EU weitet Förderung der Staaten Zentralasiens kontinuierlich aus

Schwerpunkte bilden Hilfen für Rechtsstaat, Bildung, Wirtschaft und Energiesicherheit

 

Die Europäische Union (EU) hat ihre Beziehungen zu den zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan seit 2007 ausgebaut und die finanzielle Unterstützung schrittweise erhöht. Im Rahmen des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit fließen in die Programme für die fünf Länder bis 2013 pro Jahr rund 70 Millionen Euro; weitere rund 30 Millionen Euro gehen zudem jährlich in Projekte für die Gesamtregion.

 

Die übergeordneten Ziele der EU für die Länderförderung in Zentralasien sind die Bekämpfung der Armut, die Unterstützung verantwortungsvoller Staatsführung und wirtschaftlicher Reformen.

 

Um den länderspezifischen Problemen gerecht zu werden, hat die EU mit jedem der fünf Länder gesonderte Schwerpunkte vereinbart. Die Stärkung des Rechtsstaats, der Bildungssysteme sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung fördert Brüssel in mehreren Ländern Zentralasiens. Im Energiebereich führte der politische Dialog der EU mit Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan jeweils zur Unterzeichnung einer Absichtserklärung (Memorandum of Understanding; MoU).

 

In der Entwicklungsstrategie 2007 bis 2013 für Zentralasien legt die EU sieben Kooperationsbereiche fest:

  1. Menschenrechte, Rechtsstaat, gute Regierungsführung und Demokratie,
  2. Jugend und Bildung,
  3. Umwelt und Wasser,
  4. Wirtschaftliche Entwicklung, Handel und Investitionen,
  5. Energie und Verkehrsverbindungen,
  6. Bekämpfung gemeinsamer Gefahren und
  7. Interkultureller Dialog.

 

Brüssel will sich dabei auf drei prioritäre Initiativen konzentrieren: Bildung, Umwelt und Rechtsstaatlichkeit.

 

Länderspezifischer Ansatz Kasachstan

 

Kasachstan ist für die EU der wichtigste Partner in der Region. Die Energiezusammenarbeit mit dem an Öl- und Gasvorkommen reichen Land basiert auf einer gemeinsamen Absichtserklärung von 2006 für die Zusammenarbeit in den Bereichen Energiesicherheit, Industrie und Angleichung von Energievorschriften. 2009 unterzeichnete die EU mit Kasachstan ein MoU über die Kooperation im Verkehrssektor.

 

Für den Zeitraum 2007 bis 2013 plante die Kommission für das Länderprogramm im Rahmen des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit (EZI) Mittel in Höhe von 74 Millionen Euro ein. Mit einem Budgetrahmen von 44 Millionen Euro hatte die EU für 2007 bis 2010 soziale und wirtschaftliche Reformen, den Bereich Wirtschaftsförderung, die Reform des Justizwesens sowie den Sektor Bildung und Gesundheit unterstützt.

 

Für die Förderperiode 2011 bis 2013 plant die EU 30 Millionen Euro einzusetzen. Vorgesehen sind 12 Millionen Euro für soziale und wirtschaftliche Reformen, die Justizreform sowie die regionale Entwicklung und Stärkung lokaler Gebietskörperschaften.

 

Mit dem bisher einzigen Jahresaktionsprogramm zwischen 2007 und 2013, förderte die EU im Jahr 2010 zwei Projekte im Umfang von 25 Millionen Euro: 10 Millionen Euro flossen in die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung Kasachstans; 15 Millionen Euro stellte die EU für die Entwicklung lokaler Gebietskörperschaften bereit. Die Projekte werden mit Hilfe internationaler Dienstleistungsaufträge umgesetzt.

 

Länderspezifischer Ansatz Turkmenistan

 

Mit Turkmenistan hat die EU bereits 2008 eine Absichtserklärung zur Energiezusammenarbeit geschlossen. Diese nährt die europäischen Hoffnungen auf turkmenisches Erdgas für transkaspische Gaspipelines des "Südlichen Korridors".

 

Die EU-Förderung aus dem EZI-Budget für Turkmenistan umfasste von 2007 bis 2010 insgesamt 22 Millionen Euro für Wirtschaftsreformen, ländliche Entwicklung, Kapazitätenaufbau sowie Stärkung der Zivilgesellschaft und Sozialpartner. Im laufenden Indikativen Richtprogramm 2011 bis 2013 soll Turkmenistan 31 Millionen Euro für Projekte in der ländlichen Entwicklung (9 Millionen Euro), im Bildungswesen (14 Millionen Euro) und im Energiesektor (8 Millionen Euro) erhalten.

