Mexiko: Nach wie vor Fachkräftemangel in technischen Berufen

Durch die schwache Konjunkturentwicklung und das anhaltende Bevölkerungswachstum legen die Löhne in Mexiko real kaum zu. Gering qualifizierte Arbeitskräfte sind weiterhin leicht zu finden. Schwieriger ist die Suche bei gut ausgebildeten Facharbeitern, vor allem in der stark wachsenden Automobilindustrie. Hier klagen deutsche Unternehmer zunehmend über Engpässe und aggressives Abwerben von Arbeitnehmern.

Der mexikanische Arbeitsmarkt hat sich nach der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 nur langsam erholt. Weiterhin entstehen viele Jobs im informellen Sektor. Die realen Löhne sind angesichts einer weiter wachsenden Bevölkerung und verhaltenen Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren kaum gestiegen.

Die Lohnentwicklung und das Lohnniveau unterscheiden sich allerdings je nach Branche und Unternehmen stark. Einige Branchen (etwa solche mit starken Gewerkschaften) zahlen höhere Löhne und nichtmonetäre Zusatzleistungen. Die offizielle Arbeitslosenquote nähert sich seit Ende 2014 dem Stand des Vorkrisenjahres an. Im 1. Quartal 2015 lag die Quote bei 4,2 Prozent.

Die informelle Beschäftigung ist in Mexiko nach Vergleichszahlen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) höher als in einigen anderen großen Volkswirtschaften Lateinamerikas. Sie lag unter den Arbeitnehmern (ohne Landwirtschaft) nach ILO-Angaben in Mexiko 2010 bei 53,7 Prozent. Für Brasilien wurde ein Anteil von 42,2 Prozent errechnet, für Argentinien 49,7 Prozent und für Kolumbien 59,6 Prozent.

Der große informelle Sektor bei wachsender Bevölkerung (2014: plus 1,1 Prozent) hält für formell konstituierte Unternehmen ein großes Reservoir an potenziellen Arbeitskräften bereit. Die hohe Informalität bremst in Mexiko allerdings das Wachstum der Arbeitsproduktivität und damit das Wirtschaftswachstum insgesamt sowie die Lohnentwicklung.

Zwischen 2000 und 2014 ist die Arbeitsproduktivität im Durchschnitt um 1,4 Prozent pro Jahr gesunken. Informelle Unternehmen investieren weniger in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter und sind generell kaum innovativ tätig.

Mexiko steht nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bei Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit und beim Unterschied in der Arbeitslosenrate zwischen Frauen und Männern besser da als der Durchschnitt der lateinamerikanischen Länder.

Nach den durchschnittlichen Bildungsjahren in der Bevölkerung über fünf Jahren liegt Mexiko nach den jüngsten Vergleichszahlen der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) aus dem Jahr 2013 mit 9,1 Jahren leicht hinter Argentinien, aber vor Brasilien und Kolumbien. Dieser Wert dürfte weiter steigen, da die Altersgruppe von 25 bis 29 Jahren bereits im Durchschnitt 10,4 Jahre die Schule besucht hat.

Die Qualität der Bildung und Ausbildung gilt als relativ schlecht. Unter 14 Volkswirtschaften mit ähnlichem Pro-Kopf-Einkommen kommt Mexiko nach Informationen der OECD bei der Lesekompetenz der Schüler auf den 10. Platz und bei Mathematik und Wissenschaft auf Platz 11.

Trotz Defiziten im Landesdurchschnitt gibt es staatliche und private Hochschulen, die gut ausgebildete Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt entlassen. Gemäß der Gesellschaftsstruktur, die eine starke Kluft zwischen einer wohlhabenden Schicht einerseits sowie der unteren Mittelklasse und den Armen andererseits aufweist, gibt es in Mexiko einige wenige sehr teure Privatuniversitäten (wie Iberoamericana, Tecnológico de Monterrey), die ein hohes Niveau aufweisen. Sie kultivieren allerdings etwa bei Ingenieuren vielfach den Anspruch, später in Führungspositionen zu arbeiten.

Die guten staatlichen Universitäten (allen voran die Universidad Nacional Autónoma de México) weisen ebenfalls ein hohes Niveau auf, haben aber nur begrenzte Kapazitäten. Daneben existieren zahlreiche kleinere und günstigere Privatuniversitäten, die oftmals Ingenieursausbildungen schlechter Qualität anbieten. "Ingenieur" wird in Mexiko als Titel geführt und ist mit einem gewissen gesellschaftlichen Status verbunden. Daher wird diese Ausbildungsform besonders angestrebt.

Die Regierung will den Anteil der jungen Menschen mit Hochschulabschluss bis 2018 von derzeit 18 auf 40 Prozent anheben. Ein neues Bildungsgesetz, das vor allem eine regelmäßige Überprüfung der Qualität des Unterrichts und des Lehrpersonals sicherstellen soll, wird erst mittelfristig die Qualität der Bildung verbessern. Es trifft weiter auf starke Widerstände in der Lehrerschaft. Ein Produktivitätsgesetz und zahlreiche brancheninterne Initiativen sollen die Lücke zwischen den Anforderungen des Arbeitsmarktes und dem Profil der Schulabgänger schließen.

Laut einer OECD-Befragung geben 30,9 Prozent der Unternehmen in Mexiko an, sie hätten bei der Personalsuche Schwierigkeiten, geeignete Kandidaten zu finden. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 14,8 Prozent. Nach Erhebungen der Personalvermittlung Manpower liegt Mexiko in Lateinamerika etwa im Mittelfeld.

Allerdings hätten sich die Engpässe bei der Mitarbeitersuche in Mexiko in den letzten Jahren durch die Ansiedlung neuer Firmen (vor allem in der Kraftfahrzeug-Industrie) verschärft. 54 Prozent der Unternehmen gaben 2015 an, Probleme bei der Besetzung freier Stellen zu haben. Im Jahr 2014 waren es 44 Prozent.

Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, Länder.Märkte.Chancen. - Die GTAI Online-News, 19.08.2015