"Man sollte immer darauf gefasst sein, flexibel reagieren zu müssen."

Uttam Kumar, Auszubildender zum Hotelfachmann im Hotel Randsbergerhof im bayerischen Cham, hat sich in seiner Heimat Indien mit einem Brückenkurs von bbw International, einem langjährigen Mitglied im iMOVE-Netzwerk, vorbereitet.  iMOVE hat mit Uttam Kumar über seine Erfahrungen gesprochen.

iMOVE: Herr Kumar, die Branche Hotellerie und Gastgewerbe hat in Deutschland aktuell große Nachwuchssorgen. Wie sind Sie darauf gekommen, für eine Ausbildung zum Hotelfachmann nach Deutschland zu kommen?

PortraitUttam Kumar: In Indien habe ich zwei Jahre lang in einem Hotel gearbeitet und alles lief gut. Ich mag das Hotelgewerbe, weil es eine dynamische Branche ist und viele Möglichkeiten bietet. Ich möchte mich gern beruflich weiterentwickeln und für eine Karriere muss man internationale Erfahrungen sammeln. Deshalb habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, im Ausland zu arbeiten.

Diese Entscheidung war nicht leicht. Ich würde gern näher bei meiner Familie leben und täglich heimisches Essen genießen. Aber ich glaube, wenn man etwas Außergewöhnliches erreichen will, muss man seine Komfortzone verlassen und Opfer bringen.

Über ein Beratungsunternehmen in Indien habe ich von der Möglichkeit einer Ausbildung zum Hotelfachmann in Deutschland erfahren. Eine Voraussetzung für die Erlangung eines Visums ist der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse nach Absolvierung eines Deutschkurses. Das hat mich sehr gereizt, denn ich wollte immer schon eine andere Sprache lernen.

Ein weiterer Anreiz waren die Arbeitsbedingungen in Deutschland. Das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist klar geregelt. Man arbeitet acht Stunden pro Tag und hat zwei Tage in der Woche frei. Das ist in Indien nicht selbstverständlich.

Hinzu kommen der hohe Lebensstandard in Deutschland, die deutsche Krankenversicherung und die kostenlosen Bildungsleistungen. Außerdem sind die Menschen sehr gastfreundlich.

iMOVE: Wie haben Sie sich in Indien auf die Ausbildung in Deutschland vorbereitet? Gab es Angebote, zum Beispiel einen Brückenkurs, die Sie genutzt haben?

Uttam Kumar: In der Tat habe ich einen Brückenkurs besucht, den ein indischer Bildungsträger zusammen mit dem Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) angeboten hat. Er beinhaltete den Sprachkurs, die Vermittlung an einen passenden deutschen Ausbildungsbetrieb, die Begleitung beim Vorstellungsgespräch, die fachpraktische und interkulturelle Vorbereitung auf die Ausbildung und das Leben in Deutschland sowie die Unterstützung bei der Beantragung des Visums.

iMOVE: Wie haben Sie in Ihre Ausbildung in Deutschland hineingefunden und wie verläuft sie aktuell?

Uttam Kumar: Ich würde sagen, sie läuft sehr gut. Ich finde das ganze Unterrichtssystem und den Unterricht in der Berufsschule sehr modern. Die Lehrkräfte sind äußerst kooperativ. Ich habe viele ausländischer Mitschülerinnen und Mitschüler und die Lehrkräfte wollen, dass alle gleichmäßig dem Unterricht folgen können. Daher sprechen sie langsam und ein sehr gut verständliches Deutsch. Außerdem bietet die Schule zusätzlichen Deutschunterricht für die internationalen Lernenden an, damit wir unsere Sprachkenntnisse schnell verbessern können. Das ist sehr beeindruckend für mich.

iMOVE: Wie fühlen Sie sich in Deutschland?

Uttam Kumar: Die Menschen in Deutschland behandeln mich sehr gut, nicht nur an meinem Arbeitsplatz. Am Anfang war mein Deutsch nicht gut, aber es gab immer Menschen, die mir geholfen haben, zum Beispiel beim Einkaufen oder auf Reisen. Immer kommt jemand auf mich zu und fragt mich, ob ich Hilfe brauche.

Mit meinen Kollegen verstehe ich mich sehr gut. Das Küchenteam weiß, dass ich Vegetarier bin, und ich werde ständig mit neuen vegetarischen Gerichten verpflegt. Deshalb fühle ich mich hier nicht allein.

iMOVE: Was fanden Sie auf Ihrem Weg nach Deutschland besonders schwierig oder kompliziert?

Uttam Kumar: Die Erlangung eines Visums war wirklich schwierig. Man muss sehr viele Papiere beibringen und es dauert auch lange. Da wird die Geduld auf eine harte Probe gestellt.

iMOVE: Was oder wer hat Ihnen geholfen?

Uttam Kumar: Natürlich braucht man eine unterstützende Familie, wenn man etwas Neues anfangen will. Zum Glück ist meine Familie sehr hilfsbereit.

Dass ich heute hier in Deutschland bin, verdanke ich aber auch ganz maßgeblich dem Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft und dessen Mitarbeiter Jens Kayser. Er hat mich und auch die anderen Brückenkurs-Teilnehmenden in allen Phasen unserer Reise nach Deutschland begleitet. Ich habe ihn 15- bis 20-mal online und dreimal persönlich getroffen. Er hat meine Bitten um Treffen nie abgelehnt oder Treffen verschoben. Als ich Probleme bei der Beantragung des Visums bekam, war Herr Kayser derjenige, der direkt mit der Deutschen Botschaft in Delhi Kontakt aufgenommen hat. Zwei Wochen später war mein Visum da.

iMOVE: Worauf sollte man sich unbedingt einstellen?

Uttam Kumar: Die Einwanderung in die Ausbildung ist ein internationaler Prozess, der lange dauern kann und von vielen Faktoren abhängt, die man teilweise wenig bis gar nicht beeinflussen kann. Dazu zählen zum Beispiel Naturkatastrophen wie die COVID-19-Pandemie, Visabestimmungen und Prüfungstermine. Niemand kann dir versprechen, dass du innerhalb von sechs oder acht Monaten nach Deutschland umziehen kannst. Man sollte immer darauf gefasst sein, flexibel reagieren zu müssen.

iMOVE: Was wünschen Sie sich konkret für den weiteren Verlauf Ihrer beruflichen Tätigkeit und Ihres Aufenthalts in Deutschland?

Uttam Kumar: Im Moment genieße ich es, in der deutschen Gastronomie zu arbeiten, und möchte dies auch so lange wie möglich fortführen. Ich erweitere im Zuge meiner Ausbildung gerade meine Kenntnisse über Wein. Kürzlich habe ich eine Prüfung zum Weinsommelier bestanden. Jetzt strebe ich das nächste Leistungslevel an.

  • Das Interview führte Silvia Niediek. 

Quelle: iMOVE