Indonesiens Bildungssektor bleibt Wachstumsbremse

Indonesiens Bildungssektor weist trotz gewisser Fortschritte in den letzten Jahren ein erhebliches Defizit auf. Die Effizienz des Bildungssystems ist allgemein niedrig, der Reformbedarf groß.

 

Indonesien hat in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung einen hohen Nachholbedarf. Es besteht Mangel an wissenschaftlichem Personal und gut ausgebildeten Ingenieuren.

 

Die in der Vergangenheit vernachlässigten Sektoren sollen nach den Plänen der Regierung verstärkt gefördert werden. Seit 2009 wurden die staatlichen Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen kräftig angehoben und die Zahl der Lehrer stark erhöht. Dennoch bleibt die Qualität der Ausbildung niedrig.

 

Einen wichtigen Durchbruch verzeichnete das Land im Jahr 2009, als das bereits 2002 durch eine Verfassungsänderung eingeführte Gebot, mindestens 20 Prozent der Staatsausgaben für das Bildungswesen bereitzustellen, mit Dekret Nummer 86/2009 des Finanzministeriums erstmals umgesetzt wurde.

 

Etwa die Hälfte des gesamten staatlichen Bildungsetats betrifft Gehaltszahlungen. Dieser relativ hohe Anteil ist nach Angaben der Weltbank in erster Linie auf die niedrige Schüler/Lehrer-Rate zurückzuführen. Diese ist wiederum mit den umfangreichen Transferleistungen an lokale Verwaltungen zu erklären. Das durchschnittliche Schüler/Lehrer-Verhältnis beträgt nach Angaben der Weltbank im Grundschulbereich (Elementary School) 20:1 und in der allgemeinbildenden Sekundarstufe (Secondary School) gar 12:1, die niedrigste Rate in Ostasien. Diese Entwicklung hatte bislang keine positiven Auswirkungen auf die Unterrichtsqualität.

 

Der größte Fortschritt nach der Anhebung der Budgetausgaben 2009 wurde in der vorschulischen Erziehung erreicht. Mittlerweile kommt etwa die Hälfte der Drei- bis Fünfjährigen in den Genuss vorschulischer Erziehungsprogramme. Zuvor betrug diese Rate nur 25 Prozent. Von den erhöhten Bildungsaufwendungen profitierten vor allem die ärmeren Bevölkerungsgruppen sowie Schüler in ländlichen Regionen. Allerdings sehen Experten weiteren Bedarf an Verbesserungen.

 

Trotz der besseren Teilnahme am Erziehungs- und Bildungsangebot für große Teile der Bevölkerung bleibt die Qualität des Bildungswesens niedrig. Die Leistungen indonesischer Schüler sind im Vergleich zu Schülern aus vergleichbaren Ländern eher schwach.

 

Im PISA-Test (Programme for International Student Assessment) der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) schnitten die Schüler aus Indonesien 2009 ausgesprochen schlecht ab. Auf einer Bewertungsskala von 1 (niedrigste Leistungsstufe) und 6 (höchste Stufe) erreichte die Hälfte der getesteten 15jährigen noch nicht einmal das Niveau der Stufe 1. Keiner der Schüler konnte die in den Stufen 5 oder 6 geforderten Leistungen erbringen, vor allem kreative Problemlösungen und komplexe Erklärungen.

 

Auch die berufliche Bildung ist von einer niedrigen Qualität gekennzeichnet. Fachleute bemängeln die fehlende Ausrichtung des Bildungssystems an die praktischen Bedürfnisse der Wirtschaft.

 

Die Ausstattung der Schulen und die Ausbildung des Lehrpersonals sind unzureichend, die Lehrpläne veraltet. Die Regierung versucht, mit gezielten Maßnahmen Verbesserungen herbeizuführen. Der Bedarf ausländischer Investoren an Fachkräften wird in den meisten Fällen durch individuelle Ansätze gelöst.