 

Im Jahr 2010 wurde für Turkmenistan ein Jahresaktionsprogramm über 11,8 Millionen Euro verabschiedet. Es sieht die Unterstützung von Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung im Energie- und Umweltsektor (3 Millionen Euro), der Wirtschaftspolitik (beispielsweise Entwicklung des Privatsektors; 6,5 Millionen Euro) und der Modernisierung des turkmenischen Parlaments (2,3 Millionen Euro) vor.

 

Neben einer Vielzahl von Dienstleistungen und Maßnahmen der Technischen Zusammenarbeit beinhaltet das Programm Lieferausschreibungen (Technologien, Informationsprogramme und Zubehör für Pilot Info Points).

 

Das Jahresaktionsprogramm 2011 (5 Millionen Euro) setzt die Förderung der Verwaltungsreform fort. Hieraus ergeben sich Dienstleistungsausschreibungen im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit (TZ), die zwar für Anfang 2012 beabsichtigt waren, aber Mitte August noch immer ausstanden.

 

Eine Sondermaßnahme bezieht sich auf die Förderung des Europa-Hauses in Turkmenistan (Dienstleistungsausschreibungen 0,8 Millionen Euro für TZ; Training und Öffentlichkeitsarbeit). Ausschreibungen für den Zeitraum bis Juli 2013 sollen veröffentlicht werden.

 

Länderspezifischer Ansatz Kirgisistan

 

Das wirtschaftlich schwache Kirgisistan ist mehr als Kasachstan und Turkmenistan auf EU-Hilfen angewiesen.

 

Geplant waren für die erste Förderperiode (2007 bis 2010) 55 Millionen Euro für Bereiche wie ländliche Infrastruktur, System der sozialen Sicherung, Finanzverwaltung, Bildung, Aufbau demokratischer Institutionen, verantwortungsvolle Regierungsführung sowie Handels- und Wirtschaftsreformen.

 

Die EU-Hilfen für das Richtprogramm 2011 bis 2013 von insgesamt 51 Millionen Euro werden an das Programm für soziale Sicherung und Beschäftigung (19 Millionen Euro) anknüpfen sowie weitere Reformmaßnahmen in den Bereichen Bildung (18 Millionen) und Justiz (14 Millionen Euro) mitfinanzieren. Für diese Periode wurden bislang die Jahresaktionsprogramme 2010 (13 Millionen Euro) und 2011 (17,5 Millionen Euro) verabschiedet.

 

Das Kirgisistan-Aktionsprogramm 2010 ist ein stabilisierendes Unterstützungskonzept für den sozialen Sektor.

 

Beim Jahresaktionsprogramm 2011 will die EU ab 2012 mit 13 Millionen Euro die Hilfen auf die soziale Sicherung und die öffentliche Verwaltung fokussieren. Ungefähr 750.000 Euro betreffen dabei Auftragsmöglichkeiten bei TZ-Ausschreibungen. Mit 4,5 Millionen Euro sollen Erwerbsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten geschaffen werden. Auch diesbezüglich werden für Dienstleistungen und TZ-Maßnahmen Ausschreibungen durchgeführt.

 

Länderspezifischer Ansatz Tadschikistan

 

Das ebenfalls arme Tadschikistan erhält im Zeitraum 2007 bis 2013 mit 128 Millionen Euro die höchste EU-Förderung innerhalb der Region Zentralasien.

 

Im Richtprogramm 2007 bis 2010 waren Projekte in Höhe von 66 Millionen Euro für die Bereiche ländliche Entwicklung und Landwirtschaft sowie verantwortungsvolle Regierungsführung und öffentliches Finanzmanagement konzipiert worden.

 

Auch nach dem Richtprogramm für 2011 bis 2013 wird Tadschikistan mit geplanten 62 Millionen Euro regional die meisten EU-Fördermittel bekommen. Die Unterstützung konzentriert sich auf die Bereiche soziale Sicherung und Beschäftigung (20 Millionen Euro), Gesundheit (20 Millionen Euro), die Entwicklung des Privatsektors (16 Millionen Euro) und die öffentliche Finanzverwaltung (6 Millionen Euro).

 

Im Jahresaktionsprogramm für 2010 hatte die EU knapp 28,6 Millionen Euro für die Entwicklung des Sozialsektors eingesetzt. Die Hilfe im Aktionsprogramm des EZI für 2011 in Höhe von 16 Millionen hat schwerpunktmäßig die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in der tadschikischen Agroindustrie zum Ziel gehabt.

