"Oman ist für ausländische Investitionen attraktiv"

"Ich werde während meiner Amtszeit in der Bundesrepublik Deutschland die Festigung der bilateralen Beziehungen fördern und den Austausch von Erfahrungen auf allen Ebenen unterstützen, besonders diejenigen, die für beide Seiten von großer Bedeutung sind. Dazu gehören erneuerbare Energien, Bildung und Berufsausbildung, Gesundheit, wissenschaftliche und technologische Forschung, die Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen und andere Bereiche."

Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Sultanat Oman bestehen seit über vierzig Jahren und zeichnen sich durch besondere Stabilität aus. In Maskat wurde die erste deutsche Universität in den arabischen Golfstaaten gegründet. Traditionell zeichnet sich das Sultanat durch seine geographische Lage am Indischen Ozean und durch Weltoffenheit aus.

Darüber und über die Beziehungen zu Deutschland sprach ARAB FORUM mit Seine Exzellenz Khalid S. Ba'Omar, Botschafter des Sultanats Oman in Berlin.

ARAB FORUM: Exzellenz, im vergangenen Jahr feierten das Sultanat Oman und die Bundesrepublik Deutschland den 40. Jahrestag ihrer diplomatischen Beziehungen. Wie würden Sie die Beziehungen charakterisieren und den gegenwärtigen Stand einschätzen?

Ba'Omar:
Die omanisch-deutschen Beziehungen sind durch ihre historische Tiefe gekennzeichnet. Die Handelsbeziehungen zwischen Oman und Deutschland entstanden im 17. Jahrhundert. Die Besuche deutscher Kaufleute in den Märkten Omans und Sansibars (Sansibar war vom Ende des 17. bis zum Ende des 19. Jahrhundert omanisch, Anmerkung der Redaktion) setzten sich bis zum 20. Jahrhundert fort. Eine Zahl deutscher Orientforscher und -reisender besuchten in dieser Zeit Oman, unter Ihnen Engelbert Kaempfer, der 1688 Maskat besuchte, und der Forschungsreisende Carsten Niebuhr 1775. Durch diese kulturelle Tiefe zwischen den beiden befreundeten Völkern und Staaten entwickelten sich feste Beziehungen auf allen Ebenen.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Sultanat Oman und der Bundesrepublik Deutschland begannen am 16. Mai 1972. Seitdem wurde das Band der Zusammenarbeit gefestigt und viele Abkommen über Wirtschaft, Handel und Investitionen geschlossen.

1978 wurde die Gemischte Deutsch-Omanische Wirtschaftskommission gegründet. Sie trug zur Aktivierung der Zu­sammenarbeit auf den Gebieten der Berufsausbildung, der Weiterbildung, in Transport, Technologie und Gesundheit bei.

Die Feierlichkeiten anlässlich des 40. Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im vorigen Jahr waren Anlass, die verwirklichten Projekte, die durch die Kooperation entstanden sind, zu feiern und den Wunsch nach einer Intensivierung der Zusammenarbeit auf allen Gebieten zu bekräftigen.

ARAB FORUM: Welche Themen beabsichtigen Sie während Ihrer Amtszeit als Botschafter in Deutschland in den Mittelpunkt zu stellen?

Ba'Omar:
Ich werde während meiner Amtzeit in der Bundesrepublik Deutschland die Festigung der bilateralen Beziehungen fördern und den Austausch von Erfahrungen auf allen Ebene unterstützen, besonders diejenigen, die für beide Seiten von großer Bedeutung sind. Dazu gehören erneuerbare Energien, Bildung und Berufsausbildung, Gesundheit, wissenschaftliche und technologische For­schung, die Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen und andere Bereiche. Ich werde auch beide Seiten auf die Investitionsmöglichkeiten im jeweils anderen Land aufmerksam machen.

ARAB FORUM: Was möchten Sie persönlich gern in Deutschland sehen und kennenlernen?

Ba'Omar:
Die Bundesrepublik Deutschland kann auf interessante Erfahrungen in der wirtschaftlichen Entwicklung auf allen Gebieten, wie unter anderem in Industrie, Tourismus und Bildung verweisen. Deswegen suche ich die Aspekte dieser deutschen Erfahrungen zu erkunden, um davon für die Entwicklung im Sultanat Oman zu profitieren.

ARAB FORUM: Was ist das grundsätzliche außenpolitische Konzept Omans, besonders im Hinblick auf seine Nachbarn in der Golfregion?

Ba'Omar:
Oman hat eine klare Außenpolitik, sie beruht auf dem Prinzip des gegenseitigen Respekts zwischen den Staaten, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten und die Lösung der internationalen Konflikte durch Dialog und Verhandlungen. Die omanische Außenpolitik konzentriert sich auf Weisheit, Einsicht, Ruhe und Ausgewogenheit; dies sind Prinzipien und Grundlagen, die aus historischen und kulturellen Realitäten entsprungen sind, die Oman seit alters her kennzeichnen.