 

Ein duales Ausbildungssystem nach deutschem Vorbild, in dem Theorie und Praxis miteinander verbunden werden, hat in Indonesien wegen des geringen Anteils der formalen Wirtschaft am gesamtwirtschaftlichen Geschehen wenig Aussicht auf Erfolg. Es bestehen auf der Seite der Industrie zu wenige Partner, die eine gezielte Integration der Praxis in schulische Lehrprogramme erlauben würden.

 

Nach einer aus sechs Jahren Grundschule (Elementary School) und drei Jahren Mittelschule (Junior Secondary School) bestehenden neunjährigen Grundausbildung (Schulpflicht) haben indonesische Schüler die Wahl zwischen der höheren allgemeinbildenden Sekundarstufe/Sekundarschule (SMA = Sekolah Menengah Atas) mit der Möglichkeit des Abiturs und der polytechnischen Sekundarschule beziehungsweise (höheren) Sekundarschule mit beruflicher Ausrichtung (SMK = Sekolah Menengah Kejuruan).

 

Absolventen sowohl der SMA wie auch SMK können sich an Hochschulen/Universitäten weiterbilden lassen, um bestimmte akademische Grade zu erhalten. Zurzeit beginnen etwa 40 Prozent eines Jahrgangs nach Beendigung der neunjährigen Schulpflicht mit der beruflichen Bildung im SMK-Bereich, wo neben den allgemeinbildenden Fächern schulbasierte berufliche Bildung in 121 verschiedenen Tätigkeitsfeldern angeboten wird. Die Regierung will den Anteil der SMK an der mittleren Ausbildung zu Lasten der Gymnasien stark auf bis zu 60 Prozent in 2014 anheben.

 

Bis zum genannten Jahr sollen alle SMK praktische Fortbildung in sogenannten Teaching Industries (betriebsähnliche Produktionsaktivitäten) ermöglichen. Die Idee ist, dass in Ermangelung von genügend Praktikumsplätzen in der Wirtschaft Produktionsaktivitäten in Partnerschaft mit der Industrie in die Schule geholt werden.

 

Das Prüfungswesen und die Zertifizierung sollen verbessert werden. Die derzeitige berufliche Ausbildung in den SMK lässt nach Angaben von Fachleuten und Wirtschaftsvertretern zu wünschen übrig. Lehrpläne und Unterricht seien wenig praxisbezogen. Da viele Schüler die Berufsschule als Durchgangsstation für ein späteres Universitätsstudium betrachten und der Ausbildungsstand der Berufsschullehrer zu schwach ist, bleiben praktische Aspekte der Berufsvorbereitung weitgehend auf der Strecke.

 

Um die unbefriedigende Situation im Berufsbildungswesen zu verbessern, wollen die indonesische Industrie- und Handelskammer (KADIN) sowie einzelne Fachverbände der Industrie ihre Aktivitäten erhöhen.

 

Für KADIN ist die Entwicklung des Humankapitals inzwischen eines ihrer Schwerpunktthemen. Sie hat unter anderem die Notwendigkeit eines leistungsstarken Berufszertifizierungssystems zur langfristigen Kompetenzverbesserung der Arbeitskräfte erkannt und treibt die Verbreitung des Systems voran.

 

Die Förderung der beruflichen Bildung ist auch Bestandteil der Wirtschaftlichen Zusammenarbeit (WZ) zwischen Indonesien und Deutschland. Die KfW-Entwicklungsbank stellt im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit (FZ) für die Förderung von 22 Berufsbildungseinrichtungen, darunter 16 SMK, 20 Millionen Euro bereit. Diese Mittel werden für Ausstattung, erste Inbetriebnahme und Instandhaltungsarbeiten zur Verfügung stehen.

 

Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt die Regierung im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit (TZ) bei qualitativen Verbesserungen im beruflichen Bildungssystem.

 

Dabei geht es unter anderem um Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Industrie, zur Formulierung von Schulentwicklungsplänen, zur Verbesserung des Qualitätsmanagements und des regulatorischen Rahmens. Außerdem werden umfangreiche Programme zur Qualifizierung von Lehr- und Schulmanagementpersonal sowohl in Deutschland als auch in Indonesien umgesetzt.

