Auftragsvergabe in Saudi-Arabien wird für deutsche Bildungsanbieter schwierig

Deutsche Nachrichtenagenturen berichten über einen vom Königshaus in Saudi-Arabien verhängten Auftragsstopp für deutsche Unternehmen. Dies könnte auch deutsche Aus- und Weiterbildungsanbieter betreffen. Lesen Sie zwei Artikel dazu.

Die von iMOVE geplante Marktstudie zum Bildungsmarkt Saudi-Arabien wird wegen der aktuellen Entwicklungen im Königreich verschoben.

Quelle: WELT, welt.de, 30.05.2018

Merkel macht Versöhnung mit den Scheichs zur Chefsache

Saudi-Arabien ist verärgert über die Bundesregierung und streicht deutschen Firmen die Aufträge. Die Schuld geben sie Ex-Außenminister Gabriel und der deutschen Iran-Politik. Jetzt greift die Kanzlerin ein.

Die Bundeskanzlerin hat offenbar die Beilegung des seit Monaten schwelenden Streits mit Saudi-Arabien zur Chefsache erklärt. Wie WELT erfuhr, soll Angela Merkel (Christlich Demokratische Union Deutschlands, CDU) mindestens einmal mit Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed Bin Salman über die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten gesprochen haben, die vor allem im Zusammenhang mit einer Äußerung des früheren deutschen Außenministers Sigmar Gabriel (Sozialdemokratische Partei Deutschlands, SPD) stehen. Die Bemühungen der Kanzlerin gelten aus Sicht der Saudis wohl als Grundlage für eine Verbesserung der derzeit sehr belasteten Beziehungen.

Dem Zerwürfnis vorausgegangen war, wie WELT zuerst berichtete, eine Bemerkung Gabriels im vergangenen November. Beim Besuch seines libanesischen Kollegen Gebran Bassil äußerte sich der Deutsche auch zur Regierungskrise in der Heimat des Gastes. Der sunnitische Ministerpräsident des Libanon, Saad Hariri, hatte gerade aus Protest gegen den wachsenden Einfluss der schiitischen Hisbollah-Milliz und damit des Iran in seiner Heimat seinen Rücktritt verkündet. Damals kursierten Gerüchte, die Saudis hätten Hariri mindestens unter Druck gesetzt, vielleicht sogar entführt.

Gabriel forderte bei Bassils Besuch unter Bezug auf diese Gerüchte Hariris Ausreise "als Zeichen seiner Bewegungsfreiheit". Ohne die Saudis ausdrücklich zu nennen, warf er ihnen "außenpolitisches Abenteurertum" im Nahen Osten vor. Aber jedem war klar, wer damit gemeint war. Zwei Tage später reiste Saudi-Arabiens Botschafter in Berlin zu Konsultationen in die Hauptstadt Riad. Seither ist er nicht nach Berlin zurückgekehrt. Die Beziehungen sind eingefroren.

Was nicht nur politisch problematisch ist. Seit Gabriels Aussagen geht es auch mit den Geschäften der deutschen Wirtschaft bei den Saudis bergab. Aus Regierungsaufträgen würden deutsche Firmen herausgehalten, es sei denn, sie hätten einen deutlichen technologischen Vorsprung zur Konkurrenz. Angeblich dürfen Regierungsbeamte in Riad auch keine deutschen Geschäftsautos mehr bestellen. Zwar ist nicht von einem generellen Boykott deutscher Produkte die Rede, von einer Taktik der Nadelstiche dagegen schon. Deutschland soll merken, dass es so nicht geht.

In Riad ist man ernsthaft verstimmt

Angeblich spielte auch die lange Zeit der Regierungsbildung nach der Bundestagwahl eine Rolle. Scheinbar niemand in Berlin schien sich dafür zu interessieren, wie tiefgreifend sich das Verhältnis zu den Saudis verschlechterte. Eine Entschuldigung für Gabriels Behauptung kam auch nicht. In Riad ist man deshalb ernsthaft verstimmt.

Hatte man Deutschland nicht immer als einen der bevorzugten Partner im Westen behandelt? Hatte man nicht mit Prinz Khalid Bin Bandar Al Saud ein Mitglied des Königshauses als Botschafter nach Deutschland geschickt? Hatte man mit der Berufung des ehemaligen Siemens-Chefs Klaus Kleinfeld als Chief Executive Officer (CEO) bei der Zukunftsstadt Neom und mit einem ehemaligen Rheinmetall-Manager an der Spitze des neuen saudi-arabischen Rüstungskonzerns nicht mit Absicht zwei Deutsche geholt, auch um Berlin Wertschätzung zu erweisen?