 

Länderspezifischer Ansatz Usbekistan

 

Anfang 2011 hat die EU mit Usbekistan ein MoU über die Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft unterzeichnet.

 

Die EU-Hilfen für das in der Region bevölkerungsreichste Land sollen im EZI-Budget von 2007 bis 2013 insgesamt 75 Millionen Euro betragen. In der ersten Förderperiode bis 2010 kamen den Planungen zufolge 33 Millionen Euro der Entwicklung von Zivilgesellschaft, von Sozialpartnerschaften, und des Rechtsstaats sowie der ländlichen Entwicklung zugute. Für die zweite Phase, 2011 bis 2013, sind verschiedene Projekte unter den Stichworten ländliche Entwicklung (17 Millionen Euro), Rechtsstaat (15 Millionen Euro) sowie Handel und Förderung Kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMU) (10 Millionen Euro) vorgesehen.

 

Verabschiedet wurden bisher die EZI-Jahresaktionsprogramme 2010 (13,4 Millionen Euro) und 2011 (10 Millionen Euro). Aus der Finanzierung 2010 wurden 3 Millionen Euro für Fortbildungsmaßnahmen bei KMU verwendet, 3,7 Millionen Euro für Schulausbildung und 6,7 Millionen Euro für die Phase II eines Gesundheitsversorgungsprojektes Mutter und Kind. Die Mittel für 2011 wurden überwiegend für die Armutsbekämpfung (Programme der ländlichen und kommunalen Entwicklung) eingesetzt.

 

Regionaler Ansatz

 

Die Zentralasien-Strategie der EU stellt vorrangig auf die Verbesserung der politischen Beziehungen und die Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung ab.

 

Eine besondere Rolle nimmt dabei der Energiesektor ein. Gegenwärtig stellt Brüssel jährlich mehr als 100 Millionen Euro zur Unterstützung der fünf Staaten der Region bereit. Über das EZI hat sie für den Zeitraum 2007 bis 2013 insgesamt 719 Millionen Euro für regionale und länderspezifische Programme budgetiert. Dabei wächst die Förderung stetig: Flossen 2007 erst 58 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt nach Zentralasien, so sollen es 2013 bereits 139 Millionen Euro sein.

 

Das Strategiepapier 2007 bis 2013 legt drei Prioritätsbereiche für das Engagement fest: Förderung der regionalen Kooperation und guter nachbarschaftlicher Beziehungen, Armutsbekämpfung und höherer Lebensstandard sowie verantwortungsvolle Regierungsführung und Wirtschaftsreformen.

 

Während zwei Drittel der EZI-Mittel den fünf Ländern jeweils einzeln zugutekommen, vergibt Brüssel das restliche Drittel für Zentralasien insgesamt. Auf diese Weise sollen wichtige Herausforderungen der gesamten Region gemeinsam angegangen werden: Energie, Verkehr und KMU, Umwelt (darunter vor allem der Sektor Wasser), Grenzschutz, Migration und Bekämpfung organisierter Kriminalität.

 

Das regionale EZI-Richtprogramm von 2007 bis 2010 sah hierfür 136 Millionen Euro vor; in der Periode 2011 bis 2013 werden die Zuweisungen 105 Millionen Euro betragen.

 

Bereits verabschiedet hat die Kommission die regionalen Jahresaktionsprogramme 2010 (Teil 2) und 2011 (Teil 1) mit einem Volumen von 40 Millionen Euro.

 

Beträchtliche Unterstützung erhält Zentralasien im Bildungsbereich durch Erasmus Mundus II (Studentenstipendien und akademische Zusammenarbeit) sowie für das Tempus IV-Programm zur Modernisierung und Zusammenarbeit von Hochschulen.

 

Die Finanzierungszusagen beziehen sich auf jeweils 20 Millionen Euro im Budget 2010 und 2011. Die Ausschreibungen erfolgen zumeist ein bis zwei Jahre später. In Teil 3 des Regionalprogramms 2010 für Zentralasien plante die EU ferner, je 2 Millionen Euro der Central Asian Education Platform und der EU-Central Asia Rule of Law Platform zuzuweisen. Im Aktionsprogramm 2012 (Teil 1) der Regionalstrategie beschloss die EU, mit 28 Millionen Euro die Projekte Erasmus Mundus II (13 Millionen Euro) sowie Tempus IV Zentralasien (15 Millionen Euro) zu fördern.