 

Seit 2010 stehen überdies Mittel zur Verbesserung von Arbeitsmarktinformationen und zur Etablierung eines anerkannten Systems der Prüfung und Zertifizierung zur Verfügung.

 

Die staatlichen Ausgaben für Wissenschaft und Forschung sind gering. Im Haushaltsjahr 2010 stellte Jakarta für diesen Bereich 1,9 Billionen Indonesische Rupiah (rund 160 Millionen Euro; 1 Euro = 11.900 Rupiah) bereit, weniger als 1 Prozent der gesamten Haushaltsansätze.

 

Die indonesischen Institutionen für höhere Bildung gliedern sich in Akademien, Polytechnika, Institute und Universitäten. Bildungsinstitutionen wie die staatlichen Hochschulen werden vom Bildungsministerium, aber auch von anderen Fachministerien verwaltet.

 

Nach dem Bericht des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) vom März 2012 existieren in Indonesien insgesamt 2.975 Hochschulen, davon 83 staatliche und 2.892 private Einrichtungen. 231 Hochschulen bieten demnach Masterstudiengänge (48 staatlich, 183 privat) und 40 Hochschulen Promotionsstudiengänge (26 staatlich, 14 privat) an. Im Studienjahr 2008/09 gab es 4,2 Millionen eingeschriebene Studenten (Undergraduates), davon 2,5 Millionen an privaten und 1,7 Millionen an staatlichen Hochschulen.

 

Mit werbenden Informationsveranstaltungen in wichtigen Hochschuleinrichtungen und Wissenschaftszentren bemüht sich der DAAD, den indonesischen Bildungsmarkt zu erschließen und die Zahl der indonesischen Studenten in Deutschland zu erhöhen.

 

Im Jahr 2009/10 studierten rund 2.400 Indonesier an deutschen Hochschulen und Universitäten. Damit stand Deutschland als Studienland für Indonesier an erster Stelle in Europa und weltweit auf Platz 4. Derzeit besteht ein Netzwerk von 71 Hochschulkooperationen zwischen Deutschland und Indonesien.

 

Im Rahmen von Sonderprogrammen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in den Bereichen Biotechnologie, Meereswissenschaft und Umwelttechnik wurden in den zurückliegenden Jahren viele Indonesier in Deutschland ausgebildet.

 

Die Basis der Zusammenarbeit des BMBF mit dem indonesischen Forschungsministerium (RISTEK) sowie dem Ministerium für Fischerei und Meeresangelegenheiten (BRKP) ist ein 2001 entwickelter Aktionsplan. Unter dem Dach von "Science for the Protection of Indonesian Coastal Marine Ecosystems" (SPICE) wurden Projekte in den Bereichen Meeresforschung und Geowissenschaften mit wissenschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten des Schutzes der Küstengewässer und deren nachhaltiger Nutzung gefördert.

 

Die 13. Asien-Pazifik Konferenz der Deutschen Wirtschaft (APK) wird vom 1. bis 3. November 2012 in Gurgaon, Neu Delhi, stattfinden. Die APK, die seit 1986 alle zwei Jahre in Asien veranstaltet wird, hat sich inzwischen als bedeutendstes Netzwerktreffen in der Region etabliert. Mehr als 700 Entscheidungsträger aus Unternehmen, Verbänden und Bundesministerien nahmen an der letzten APK in Singapur 2010 teil.

 

Die Organisation vor Ort liegt bei der Auslandshandelskammer Indien (Indo-German Chamber of Commerce, IGCC), bei der weitere Informationen erhältlich sind. Organisiert wird die APK von den Auslandshandelskammern (AHKs) in der Region Asien-Pazifik, dem Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) - mit seinen Trägerverbänden Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Deutscher Industrie-und Handelskammertag e. V. (DIHK), German Asia-Pacific Business Association (OAV), Bundesverband des deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) und Bankenverband - und dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi).


Quelle: Germany Trade & Invest, 07.05.2012