Ghana: Marktchancen für die deutsche Bildungswirtschaft

Für Bildungsanbieter ergeben sich in verschiedenen Branchen Ghanas attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Lesen Sie einen Artikel aus der iMOVE-Marktstudie Ghana über die Anknüpfungspunkte für die deutsche Bildungswirtschaft.

junge Ghanaerin liest in einem Buch
ljubaphoto/iStockphoto.com

Bereits aus den Herausforderungen des Berufsbildungsmarktes können in folgenden Bereichen Beratungs- und Aktionsfelder entstehen:

  • Modernisierung von Unterricht und Bildungseinrichtungen sowie Bedarfsermittlung für Bildungseinrichtungen,
  • die Harmonisierung der Curricula hinsichtlich der Nachfrage nach Qualifikationen, zum Beispiel Expertise für die beteiligten Unternehmen in Fragen der Bildung und der Formulierung von Bildungsinhalten, Projektformulierung und Durchführung von entsprechenden Projekten, Unterstützung bei der Einführung der neuen CBT-Lehrinhalte,
  • Ausbildung von betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern auf technischer sowie pädagogischer Ebene,
  • die fachspezifische Moderation der an der Gestaltung und Durchführung von an Bildung beteiligten Akteure in Ghana mit dem Ziel, Kooperationen im Bildungsbereich synergetisch zu machen, zum Beispiel über Koordinierungsfunktionen, Unterstützung zur Nutzung von "Best Practices", Organisation von und Beteiligung an Foren, Workshops oder Konferenzen,
  • Unterstützung bei der Neuentwicklung und Gestaltung von Lehr- und Lernmaterialien, Beratung bei der Ausstattung von Lernorten, Lieferung von Lehr- und Lernmaterialien,
  • Aus- und Weiterbildungen zur Qualifizierung von Lehrkräften für die Berufsbildung, insbesondere bei der weiteren Einführung von CBT,
  • Weiterbildung für Graduierte von Berufsbildungsinstitutionen zur adäquaten Vorbereitung auf Jobs als nachfrageorientierte Zusatzqualifizierung in Zusammenarbeit mit Bildungsinstituten ("up-skilling"),
  • Förderung von Unternehmertum durch entsprechende Bildungsangebote,
  • Unterstützung bei der Generierung von Daten im Bereich der Berufsbildung durch Bildungsinformationssysteme, partizipative Aktionsforschung und Bildungsmonitoring,
  • Tracer-Studien zur Verfolgung der Karrieren von Graduierten der Berufsbildung mit dem Ziel der Entwicklung von Bildungsinterventionsstrategien, wo notwendig, zum Beispiel bei sich nicht entwickelnden Karrieren,
  • Bildungsinterventionen in benachteiligten ländlichen Gebieten,
  • Erweiterung der Bildungsangebote hinsichtlich zukünftiger Berufe,
  • Alphabetisierung von jungen Menschen und Ausbilderinnen und Ausbildern des informellen Sektors (MCP) zur Entwicklung der Chancen,
  • Unterstützung des National Technical and Vocational Education and Training Qualifications Framework (NTVETQF) hinsichtlich des Fortschritts des informellen zum formellen bis hin zum lebenslangen Lernen.

Automobilindustrie

Ghana ist bestrebt, eine eigene Automobilindustrie aufzubauen und sich als Automobil-Hub in Westafrika zu etablieren. Erste Schritte wurden bereits unternommen. Die Regierung Akufo-Addos verfolgt seit einiger Zeit mit der "Ghana Automotive Development Policy – Auto Policy" den Aufbau einer eigenen Automobilindustrie. Die Auto Policy ist wiederum Teil der "Agenda for Industrial Change", die eine stärkere wirtschaftliche Diversifizierung und Erhöhung des lokalen Wertschöpfungsanteils anstrebt. Zum Zehn-Punkte-Plan der Agenda gehören unter anderem Leuchtturmprogramme wie "1 District – 1 Factory", wobei sich zukünftig in jedem Verwaltungsbezirk eine Fabrik befinden soll. In Zusammenhang mit dem Projekt sollen zudem mehr Industrieparks und Freihandelszonen geschaffen werden.

Neben einigen anderen Industrien definiert Ghana die Automobilindustrie inklusive der Fahrzeugmontage und Herstellung von Automobilkomponenten als eine der Ankerindustrien im Land. Durch eine Förderung der Automobilindustrie erhofft sich die Regierung zudem den Aufbau einer Zuliefererindustrie und somit positive Effekte für weitere Wirtschaftszweige, wie die petrochemische oder Aluminium- und Bauxitindustrie.

Ein Berufsbildungsgremium (Sector Skills Body), dessen Aufgaben die Bestandsaufnahme und Bedarfsanalysen, bis hin zu Curricula-Entwicklung und Modernisierungsprojekten beinhalten, wurde im Rahmen der Berufsbildungsreform des ehemaligen Council for Technical and Vocational Education and Training (COTVET), mit Beteiligung der African Association of Automotive Manufacturers (AAAM), der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Ghana sowie der Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet.

