"Silver Business" in Japan

Der demografische Wandel wird Japan verändern. Eine Serie im Internetportal "Japanmarkt" beleuchtete die Entwicklungen im Arbeitsmarkt und die damit verbundenen Auswirkungen auf Unternehmen.


Chancen im Wachstumsmarkt Alter
Teil 1

Der demographische Wandel verändert Japan. Schon jetzt ist jeder fünfte Japaner über 65, in wenigen Jahren wird jeder zweite zur Generation 50plus gehören. Unternehmen müssen daher mit dramatischen Veränderungen rechnen.

Unter den alternden Gesellschaften sticht Japan ganz besonders hervor. Keine Gesellschaft ist in den letzten Jahren so schnell gealtert, in keinem anderen Land haben die Menschen eine so hohe Lebenserwartung. Nirgendwo sonst ist der Anteil der älteren Menschen an der Bevölkerung höher.

Während die Gesamtbevölkerung aufgrund extrem geringer Geburtenraten beginnt zu schrumpfen, ist das Seniorensegment ein echter Wachstumsmarkt. Schon jetzt leben in Japan fast 30 Millionen Menschen im Alter über 65, schon 2015 wird jeder vierte ueber 60 sein. Im Jahr 2009 waren Schätzungen zufolge bereits 43 Prozent aller Japaner über 50 Jahre alt. Bis 2025 dürfte dieser Anteil auf mehr als die Hälfte anwachsen.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass einem schrumpfenden Jugendsegment eine stark wachsende Gruppe an Senioren gegenübersteht. In der Zukunft werden ältere Menschen - und von denen insbesondere die über 65-Jährigen - die wichtigste Konsumgruppe sein. Unternehmen müssen sich neben einer alternden Kundschaft auch auf ältere Belegschaften einstellen, beide mit anderen Bedürfnissen als die der bisher im Fokus stehenden jüngeren Generationen.

Zwar stehen in Zeiten einer globalen Wirtschafts- und Finanzkrise in vielen Unternehmen andere Themen im Vordergrund. Langfristig aber müssen sich in Japan aktive deutsche Unternehmen der "Herausforderung Demographie" stellen, wenn sie auch in Zukunft in Japan erfolgreich sein wollen.

Gleichzeitig bietet ein Engagement in einem so rasch alternden Markt wie Japan die Chance, frühzeitig von Erfolgsbeispielen und Lösungsansätzen zu lernen und diese auf den Weltmarkt zu übertragen. Der demographische Wandel ist ein globaler Megatrend, der mit Ausnahme der USA alle großen Industrieländer betrifft. Mit zeitlicher Verzögerung wird die Alterswelle zudem auch auf viele Schwellenländer zurollen.

Senioren bringen Kaufkraft mit
Teil 2

Japan wird immer älter, nur wenige Kinder rücken nach. Schon jetzt ist jeder fünfte Japaner über 65. Um dem schrumpfenden Jugendsegment zu begegnen, sollten sich Unternehmen schon jetzt auf den wachsenden Silbermarkt einstellen. In Teil 2 unserer Serie zum demographischen Wandel zeigen wir, welch immense Kaufkraft Japans Senioren haben.

Momentan stehen die Baby-Boomer (Jahrgänge 1947 bis 1952) als wichtigste Gruppe der älteren Konsumenten im Mittelpunkt der Geschäftsaufmerksamkeit. Die Baby-Boomer-Generation in Japan galt schon immer als enorm aktive und tatkräftige sowie auch konsumorientierte Bevölkerungsgruppe. Diese Verbraucherschicht bringt zudem eine ausgeprägte Neugier für technische Neuerungen und eine entsprechende Kaufbereitschaft mit.

Mit der Pensionierung kommt dann noch die neu gewonnene freie Zeit hinzu. Dies macht diese kaufkräftige und konsumwillige Generation als potenzielle Zielgruppe im Silbermarkt für Unternehmen besonders interessant. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Senioren ihr akkumuliertes Einkommen und Vermögen eher ausgeben, anstatt es zu sparen.