Durch diese Politik ist es dem Sultanat Oman gelungen, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen mit allen Ländern der Welt zu entwickeln, insbesondere mit den Nachbarländern, mit denen wir Vereinbarungen über den Grenzverlauf getroffen haben. Danach wandelten sich diese Grenzen zu guten Übergängen, zu Brücken der Zuneigung, der Freundschaft und der Zusammenarbeit mit den Brüdern und Freunden um uns herum.

Oman unterstützt auch das gemeinsame Handeln durch den Golfkooperationsrat, die Arabische Liga, die Vereinigung der Anrainerstaaten des Indischen Ozeans (Oman ist Gründungsmitglied der "Indian Ocean Rim Association for Regional Cooperation", IOR-ARC, Anmerkung der Redaktion), und andere regionale Organisationen, die auf die Entwicklung und Festigung der Beziehungen mit den benachbarten Staaten hinarbeiten.

ARAB FORUM: Seit 2011 ereignen sich in einigen Staaten der arabischen Welt Veränderungen. Inwieweit ist Oman davon direkt oder indirekt betroffen?

Ba'Omar:
Oman ist nicht isoliert vom Weltgeschehen, besonders in den arabischen Ländern. Wir haben klug, schnell und positiv gehandelt, um jugendlichen Omanern die Erreichung ihrer Ziele zu ermöglichen. Die Regierung hat viele Maßnahmen ergriffen, um die Forderung der Jugendlichen nach mehr Bildung und Beschäftigung zu ermöglichen, nach Verbesserung der staatlichen Leistungen sowie nach weiteren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen. Dies ist ein kontinuierlicher Prozess der klugen Politik Seine Majestät Sultan Kabus bin Said, Gott schütze und bewahre ihn.

ARAB FORUM: Am 22. Dezember 2012 fanden erstmals kommunale Wahlen im Oman statt. Was bedeuten sie für Oman und seine Bevölkerung?

Ba'Omar:
Die Wahlen der Kommunalräte am 22. Dezember 2012 sind im Zusammenhang mit der erweiterten Beteiligung der Bürger am öffentlichen Leben zu verstehen und als eine umfassende Anwendung des Shura-Systems auf der Ebene des einzelnen Bürgers zu betrachten. Sie stützen sich auf eine umfassende Rechtsgrundlage: das Dekret des Sultans Nr. 116/ 2011, das Gesetz über die Gemeinderäte vom 26. Oktober 2011 und den Ministerialbeschluss Nr. 15/2012 vom 25. März 2012.

Die Bedeutung dieses Ereignisses liegt darin, dass es das erste seiner Art war, in dem die Mitglieder dieser Räte gewählt worden sind. Sie sind in allen Angelegenheiten auf kommunale Arbeit spezialisiert, sie unterbreiten Ideen und Empfehlungen in allen Fragen der Entwicklung in den Provinzen im Rahmen der Politik des Staates und seines Entwicklungsplans.

Die Wahlen sind auch deshalb von Bedeutung, weil die Gemeinderäte früher durch Ernennung und nicht durch Wahlen berufen worden sind. Der erste omanische Gemeinderat wurde 1939 in Maskat gebildet und 1972 neu formiert. Damals wurden alle seine Mitglieder ernannt. 1973 wurden daraus die sogenannten Räte (Ommahat al Manatiq) Mütter der Regionen, dann änderte sich die Benennung dieser Räte 1986 in "Kommunale Ausschüsse".

Hier zeigt sich der Wert der Steigerung innerhalb der Shura. Nachdem die Mitgliedschaft durch Ernennung auf die Gouvernorate von Maskat und Dhofar begrenzt worden war, entstanden für die Gemeinderäte drei Arten von Mitgliedschaft, nämlich Vertreter der Regierungsbehörden, Gewählte, die ihre regionale Körperschaft repräsentieren, und zwei erfahrene Shura-Mitglieder.

ARAB FORUM: Sind deutsche Geschäftsleute zögerlicher geworden, um im Oman zu investieren, seit in einigen arabischen Ländern der Wandel begonnen hat?

Ba'Omar:
Oman zeichnet sich durch ein Geflecht von Gesetzen und Bestimmungen aus, die einheimische und ausländische Investoren schützen. Dies macht Oman zu einem attraktiven Ort, der alle Investoren anzieht, unter ihnen Deutsche, die für Vorsicht und die Suche nach stabilen Investitionsorten bekannt sind. Omans Merkmale sind politische Stabilität und stetige wirtschaftliche Entwicklung, es ist somit für ausländische Investitionen attraktiv.

