"Praktisch unschlagbar" – jetzt auch international

"Praktisch unschlagbar" – unter diesem Slogan wird die berufliche Bildung in Deutschland seit einiger Zeit beworben. Vor dem Hintergrund hoher Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern ist der Export des erfolgreichen deutschen Systems der dualen Berufsausbildung ein vieldiskutierter Lösungsansatz. Nun macht sich die Industrie- und Handelskammer (IHK)-Organisation an die Umsetzung.

In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten und auf zwei Jahre angelegten Projekt soll der Aufbau dualer Strukturen durch erfolgreich realisierte Pilotprojekte wirksam unterstützt werden. Dafür ausgewählt wurden elf Länder, mit denen die Bundesregierung bereits auf politischer Ebene im Bereich der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit kooperiert beziehungsweise in Kontakt steht: Brasilien, China, Griechenland, Indien, Italien, Lettland, Portugal, Slowakei, Spanien, Russland und Thailand.

 

AHKs ideale Plattform

 

Die wesentliche Rolle in diesem Projekt spielen die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs). Berufsbildung ist nämlich zuallererst ein Wirtschaftsthema.

Deshalb sind die AHKs mit ihrem Kontakt zu den Unternehmen vor Ort die ideale Plattform für alle Aktivitäten in Sachen Berufsbildung und können in ihren jeweiligen Ländern - wo möglich und sinnvoll - ähnliche Aufgaben übernehmen, welche in Deutschland die IHKs für die berufliche Bildung ausüben.

Über das Kammernetzwerk wird der nötige Know-how-Transfer zu den AHKs ermöglicht. Die IHKs können auf diese Weise die Auslandsaktivitäten ihrer Mitgliedsunternehmen unterstützen.

 

Der Berufsabschluss muss Anerkennung finden

 

Das Aufgabenspektrum der AHKs im Rahmen des Projektes ist besonders anspruchsvoll. Denn in vielen der beteiligten Länder müssen zunächst einmal die dualen Partner identifiziert und zusammengebracht werden.

Es gilt grundlegende Strukturen zu schaffen, um Ausbildung in Betrieb und Berufsschule sinnvoll begleiten zu können: Einrichtung eines Berufsbildungsgremiums, Erstellung von Ausbildungscurricula, Verabschiedung von Prüfungsordnungen, Schulung von Ausbildern und Prüfern - das sind nur einige Meilensteine.

Am Ende der Projektlaufzeit (2015) sollen dann duale Ausbildungsgänge nach deutschem Vorbild laufen, die mit einer von der AHK organisierten und abgenommenen Prüfung abgeschlossen werden. Dieser Berufsabschluss soll nach Möglichkeit in den jeweiligen Ländern Anerkennung finden – auch dies ist ein verabredetes Teilziel des Projektes. Insgesamt ein wirklich anspruchsvolles Programm!

 

Eltern müssen überzeugt werden

 

Darüber hinaus müssen Jugendliche oft in viel stärkerem Maße von den Vorteilen einer betrieblichen Ausbildung überzeugt werden als in Deutschland, da das Image in diesen Ländern zum Teil sehr schlecht ist. Diese Überzeugungsarbeit schließt die Eltern der Jugendlichen mit ein, die ihren Nachwuchs aus dem gleichen Grund lieber in andere Qualifizierungsformen schicken wollen.

 

Duale System der Berufsausbildung zum Standard machen

 

Die elf AHKs betreiben mit der Unterstützung ihrer Mitgliedsunternehmen bei der Fachkräftesicherung im Ausland Außenwirtschaftsförderung im besten Sinne.

Die Situation vor Ort ist dabei durchaus unterschiedlich: während Länder wie Lettland noch am Anfang stehen, gibt es zum Beispiel in Portugal schon rund 30 Jahre gute Erfahrung mit dualer Ausbildung. Hier geht es im Rahmen des Projektes weniger darum, Strukturen erst aufzubauen, sondern einen weiteren Schritt zu tun, um das duale System der Berufsausbildung zum Standard zu machen.

In den Projektländern mit wenig Erfahrung beziehungsweise ohne Anknüpfungspunkte an eine Tradition betrieblicher Ausbildung, soll bei erfolgreichem Projektverlauf wie in einem Schaufenster vorgeführt werden, wie duale Ausbildung nach deutschem Vorbild funktionieren kann.

Im Idealfall entsteht so ein Nukleus für die Entwicklung dualer Strukturen in dem betreffenden Land, wodurch nicht nur die politischen Verabredungen auf Regierungsebene wirksam unterstützt werden, sondern auch die AHKs bei der (Weiter-)Entwicklung eines Geschäftsfelds Berufsbildung.

Langfristig profitieren alle: die betreffenden Länder von niedrigerer Jugendarbeitslosigkeit, die Jugendlichen durch gute Jobs und die Unternehmen durch gut ausgebildete Fachkräfte. Eine praktisch unschlagbare Konstellation!


Quelle: FORUM – Das Wirtschaftsmagazin für Ostbrandenburg, 16.01.2014