In Berlin – so die Sicht der Dinge in Riad – nahm man diese Signale nicht wahr. Im Gegenteil. Die Bundesregierung präsentiert sich zu allem Überfluss auch noch als einer der vehementesten Gegner der Iran-Politik von US-Präsident Donald Trump. Der Amerikaner hatte erst kürzlich den Atomdeal mit dem Iran gekündigt – sehr zum Ärger von Berlin, Paris und London.

Eine diffizile Gemengelage

"Die Deutschen allerdings treten bei der Diskussion auch noch deutlich lauter auf als ihre europäischen Kollegen", heißt es. "Der moralische Anspruch, den die Bundesregierung so laut vor sich herträgt, macht es nicht einfacher." Dass der Iran aus Sicht der Saudis als eine der größten Gefahren gilt, spielt bei dieser Kritik keine ganz unwesentliche Rolle.

Es ist eine diffizile Gemengelage. Und bislang sind die Probleme nicht abgeräumt worden. "Weniger als ein Engagement der Bundeskanzlerin wird nicht ausreichen, um das Verhältnis der beiden Länder wieder auf vernünftige Beine zu stellen", heißt es deshalb kritisch in Kreisen der deutschen Wirtschaft. Merkel und der saudi-arabische Kronprinz haben jetzt angeblich ihre Außenminister damit beauftragt, neue Formeln für die künftige Zusammenarbeit zu finden. Der Druck der Wirtschaft auf die Kanzlerin könnte dabei keine ganz unbedeutende Rolle spielen.

Quelle: SPIEGEL ONLINE, spiegel.de, 17.05.2018

Saudi-Arabien blockiert offenbar deutsche Unternehmen

Sigmar Gabriel hatte Saudi-Arabien vor einem halben Jahr massiv kritisiert. Das wirkt sich offenbar bis heute auf deutsche Firmen aus.

Saudi-Arabien blockiert offenbar deutsche Unternehmen immer öfter bei ihren Geschäften in dem Königreich. Grund ist die andauernde diplomatische Krise zwischen den Ländern. Die Firmen seien deswegen "zunehmend beunruhigt", sagte der Chef der Auslandshandelskammer (AHK) in Riad, Oliver Oehms.

Die Bundesregierung geht Informationen der Nachrichtenagentur dpa zufolge davon aus, dass deutsche Firmen momentan bei Ausschreibungen im Königreich nicht einmal berücksichtigt werden.

Die ölreiche Wüstenmonarchie ist ein wichtiger Handelspartner. Deutschland exportierte 2017 Güter im Wert von mehr als 6,5 Milliarden Euro nach Saudi-Arabien.

Verstimmung nach Kritik von Gabriel

Die politischen Spannungen eskalierten vor einem halben Jahr, nachdem der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel Saudi-Arabien mit deutlichen Worten kritisiert hatte.

Angesichts von Berichten, der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri werde in Riad gegen seinen Willen festgehalten, sprach Gabriel unter anderem von außenpolitischem "Abenteurertum". Die Saudis riefen daraufhin aus Protest ihren Botschafter aus Berlin nach Riad zurück.

Bisher wurde der Botschafter, Prinz Chalid bin Bandar bin Sultan bin Abdulasis Al Saud, nicht in die deutsche Hauptstadt zurückgeschickt. Beschwichtigungsversuche der deutschen Seite - darunter ein Interview Gabriels, bei dem er seinen Ton deutlich abschwächte - blieben anscheinend wirkungslos. Gabriel hatte das Interview noch vor seiner Ablösung durch Heiko Maas (SPD) geführt.

Unionsfraktion appelliert an Maas

Die Verstimmung der Saudis scheint dabei tiefer zu gehen. "Unsere saudischen Partner haben den Eindruck, dass Deutschland ihnen die Anerkennung für ihre historischen Reformen verweigert", sagte AHK-Chef Oehms. Die sunnitische absolute Erbmonarchie, in der es keine Parteien gibt, befindet sich in einer für das Land beispiellosen Phase der Öffnung und hat Reformen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich angestrengt.

"Im Interesse der deutschen Außenpolitik muss es Außenminister Maas gelingen, das deutlich angeschlagene Verhältnis zu normalisieren", teilte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann David Wadephul, mit.

In Zeiten der Veränderung sei es wichtig, Saudi-Arabien differenziert wahrzunehmen. "Dazu gehört auch die Feststellung, dass in der saudischen Gesellschaft und Wirtschaft sehr positive Entwicklungen stattfinden, die es zu würdigen gilt", so Wadephul.


Quelle oben: WELT, welt.de, 30.05.2018; Quelle unten: SPIEGEL ONLINE, spiegel.de, 17.05.2018