China und ASEAN bleiben im Trend

Bleibt China der Megatrend unserer Zeit? Asien-Experte Thomas Brandt, Geschäftsführung der Auslandshandelskammern (AHKs) in Indonesien und Malaysia, informiert und berichtet über seine Einschätzung dazu. 

Seit 28 Jahren ist Thomas Brandt in der Beratung deutschen Unternehmen in Asien tätig, 26 Jahre davon in der Geschäftsführung der Auslandshandelskammern (AHKs) in Indonesien & Malaysia. 

China hat seit dem 8. Januar 2023 seine Zero-Covid Politik eingestellt und erste Geschäftsreisen finden wieder statt. Wie schätzen Sie die Lage ein und was können Sie geschäftspolitisch empfehlen?

In den Pandemiezeiten, in denen das Geschäft stillstand, litten die wichtigen Beziehungen zu Geschäftspartnern in China und ganz Asien und leiden immer noch nachhaltig.

Es konnten lange keine neuen Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden: Firmenmitarbeitern war es bis vor kurzem nicht möglich, globale Messen besuchen, es fanden keine Regionalkonferenzen oder Weltmeetings in Präsenz statt. Der Geschäftsaustausch mit China kam zum Erliegen. Es gab viele Entlassungen, vielfach wurde Stellen nicht nachbesetzt bzw. neue Mitarbeiter kennen sich immer noch nicht persönlich. Es gibt viel nachzuholen. Trotz des digitalen Geschäftsaustauschs ist einiges auf der Strecke geblieben.

Um im Wettbewerb vorne zu sein, empfehle ich, agil zu sein, zu reisen und asiatische und chinesische Geschäftspartner persönlich zu treffen. Obwohl Deutschland und Europa dem digital bestens aufgestellten Asien hinterherlaufen, bleiben persönliche Geschäftstreffen und persönliche Geschäftsbeziehungen der Schlüssel zum Erfolg.

Die ASEAN Region als Markt: Unternehmen können wieder reisen und haben im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategien mehr Südostasien im Visier. Was können KMU geschäftspolitisch tun?

Außer China und Hong Kong waren die meisten Märkte in Südostasien bereits seit dem Frühjahr 2022 wieder offen und bereisbar. Die Devise heißt, nicht zu warten, sondern zu agieren und vor Ort im Land selbst persönliche Gespräche mit möglichen Geschäftspartnern zu suchen, also: Schon bestehende Netzwerke besuchen, aber auch neue Geschäftspartner in diesem Jahr treffen, bevor die Konkurrenz schneller ist.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Unternehmen im Hinblick aufs Doing Business in Asien?

Das größte Problem ist eher intern in den Unternehmen selbst zu sehen, personalseitig ist die dünne Personaldecke in den meisten Unternehmen in Deutschland problematisch.

Schon vor der Pandemie waren viele Auslands- und Exportabteilungen in den Firmen chronisch unterbesetzt und bereits damals auf der Suche nach erfahrenem Vertriebspersonal für das Asiengeschäft.  Leider haben einige Geschäftsführungen diese "Bottleneck" nicht erkannt bzw. am falschen Ende Budget eingespart.

Diese Situation hat sich in den letzten drei Pandemiejahren dramatisiert, Mitarbeiter wurden eingespart, Abteilungen wurden zusammengelegt und wichtige Stellen nicht nachbesetzt. "Geschäfte machen" in China und Asien wird zudem immer schwieriger und erfordert entsprechend auslands- sowie asienerfahrene Manager.

Für die Personalabteilungen ging und geht es in besonderem Maße darum, aus der Menge an Expatriates, den "Rückkehrern" aus dem China- bzw. nach Möglichkeit eine Asienexpertise zu sichern und die besten und erfahrensten Mitarbeiter im Unternehmen zu halten – aus meiner Sicht derzeit eine der wichtigsten Aufgabe von Unternehmensführungen.

Nimmt unsere China-Kompetenz ab?

Eine sehr bedenkliche Entwicklung ist, dass die China-Kompetenz in Deutschland abnimmt. Dies überrascht vor dem Hintergrund, dass China seit einigen Jahren Deutschlands wichtigster Geschäftspartner ist, bilateral über 120 Städtepartnerschaften und viele Kooperationen in Kultur, Wissenschaft und Technik in den letzten zwei Jahrzehnten neu aufgebaut wurden. Bedenklich ist die abnehmende China-Kompetenz auch, weil aus meiner Sicht stärker als jemals zuvor in "Asien die Musik spielt", chinesische Geschäftspartner selbstbewusster werden, das Geschäft schwieriger wird und nicht mehr dem einfachen "Verkaufen & Exportieren" folgt und neue Geschaeftsmodelle aufgesetzt werden müssen, die mehr Chinakompetenz und -Erfahrung erfordern.


Quelle: Außenwirtschaftsportal Bayern, international.bihk.de, 06.02.2023