Um Ihre Frage zu beantworten: aufgrund des "Arabischen Frühlings" haben wir keine Zurückhaltung deutscher Investoren festgestellt, sondern mehr Ernsthaftigkeit bei der Prüfung der Investitionsmöglichkeiten, und zwar in allen Wirtschaftsbereichen wie erneuerbare Energien, Infrastruktur, Bildung, berufliche Ausbildung und Gesundheit und anderen. Durch fortgesetzte Geschäftsreisen zwischen beiden Ländern ist das Interesse deutscher Unternehmer und Investoren gewachsen, 2012 haben die Geschäftsbesuche in das Sultanat deutlich zugenommen.

Zum Beispiel besuchte im Januar 2012 eine Delegation 70 deutscher Investoren Oman, um Investitionsmöglichkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien zu finden. Ebenfalls im Januar 2012 besuchte der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder mit deutschen Unternehmern und Investoren das Land. Erst kürzlich reiste eine Handelsdelegation aus deutschen Unternehmern nach Maskat und führte Kooperationsgespräche mit Verantwortlichen der Regierung und mit omanischen Geschäftsleuten.

Im allgemeinen möchte ich bekräftigen: diese Besuche von Delegationen deutscher Unternehmer und Investoren bestätigen deren Absicht, von den Chancen zu profitieren, die Oman bietet, weil sie wissen, das Oman politische Stabilität, Sicherheit und kontinuierliches wirtschaftliches Wachstum gewährleistet.

ARAB FORUM: In welchen Branchen sollten beide Länder in den kommenden Jahren zusammenarbeiten, was ist im Oman attraktiv und viel versprechend und was erwartet Oman von Deutschland?

Ba'Omar:
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Sultanat Oman und der Bundesrepublik Deutschland sind durch die Vielfalt ihrer Bereiche geprägt, und zwar seit Beginn der Beziehungen. Sie umfassen alle Branchen, darunter Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, Strom und Wasser, Kommunikation, Erdöl und Gas. Dazu wurde in letzter Zeit die Zusammenarbeit in der petrochemischen Industrie, dem Tourismus, der beruflichen Ausbildung und der Hochschulbildung mit einbezogen.

Diese Wirtschaftszweige sind eindeutig diejenigen, auf die die Modernisierungspolitik der Regierung Seine Majestät des Sultan Kabus bin Said - Gott schütze ihn – abzielt, sei es durch direkte Investitionen des Staates in diese Wirtschaftszweige oder durch Öffnung und Unterstützung der Privatwirtschaft, im Sultanat zu investieren, oder ausländischen Investoren zu ermöglichen, sich an diesen Investitionen allein oder in Partnerschaft mit omanischen Investoren zu beteiligen.

Deswegen erwartet Oman vom deutschen Investoren eine Initiative, die Investitionsmöglichkeiten, die das Sultanat in allen Wirtschaftszweigen bietet, zu ergreifen, besonders dort, wo Deutschland über fortschrittliche Technologien verfügt und internationale Reputation genießt, in der Industrie, bei mittleren und kleinen Unternehmen, bei Sonnen- und Windenergie, ebenso in den Bereichen von Gesundheit, Hochschul- und beruflicher Bildung.

ARAB FORUM: Ein sehr bedeutendes Kooperationsprojekt beider Länder ist die German University GUTech in Maskat. Ermuntert dieses Projekt zu mehr Zusammenarbeit im Bildungssektor?

Ba'Omar:
Ja das ist richtig, die German Universität of Technology in Maskat wurde 2007 gegründet und ist die erste deutsche Hochschule ihrer Art überhaupt in der Golfregion. Sie gilt als Zeichen der Vertiefung der bestehenden politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Oman und Deutschland

Sie ist der beste Beweis für den Wunsch beider Länder, die Intensivierung der Beziehungen auf allen Ebenen voranzutreiben, darunter in der Hochschulbildung, in der die Deutsche Universität dazu beiträgt, die Ausbildung der omanischen Studenten zu verbessern und sie in Fachgebieten zu graduieren, die der omanische Arbeitsmarkt benötigt, wie Stadtplanung, Architektur, Informationstechnik, Geowissenschaften, Regional-Management und Tourismus.

Deswegen finden wir, dass die Deutsche Universität, die vor kurzem ihr neues Gebäude in Maskat eingeweiht hat, dazu beitragen wird, dass mehr Unternehmen in Oman investieren sowie die omanischen Studenten ermuntert werden, ihr Studium in Deutschland zu absolvieren.

Die Zahl der Studenten aus Oman beträgt heute 200, eine Zunahme wird für die Zukunft erwartet, vor allem, dass damit begonnen wird, die deutsche Sprache an einigen öffentlichen Schulen zu unterrichten. Nicht zuletzt ist die Gründung der Deutschen Universität für Technologie in Oman ein wichtiger Schritt für die Zusammenarbeit beider Staaten in der Hochschulbildung.

Wir arbeiten daran, dass diese Zusammenarbeit andere Bereiche einschließen wird, wie zum Beispiel die wissenschaftliche Forschung und die berufliche Ausbildung und Anderes.


Quelle: ARAB FORUM, Ausgabe 01/2013