Asien-Pazifik-Staaten: Weltgrößter Freihandelspakt vereinbart

Während die USA eine "Entkoppelung" von China verfolgen, schließt Peking ein großes Freihandelsbündnis mit wichtigen Volkswirtschaften in der Asien-Pazifik-Region. Das Handelsvolumen des Abkommens könnte in Zukunft das der Europäischen Union (EU) überholen.

Inmitten der Handelsstreitigkeiten mit den USA hat China mit 14 anderen Asien-Pazifik-Staaten den größten Freihandelsblock der Welt geschmiedet. Nach achtjährigen Verhandlungen erfolgte die Unterzeichnung zum Abschluss des virtuellen Gipfels der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean in Vietnams Hauptstadt Hanoi. Die "regionale, umfassende Wirtschaftspartnerschaft" oder RCEP, wie der Pakt abgekürzt wird, umfasst 2,2 Milliarden Menschen und rund ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Das Abkommen verringert Zölle, legt gemeinsame Handelsregeln fest und erleichtert damit auch Lieferketten. Es umfasst Handel, Dienstleistungen, Investitionen, E-Kommerz, Telekommunikation und Urheberrechte. RCEP steht für "Regional Comprehensive Economic Partnership".

Neben China und den zehn Asean-Staaten Vietnam, Singapur, Indonesien, Malaysia, Thailand, Philippinen, Myanmar, Brunei, Laos und Kambodscha beteiligen sich auch Japan, Australien, Südkorea und Neuseeland.

Einigung erst nach Ausstieg Indiens

Gerade vor dem Hintergrund des laufenden Handelskrieges mit den USA ist der Freihandelspakt ein großer Erfolg für die kommunistische Führung in Peking. Das Abkommen wird nach Ansicht von Experten die wirtschaftliche Integration in der Asien-Pazifik-Region voranbringen und protektionistischen Tendenzen entgegenwirken. Die RCEP-Staaten standen vor der Corona-Krise für 29 Prozent des weltweiten Handelsvolumens - etwas weniger als die EU mit 33 Prozent. Der Anteil der RCEP-Gemeinschaft dürfte aber steigen, wie Experten erwarten.

Der Einigung waren 31 Verhandlungsrunden vorausgegangen und 18 Ministertreffen. Sechs Mal waren selbst auferlegte Fristen nicht eingehalten worden. Am Ende hing das Abkommen besonders an Indien, das sich nicht so weit öffnen wollte. Indem sich Neu Delhi aber Ende vergangenen Jahres aus den Verhandlungen zurückgezogen hatte, wurde der Weg geebnet für die Einigung.

Lob in höchsten Tönen aus China

Der chinesische Regierungschef Li Keqiang lobte den Freihandelspakt und zeigte sich davon überzeugt, dass dieser zu "Erholung und Wachstum der Weltwirtschaft" beitragen werde. Die Unterzeichnung "scheint wie Licht und Hoffnung durch dunkle Wolken", verwies der Premier auf die gegenwärtige internationale Situation - mit Corona-Krise, dem Handelskrieg der USA mit China und protektionistischen Tendenzen.

Es sei nicht nur eine monumentale Errungenschaft für die regionale Integration, "sondern, noch wichtiger, ein Sieg für Multilateralismus und freien Handel". Es werde der Entwicklung und dem Wohlstand in der Asien-Pazifik-Region neuen Anschub geben. "Es zeigt, dass Multilateralismus und freier Handel der richtige Weg vorwärts sind.

Weitere Freihandelszone neben CPTPP

Mit dem Pakt bildet sich neben der Gemeinschaft des anderen asiatisch-pazifischen Freihandelsabkommens, der CPTPP abgekürzten "Umfassenden und fortschrittlichen Vereinbarung für eine Trans-Pazifische Partnerschaft", eine weitere Freihandelszone. CPTPP repräsentiert aber nur 13 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Es ist von dem ehrgeizigeren Vorhaben der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) übrig geblieben, nachdem US-Präsident Donald Trump die USA 2017 aus dem Abkommen zurückgezogen hatte.

RCEP ist weitreichender als CPTPP, geht allerdings nicht so tief, wie Experten schildern. Die transpazifische Partnerschaft CPTPP zwischen Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam ist bislang von sieben Staaten ratifiziert und umfasst 480 Millionen Menschen.

Es sind nicht alle Probleme aus der Welt

Ob sich die USA unter dem neuen Präsidenten Joe Biden wieder der transpazifischen Partnerschaft anschließen werden, wofür auch die Zustimmung des Kongresses erforderlich wäre, muss sich zeigen. Experten wiesen darauf hin, dass beide Freihandelspakte nicht in Konkurrenz zueinander stehen und sich eine Mitgliedschaft nicht gegenseitig ausschließt. Vielmehr funktioniere das neue RCEP-Abkommen mit China ergänzend. So gehören Japan, Vietnam, Singapur, Brunei, Malaysia, Australien und Neuseeland beiden an.

Der neue Freihandelspakt bedeutet allerdings nicht, dass alle Probleme zwischen den Handelspartnern beseitigt wären oder dass einzelne Länder nicht mit Sorge auf die wachsende Abhängigkeit von China blickten. So überprüft Japan gerade seine Lieferketten in China. Auch gibt es Konflikte zwischen Australien und China, weil Peking wegen politischer Spannungen Importe aus Australien beschränkt.


Quelle: tagessschau.de, 15.11.2020