Anknüpfungspunkte für deutsche Automobilzulieferer werden vor allem im Bereich der Modernisierung und Nachrüstung der Berufsbildungseinrichtungen im Land liegen. Andere Themen sind Ausbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte und betriebliches Personal, da sich der technische Fortschritt der Automobilbranche schneller entwickelt als ghanaische Anbieterinnen und Anbieter mithalten können.

Durch das gesteigerte Engagement von Automobilherstellern in Ghana ist anzunehmen, dass in den kommenden Jahren auch die Zuliefererindustrie großen Zulauf finden wird. Dies würde ein hohes Maß an Beschäftigungspotenzial mit sich bringen und gleichzeitig den Bedarf an Fachkräften aus verwandten Ausbildungsberufen erhöhen, die den internationalen Standards der Hersteller gerecht werden können. Auch die geplante Umwandlung von Werkstätten zu Vertragswerkstätten der Automobilhersteller wird einen hohen Ausbildungsbedarf mit sich bringen, von dem deutsche Berufsbildungsanbieter profitieren können.

Energiewirtschaft

Mit florierenden wirtschaftlichen Faktoren, politischer Stabilität und guter Regierungsführung bietet Ghana zweifellos attraktive Chancen als Zielmarkt für Anbieterinnen und Anbieter beruflicher Aus- und Weiterbildung. Deutsche Unternehmen, die sich mit Markteintrittsmöglichkeiten befassen, sollten bei der Planung ihrer Geschäftstätigkeit jedoch vorsichtig mit laufenden Reformen umgehen, da diese oftmals angekündigt werden, ihre Umsetzung jedoch langwierig ist.

Die ghanaische Regierung hat ihre Absicht klar dargelegt, Fortschritte und Verbesserungen im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz zu erzielen. Die Stärkung des allgemeinen Wirtschaftswachstums und der industriellen Entwicklung in städtischen und ländlichen Gebieten war ebenfalls ein vorrangiges Anliegen der Regierungsagenda. Dadurch wird mittelfristig eine breitere Kundenbasis geschaffen, auch für erneuerbare Energien und Energieeffizienzlösungen in der Industrie.

Die Expertise deutscher Unternehmen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz ist hoch anerkannt und bietet daher einen Wettbewerbsvorteil auf dem lokalen Markt. Im Bereich der Kosten herrscht jedoch nach wie vor Wettbewerb, da kostengünstige Produkte wie Photovoltaikanlagen aus China auf den Markt gelangen. Beratungsdienste zu Energieeffizienzproblemen und Unterstützung bei der Ausrüstung, zum Beispiel mit Baustoffen oder energieeffizienten Geräten, bringen ausgewählten Kunden Mehrwert.

Besonders hervorzuheben ist das Engagement einiger Berufsbildungsinstitutionen, wie Don Bosco Tech, DSTC Solar Training, oder der Solar Green Academy, die in der Solartechnik ausbilden. Diese und weitere Bildungsinstitutionen lassen sich für deutsche Unternehmen als Partner identifizieren, da sie Bedarf an weiterführenden Schulungen für ihr Lehrpersonal sowie Ausrüstung, Qualitätssicherungsschulungen und Unterstützung bei Curricula-Entwicklung benötigen.

Das Unternehmen Solar Taxi stellt solarbetriebene Motorräder her und hat weitere Lösungen rund um E-Mobility im Portfolio. Solar Taxi ist internationalen Kooperationen gegenüber aufgeschlossen und nimmt beispielsweise an einer von der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Ghana in Zusammenarbeit mit der Baden-Württemberg-Stiftung organisierten 6-monatigen Stipendienreise nach Deutschland teil. Im Rahmen dieser Reise sollen die jungen, handwerklich begabten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens in Deutschland ihre Fähigkeiten erweitern, um das Gelernte danach in ihrem Unternehmen in Ghana einzubringen.

Das ghanaische Unternehmen Gridco hat im Januar 2020 ein Memorandum of Understanding mit Siemens geschlossen. Das Ziel ist es, die ghanaischen Stromnetze zu überholen, und das Stromnetz zu erweitern. Auch Smart-Grid-Lösungen sind Teil der Vereinbarung.

Berufsbildungsanbieter können außerdem im Bereich der Wasserkraftwerke, zum Beispiel von Bui Power Authority oder in der Weiterentwicklung von Energiespeichersystemen im Zusammenhang mit E-Mobilität Möglichkeiten erkunden, ihr Know-How und Technologien anzubieten.

Lebensmittelindustrie

Bislang sind wenige deutsche Unternehmen in der Lebensmittelindustrie in Ghana tätig. Die meisten Unternehmen in der Verarbeitung sind ghanaisch, gegebenenfalls mit ausländischer Beteiligung. Ein einheitliches Bild existiert hier nicht.

