Vietnam: Reformen für ein offenes und flexibles Berufsbildungssystem

Lesen Sie ein Interview mit Nguyen Hai Cuong, Chief of Staff Directorate of Vocational Education and Training (DVET), aus der neuen iMOVE-Marktstudie Vietnam.

junge vietnamesische Kellnerin und vietnamesischer Kellner in Arbeitskleidung lächeln in die Kamera
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Redaktion: Welche Rolle spielt das DVET im vietnamesischen Berufsbildungssystem?

Die Rolle des DVET ist in der Decision 29/2018/Qd-TTg vom 3. Juli 2017 genau festgelegt. Das DVET ist eine dem Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs (MoLISA) untergeordnete Behörde, die die Aufgaben Beratung und Unterstützung des Ministers bei der staatlichen Verwaltung und der Organisation der Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes – mit Ausnahme des Bereiches Pädagogik – im ganzen Land wahrnimmt. Außerdem verwaltet das DVET die öffentlichen Dienstleistungen im Bereich der Berufsbildung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen.

Redaktion: Welche Reformbestrebungen gibt es aktuell im Berufsbildungsbereich in Vietnam?

Da ist schon eine ganze Menge passiert. Zum einen wurde die Resolution 29-NQ/TW zur grundlegenden und umfassenden Erneuerung der allgemeinen und beruflichen Bildung verabschiedet, um den Anforderungen der Industrialisierung im Kontext einer sozialistisch orientierten Marktwirtschaft und der internationalen Integration gerecht zu werden, einschließlich einer Reihe von Inhalten, die sich direkt auf die berufliche Bildung beziehen. Diese umfassen Änderungen der Bewertungsmethoden und Anerkennung von Abschlüssen. Außerdem sollen weitere finanzielle Ressourcen für die berufliche Bildung mobilisiert werden.

Außerdem verabschiedete der 13. Parteitag die Strategie für die sozioökonomische Entwicklung für den Zeitraum 2021-2030. Die Strategie sieht vor, dass Vietnam bis 2030 den Status eines Transformationslandes erreicht und sich bis 2045 zur Industrienation entwickelt hat. Die Entwicklung der Humanressourcen, insbesondere der hochwertigen Humanressourcen, wird hierbei erneut als einer der drei strategischen Durchbrüche hervorgehoben.

Zudem haben viele neue Modelle das Image der Berufsbildung verbessert, wie das 9+-Modell für Absolventinnen und Absolventen der allgemeinen Mittelschule, die in eine Berufsausbildung eintreten wollen.

Mit Hilfe von internationalen Kooperationen wurden qualitativ hochwertige Ausbildungsmodelle im Rahmen von Transferprogrammen aus dem Ausland eingeführt. Künftig wird außerdem der 4. Oktober als "Vietnamese Labor Skills Day" gefeiert werden. Im internationalen Kontext hat Vietnam als Vorsitz des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) das ASEAN TVET Council am 16. September 2020 ins Leben gerufen.

Redaktion: Wie wirken sich die aktuellen Reformen auf ausländische Bildungsanbieter aus, die in den vietnamesischen Markt eintreten wollen?

Das Ziel der Reformen ist es ja, ein offenes und flexibles Berufsbildungssystem aufzubauen. Hier wurde die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf Umfang und Effektivität gefördert sowie inhaltlich diversifiziert und es gibt viele positive Entwicklungen. In den Bereichen wissenschaftliche Forschung und Ausbildung von Lehrpersonal sind internationale Kooperationen sehr willkommen.

Auch im Bereich Aufbau nationaler Berufsqualifikationsstandards, Qualitätssicherung gibt es vor allem mit den ASEAN-Ländern einen intensiven Austausch. Vietnam hat in Zusammenarbeit gerade mit Ländern wie den USA, dem Vereinigten Königreich, Deutschland und Australien einige Transferprogramme ins Leben gerufen. So können vietnamesische Absolvent*innen auch auf dem internationalen Arbeitsmarkt bestehen.

Redaktion: Was sind Herausforderungen für ausländische Bildungsanbieter in Vietnam?

Es gibt spezifische gesetzliche Anforderungen für ausländische Bildungsanbieter, diese gilt es zu beachten. Es ist sinnvoll, hier einen Partner vor Ort zu haben, der die Anforderungen genau kennt und diese mit dem ausländischen Bildungsanbieter durchgehen kann.

Relevante Gesetzgebung in diesem Bereich ist vor allem das Decree No. 15/2019/ND-CP vom 1. Februar 2019 (Anmerkung der Redaktion: Die genauen Anforderungen der Gesetzgebung finden Sie in der iMOVE-Marktstudie Vietnam im Kapitel 5.2).

Redaktion: In welchen Bereichen sehen Sie einen großen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften und Chancen für ausländische Bildungsanbieter?

Laut einer Erhebung des vietnamesischen Instituts für Berufspädagogik zum Ausbildungsbedarf zur Deckung des Arbeitsmarktes bis 2022 sind folgende Tätigkeiten und Bereiche, besonders gefragt:

  • Grundstufe der Berufsbildung: Näher*in, Maschinenbediener*in, Lebensmittelverarbeitungstechniker*in, Empfangsmitarbeitende im Gastgewerbe,
  • Mittelstufe der Berufsbildung: Textiltechniker*in, Konstruktionstechniker*in, Maschinenbau,
  • Oberstufe der Berufsbildung: Mode- und Textiltechnik, Industrieelektronik, Metallbearbeitung, Bautechnik.

Redaktion: Herr Cuong, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.


iMOVE-Marktstudie Vietnam

Titelbild der Studie mit wehender Nationalflagge Vietnam

Der Artikel ist ein Auszug aus der iMOVE-Marktstudie Vietnam für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung, die im Dezember 2021 erschienen ist. 

zum Download der Studie

zur Marktseite Vietnam


Quelle: iMOVE, Auszug aus der iMOVE-Marktstudie Vietnam für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung, 2021