 

Für die Wirtschafts- und Investitionsförderung in Zentralasien hat die EU zwei spezielle Programme geschaffen, um zu mehr Wachstum und zur Bereitstellung von Beschäftigungsmöglichkeiten beizutragen.

 

Central Asia Invest dient der Entwicklung des Privatsektors und fördert KMU indirekt, indem es Unternehmens- und Wirtschaftsverbände in Zentralasien sowie eine bessere Kooperation zwischen zentralasiatischen und europäischen Verbänden unterstützt. Von 2007 bis 2013 stellt Central Asia Invest insgesamt 8,4 Millionen Euro zur Verfügung.

 

Zudem verfolgt die 2010 eingerichtete Investment Facility for Central Asia (IFCA) das Ziel, Infrastrukturinvestitionen im Energie- und Umweltbereich wie auch im Verkehrssektor und Investitionen in der KMU-Entwicklung anzukurbeln. Die EZI-Regionalbudgets 2011 und 2012 sehen 20 Millionen und 25 Millionen Euro vor, um die Realisierung von Projekten der europäischen (EIB, EBWE) und nationalen Entwicklungsbanken (beispielsweise KfW) zu erleichtern. Die finanzielle Förderung erfolgt durch die Ko-Finanzierung von Projekten, Darlehensgarantien, Zinszuschüsse, Risikokapital und technische Hilfe. Die IFCA hat vorerst eine Laufzeit bis 2013.

 

Zentralasien ist reich an Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas, weshalb auch Energie ein Kernbereich der Regionalförderung der EU ist. Als Bestandteil des 2009 beschlossenen Programms zur Förderung Erneuerbarer Energien und effizienter Energienutzung gab es zwei Dienstleistungsausschreibungen über insgesamt 6 Millionen Euro, um entsprechende politische Maßnahmen und institutionelle Bedingungen in den zentralasiatischen Republiken zu entwickeln. Die sogenannte Baku-Initiative steckt den politischen Rahmen im Bereich Energie ab, innerhalb dessen die EU mit den Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres, des Kaspischen Meeres sowie mit Zentralasien kooperiert. Das EU-Programm Interstate Oil and Gas Transport to Europe (INOGATE) unterstützt die Baku-Initiative durch technische Hilfe; seine Finanzierung erfolgt durch das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsprogramm (ENPI).

 

Schließlich erhält Zentralasien auch Unterstützung auf dem Weg thematischer Programme der EU. Eine wichtige Rolle spielen in der Region hierbei neben dem Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und dem Programm Investing in People auch das Instrument für Umweltschutz und nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen einschließlich Energie sowie das Programm für Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden im Entwicklungsprozess (Unterstützung der Zivilgesellschaft in der Region sowie in Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan).

 

Renommierte europäische Think Tanks wie die beiden in Brüssel ansässigen FRIDE oder Centre for European Policy Studies (CEPS) unterziehen die EU-Strategie gegenüber Zentralasien regelmäßig einer kritischen Analyse.

 

Die Bewertung des im Februar 2010 veröffentlichten Berichtes "Into EurAsia: Monitoring the EU's Central Asia Strategy" empfahl eine Konzentration auf weniger Schwerpunkte, wie beispielsweise Bildungsprogramme. Kernpunkte dieser Kritik gelten unverändert.

 

Ein Policy Briefing der Institute vom Mai 2012 kam zu dem Ergebnis, dass die neue EU-Strategie für Zentralasien auch 2012 noch nicht zum gewünschten Erfolg im Bereich Demokratie geführt habe. Betont wurde dabei die Notwendigkeit, Rechtsreformen, die Entwicklung lokaler Regierungen und der Zivilgesellschaft zu stärken. Gezielte Unterstützung von Demokratie, Menschenrechten und der gegenseitige Austausch sei der richtige Weg.

 

Experten von FRIDE empfehlen ferner, die Strategien für Zentralasien besser mit bestehenden EU-Finanzierungsinstrumenten sowie anderen Gebern abzustimmen.

 

Der EU-Ansatz in Zentralasien erfolge im Vergleich zum Engagement der Volksrepublik China oder Russlands weniger direkt und substanziell; er unterscheide sich andererseits durch das Einfordern von demokratischen Werten und Menschenrechten. Dieser Sachverhalt gilt sowohl als Schwäche als auch als Stärke bei den Entwicklungsstrategien der EU in Zentralasien.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, 15.08.2012