Japanische Privathaushalte mit Haushaltsvorständen über 50 Jahren geben pro Kopf erheblich mehr Geld für den Konsum aus als die Altersgruppen von 30 bis 49 Jahren. Vielen von Japans Senioren geht es finanziell so gut, dass man sie als rōjin kizoku, "alter Adel", bezeichnet.

Über welch immense Kaufkraft die Senioren verfügen, macht auch ein Blick auf das Finanzvermögen deutlich: so besitzen japanische Haushalte mit Haushaltsvorstaenden ueber 60 Jahren ein durchschnittliches Vermörgen von mehr als 24 Milllionen Yen oder umgerechnet etwa 200.000 Euro. Die Senioren bilden damit die Spitzengruppe aller Altersgruppen.

Pro Person heruntergebrochen ergibt sich für die Generation der über 70-jährigen Japaner ein Vermögen von mehr als 10 Millionen Yen, dicht gefolgt von den 60- bis 69-Jährigen mit 9,2 Millionen Yen. Außerdem haben sie in der Regel kaum Schulden und leben meist in einer eigenen Immobilie.

Japan gehen die Arbeiter aus
Teil 3

Nirgendwo sonst altert die Gesellschaft so schnell wie in Japan. Dies beeinflusst nicht nur Absatz und Konsum. Firmen müssen sich darauf einstellen, dass sich auch der Kampf um die Talente verschärfen wird, denn immer wenige junge Absolventen rücken nach.

Japan steht vor einer Arbeitsmarktkrise, davon geht der Großteil der deutschen Firmen in Japan aus. Dabei geht es nicht um eine steigende Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil - schon bald wird es zu wenige Arbeitsuchende auf dem Arbeitsmarkt geben. Schon jetzt tun sich viele ausländische Unternehmen schwer, die richtigen Kandidaten für ihre Firma zu gewinnen.

Das Problem wird sich in Zukunft verschärfen, denn seit 2005 schrumpft Japans Bevölkerung und damit auch seine Erwerbsbevölkerung. Sollten keine Maßnahmen ergriffen werden, um die Beteiligung von Senioren oder Frauen am Erwerbsleben zu erhöhen, wird die arbeitende Bevölkerung stark abnehmen. Prognosen zufolge wird die Erwerbsbevölkerung von 66,57 Millionen im Jahr 2006 auf 42,28 Millionen Personen im Jahr 2050 sinken. Schon bis zum Jahr 2030 wird ein Rückgang um mehr als zehn Millionen Erwerbspersonen befürchtet.

Unternehmen müssen also damit rechnen, dass der Arbeitskräftepool junger Japaner in den nächsten Jahren deutlich abnehmen wird. Als Lösung bieten sich für die Unternehmen zwei Alternativen an: Mehr Frauen einzustellen oder ältere Mitarbeiter länger arbeiten zu lassen.

Um die Beteiligung der Senioren auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, hat Japan 2005 ein neues "Gesetz zur Stabilisierung der Beschäftigung älterer Personen" in Kraft gesetzt. Firmen mit einem internen Ruhestandsalter von weniger als 65 Jahren sind demnach aufgefordert, entweder die interne betriebliche Altersgrenze zu erhöhen, ein Weiterbeschäftigungssystem einzuführen oder die Altersgrenze ganz abzuschaffen. Die meisten japanischen Unternehmen haben das Gesetz umgesetzt.

Bis 2013 soll sich die Altersgrenze für alle Unternehmen auf 65 Jahre erhöhen, viele beschäftigen ihre Angestellten auf Wunsch aber schon über das 65-jährige Lebensjahr hinaus. Oft arbeiten altgediente Mitarbeiter nach ihrem offiziellen Ausscheiden auf weniger verantwortungsvollen Posten und zu erheblich schlechteren Konditionen weiter. Ehemalige Manager werden nicht selten mit Beraterverträgen weiter beschäftigt.


Mehr zum Thema finden Sie in "Silver Business in Japan: Auswirkungen des demographischen Wandels auf Personalpolitik und Marketing", einer Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan (DIHKJ) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokyo und dem Institut für Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH).

Quelle: Japanmarkt online, Artikelserie zur Demografie in Japan, 2010