Grundsätzlich empfiehlt sich ein Markteinstieg in Ghana gemeinsam mit einem lokalen Partnerunternehmen. Lokale Partner verfügen häufig bereits über notwendige Steuernummern, Zertifikate und Genehmigungen, die ansonsten bei verschiedenen Behörden angefordert werden müssen. Zudem steigt die Eigenkapitalanforderung bei Unternehmen, die vollständig in fremder Hand sind.

Die Food and Drugs Authority (FDA) führt eine bedingt aktuelle Liste von 30 lizensierten Kühlhäusern in Ghana, von denen sich fast alle in der Region Greater Accra befinden. Die FDA-Lizenzierung sagt allerdings nichts über internationale, für den Export relevante Zertifizierungen aus.

Ein besonderes Problem stellt in Ghana die Verpackung von Lebensmitteln dar, die von den zuständigen Behörden häufig als minderwertig eingestuft wird. Es fehlt an Verpackungsmaterial und effizienten Verpackungsanlagen. Dies gilt sowohl für den lokalen Markt als auch für den Export. Im Rahmen der Wertschöpfungskette Lebensmittelverarbeitung → Kühlung → Verpackung → Logistik ist damit ein entscheidender Zwischenschritt nur suboptimal ausgeprägt.

Ein prominentes Beispiel für den Erfolg deutscher Investitionen in der Lebensmittelbranche in Ghana ist das Unternehmen Fair Afric. Fair Afric ist das erste deutsche Unternehmen, welches im Jahr 2020 eine Schokoladenproduktion in Ghana eröffnet hat. Die Kakaorohmasse wird in Ghana gewonnen und in der neu gebauten Schokoladenfabrik zum Endprodukt weiterverarbeitet. Diese Initiative zeigt, dass deutsche Direktinvestitionen nach Ghana lohnenswert sind und auch Endprodukte im Land gefertigt und von dort exportiert werden können.

Potenzielle Anknüpfungspunkte in diesem Zusammenhang sind unter anderem die Ausbildung von Maschinen- und Anlagenführerinnen und -führern, oder auch die Aus- und Weiterbildung von betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern. Auch im Kühlkettenmanagement und in Hygieneprotokollen sowie in der Prüfung und Abnahme von Arbeitsprozessen ist Potenzial erkennbar.

Weitere Branchen

Hinsichtlich der Informations- und Kommunikationstechnik haben die Herausforderungen, die mit der weltweiten Ausbreitung der Corona-Pandemie 2020/21 einhergehen, verdeutlicht, dass analoge Lernprozesse die absolute Vorreiterstellung in der ghanaischen Bildungslandschaft einnehmen. Gleichzeitig lässt sich auch der globale Trend hin zu E-Learning auch in Ghana erkennen. Aktuell sind in diesem Bereich nur wenige Anbietende vertreten, obwohl der Anteil der Ghanaerinnen und Ghanaer, die sowohl an das Handynetz als auch an das Internet angebunden sind, seit vielen Jahren stetig steigt.

Laut einer aktuellen Studie haben allerdings nur 47,89 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet. Hier gibt es starke Differenzen zwischen dem ländlichen und dem urbanen Raum: In ländlichen Gebieten hat weniger als ein Drittel (31 %) der Mobiltelefone Zugang zum Internet.

Dieser fehlende Zugang und die nicht immer stabile Stromversorgung stellen Anbieter von Online-Lernanwendungen vor erhebliche Herausforderungen. Daher haben insbesondere Anbieter von Lernsoftware, die keinen permanenten Zugang zum Internet benötigen, Vorteile. Unternehmen, die eine internetbasierte Lernsoftware anbieten wollen, kommt eine Pionierrolle zu. Diese kann sich dank der jungen und technikbegeisterten Bevölkerung langfristig auszahlen.

Mit Bezug auf die Wasser- und Abwasserwirtschaft werden sanitäre Anlagen für Privatwohnungen sowie Pumpen, Rohr- und Kanalbauten im öffentlichen Sektor oder das Auffinden und Beheben von Gas- und Wasserlecks in der boomenden Baubranche in Ghana immer wichtiger. Daher besteht in diesem Bereich besteht erhebliches Potenzial für Anbieter von Berufsbildungslösungen.

Auch herrscht ein ausgesprochen ausgeprägter Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften in sanitärtechnischen Berufen. Es mangelt an angepassten Curricula und gut ausgestatteten Ausbildungsstätten.


iMOVE-Marktstudie Ghana

Titelbild der Marktstudie Ghana
Der Artikel ist ein Auszug aus der iMOVE-Marktstudie Ghana für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung, die kürzlich erschienen ist. In der Marktstudie finden Sie alle für den Artikel verwendeten Quellen.

zum Download der Studie


Quelle: iMOVE, Auszug aus der iMOVE-Marktstudie Ghana für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung, 2021