatssekretär, philippinisches Ministerium für Handel und Industrie, Philippinen
    Portrait

    Dr. Susanne Franke

    stellvertretende Abteilungsleiterin Unternehmenskooperation, Don Bosco Mondo, Deutschland
    Portrait

    Birgit Schweeberg

    Leiterin Hamburg Chamber Consult, Deutschland

    Erfolgreiche ASEAN-deutsche Zusammenarbeit in der Berufsbildung

    Session 2

    Portrait

    Alexander Strecker • Moderation

    Geschäftsführer, Alexander Strecker Management Consulting & Training, Deutschland
    Portrait

    Pisit Rangsaritwutikul

    Direktor, Thailand Professional Qualification Institute (TPQI), Thailand
    Portrait

    Klemens Jagieniak

    Senior Consultant, Envidatec GmbH, Deutschland
    Portrait

    Professor Dr. Utz Dornberger

    Universität Leipzig, Leiter SEPT (Small Enterprise Promotion and Training) Zentrum, Deutschland
    Portrait

    Ute Brockmann

    stellvertretende Leiterin der Deutsch-Indonesischen Industrie- und Handelskammer, Indonesien

    Perspektiven ASEAN-Deutscher Berufsbildungskooperationen

    Abschluss-Panel

    Portrait

    Birgit Thomann • Moderation

    Leiterin Abteilung Internationalisierung der Berufsbildung / Wissensmanagement, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Deutschland

    Portrait

    Seine Exzellenz Doan Xuan Hung

    Botschafter der Sozialistischen Republik Vietnam in Deutschland, Vietnam
    Portrait

    Syarkawi Bin Muhammad

    malaysisches Generalkonsulat, Malaysia
    Portrait

    Susanne Burger

    Unterabteilungsleiterin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Deutschland
    © Fotos: OAV - German Asia-Pacific Business Association
    © Fotos: OAV - German Asia-Pacific Business Association