Automatisierung in der türkischen Industrie steht erst am Anfang

Für verschiedene Industriesparten hat sich die Türkei in den vergangenen Jahren zu einem ernstzunehmenden Standort entwickelt. Einer der begrenzenden Faktoren in der Automatisierung ist jedoch die noch zu geringe Qualifizierung der Arbeitskräfte zur Bedienung und Wartung komplexer Systeme.

 

Bisher nur in einem Viertel der Fabriken eingesetzt

 

Für verschiedene Industriesparten hat sich die Türkei in den vergangenen Jahren zu einem ernstzunehmenden Standort entwickelt. Dabei ist der Anteil der von Hand ausgeführten Tätigkeiten oft noch deutlich höher als in westeuropäischen Ländern. Aber es wird nachgerüstet.

 

Vor der Krise 2009 verzeichnete der Bereich Industrieautomatisierung Wachstumsraten von 15 bis 20 Prozent jährlich, 2010 waren es in der Erholungsphase immerhin schon wieder 10 Prozent bei einem Umsatz von rund 1,2 Millarden US-Dollar.

 

Viel zu wenig, wie der Vorsitzende des Fachverbandes der türkischen Automatisierungs-Branche ENOSAD (Endüstriyel Otomasyon Sanayicileri Dernegi), Sedat Sami Ömeroglu, feststellt. Das Potenzial für Investition in dem Bereich erreicht nach seiner Einschätzung durchaus 4 Millarden US-Dollar im Jahr.

 

Bisher nutzen lediglich etwa 25 Prozent der Industriebetriebe der Türkei Automatisierungstechnik in irgendeiner Form. Mit einem Jahresumsatz von 1,2 Millarden US-Dollar ist das Land im Weltmaßstab daher trotz wachsender Industrieproduktion ein relativ kleiner Markt für die Sparte.

 

Gut zwei Drittel, circa 800 Millionen US-Dollar, von diesem Volumen werden von Herstellern aus dem Ausland geliefert. Deutschland als wichtigster Maschinenlieferant der Türkei hat daran einen erheblichen Anteil. Der Preis spielt bei den Beschaffungen der Produktionsunternehmen jedoch eine große Rolle.

 

Hindernisse in der Entwicklung der Automatisierungstechnik

 

Ömeroglu stellt als ein wesentliches Hindernis für Investitionen in Automatisierungstechnik das zu niedrige Ausgabenniveau in die Ausstattung bei vielen Betrieben fest. Dahinter ständen einerseits zu geringe Kenntnisse über die Möglichkeiten der Automatisierung, andererseits aber auch Finanzierungsprobleme.

 

Ein weiterer begrenzender Faktor ist die in vielen Fällen noch zu geringe Qualifizierung der Arbeitskräfte zur Bedienung und Wartung komplexerer Systeme.

 

So sind etwa die Kenntnisse linearer Antriebssysteme in der Türkei noch sehr gering, wie der lokale Verkaufsleiter der Firma Linak, Volkan Daylan, in einem Interview mit der Fachzeitschrift Makina Magazin feststellte.

 

Andererseits sind zentrale Elemente der Automatisierungstechnik so anspruchsvoll, dass ohnehin nur wenige Unternehmen weltweit über das nötige Know-how verfügen.

 

Aslan Sanir, Koordinator des Maschinenbauverbandes der Türkei (Makina Imalatcilari Birligi, MIB), führt an, dass auch andere durchaus entwickelte Industrienationen elektronische Steuerprogramme importieren müssen, die Spezialisten wie Siemens oder Fanuc liefern. Wegen des hohen Entwicklungstempos sei der Einstieg in diesem Bereich nur schwer möglich.

 

Wettbewerber im türkischen Automatisierungsmarkt

 

Wichtige Wettbewerber für deutsche Unternehmen auf dem türkischen Automatisierungsmarkt kommen sowohl aus Europa als auch aus Asien. So werden Bearbeitungszentren vor allem aus Taiwan (42,1 Prozent) und Japan (27,5 Prozent) bezogen, Deutschland folgt auf Rang Drei mit einem Importanteil 2011 von 10,0 Prozent, gefolgt von Italien und Südkorea.

 

Bei Industrierobotern steht die Schweiz mit 23,5 Prozent an erster Stelle der Lieferanten. Es folgen Japan (18,8 Prozent) und Südkorea (12,2 Prozent  vor Deutschland, das in dieser Warengruppe den vierten Platz einnimmt.

 

Bei elektrischen Schalttafeln belegt Deutschland mit einem Importanteil von 17,5 Prozent den ersten Platz, musste in den letzten Jahren allerdings Marktanteile abgeben. Wichtigster Verfolger ist derzeit Spanien, das 2011 knapp 11 Prozent der Einfuhren stellte vor der Volksrepublik China mit fast 10 Prozent.

 

Zu bedenken ist bei den Außenhandelszahlen natürlich, dass Unternehmen wie Siemens, Bosch Rexroth und Festo längst mit eigenen Werken in der Türkei präsent sind, die Verbreitung deutscher Technologie also über den Importanteil hinausgeht.

 

Die ersten Schritte in Richtung Industrieautomatisierung wurden in der Türkei in den 1980er Jahren gemacht. Richtigen Schwung gewann die Branche aber erst mit der zunehmenden Exportorientierung in Produktionsbereichen wie der Kraftfahrzeug- oder der Elektroindustrie im vergangenen Jahrzehnt.

 

Für 2012 erwarten Branchenvertreter keinen Einbruch wie 2009. Fortgesetzte Investitionen in die Modernisierung der Industrie lassen die Aussichten im Bereich Automatisierung eher günstig erscheinen, so dass auch im laufenden Jahr mit Wachstum gerechnet wird.


Quelle: Germany Trade & Invest, gtai.de, 26.01.2012