"Sämtliche MEP-Projekte sind offen für die Bildungswirtschaft"

Interview mit Martina Kollberg, Referat "Spezielle Fragen der Fachkräftesicherung Inland, Ausbildungsallianz", Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), über Praxis und Perspektiven des Markterschließungsprogramms (MEP) aus xPORT, Ausgabe 2/2022

im Wind wehende verschiedene Nationalflaggen
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iMOVE: Aus welchem Anlass bzw. mit welchen Absichten hat das Bundeswirtschaftsministerium das Markterschließungsprogramm ins Leben gerufen?

Martina Kollberg: Mit dem "Markterschließungsprogramm für KMU" (MEP) unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) seit nunmehr zehn Jahren insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Erschließung neuer, ausländischer Märkte. Das Programm wurde seinerzeit aufgesetzt, um die Exportförderprogramme des Bundeswirtschaftsministeriums zu bündeln und zu standardisieren.

Seither leistet das MEP einen wichtigen Beitrag, damit deutsche Unternehmen erfolgreich im Außenhandel tätig sein können. Die teilnehmenden Unternehmen erhalten durch die Projekte Marktinformationen aus erster Hand, sie können fremde Märkte sondieren, Auslandskontakte knüpfen und potenzielle Geschäftspartner vor Ort treffen.

iMOVE: Wie hat sich das Programm im Laufe der Jahre entwickelt?

Martina Kollberg: Wir feiern dieses Jahr das zehnjährige Jubiläum – ein toller Erfolg! Das Programm ist 2012 als branchen- und länderoffenes Programm gestartet, mit dem das BMWK flexibel und schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren kann.

Ursprünglich lag der Fokus auf den traditionellen Industriezweigen Maschinen- und Anlagenbau, Fahrzeug- und Zuliefererindustrie sowie Chemie- und Elektroindustrie. Das Programm berücksichtigt aber auch Zukunftsbranchen wie Umwelttechnologien, Gesundheitswirtschaft und zivile Sicherheitstechnologien sowie Megatrends mit steigenden Geschäftspotenzialen für kleine und mittlere Unternehmen. Die enge Einbindung der Branchenverbände und anderer Partner der Außenwirtschaftsförderung ermöglicht eine passgenau am Bedarf der Wirtschaft ausgerichtete Projektplanung.

Das BMWK hat 2017 eine Studie zum Thema "Analyse der deutschen Bildungswirtschaft im Zeichen der Digitalisierung – Wirtschaftliche Bedeutung, Potentiale und Handlungsbedarf" vergeben. Diese Studie zeigt, dass die Bildungswirtschaft die Potenziale internationaler Märkte noch nicht hinlänglich nutzt. Im Nachgang zu dieser Studie hat das BMWK die Beteiligung der Bildungswirtschaft am MEP deutlich ausgeweitet.

Das deutsche duale System der Berufsbildung ist in den vergangenen Jahren weltweit in den Fokus gerückt. Viele Regierungen interessieren sich dafür, wie sie in Orientierung an der deutschen Berufsbildung ihr eigenes Berufsbildungssystem bedarfsorientiert und zukunftssicher weiterentwickeln können.

Das bietet gute Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Anbieter von Dienstleistungen und Produkten im Bereich Aus- und Weiterbildung. Damit stellt dieser Bereich inzwischen eine der neueren Schwerpunktbranchen des Markterschließungsprogramms dar. Aus gutem Grunde: Berufsbildung ist ein wichtiges Wirtschaftsthema. Der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmen steht und fällt mit den richtigen Fachkräften.

iMOVE: Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Fachpartner iMOVE?

Martina Kollberg: iMOVE unterstützt deutsche Anbieter beruflicher Aus- und Weiterbildung mit einem umfangreichen Serviceangebot bei der Erschließung internationaler Märkte. Es bietet sich daher an, hier Synergien zu nutzen und gemeinsam für die Kompetenz der deutschen Bildungswirtschaft im Ausland zu werben. Wir freuen uns daher, mit iMOVE als Programmpartner bereits seit mehreren Jahren erfolgreich zusammen zu arbeiten.

Die Bildungsbranche – unsere gemeinsame Zielgruppe – profitiert dadurch, beispielsweise von ausführlichen Marktstudien, die als erster Einstieg sehr wichtig sind, um den Weg in Auslandsmärkte vorzubereiten. iMOVE begleitet auch viele Informationsveranstaltungen und Geschäftsanbahnungsreisen und bringt sich dabei mit Know-how zum deutschen dualen System und als Netzwerkplattform für den deutschen Berufsbildungsexport ein.

iMOVE: Welche Rollen spielen die verschiedenen Stakeholder, neben iMOVE beispielsweise Auslandshandelskammern (AHKs) und Wirtschaftsverbände, bei der Planung, Organisation und Durchführung der jeweiligen Maßnahmen?

Martina Kollberg: Eine ganz entscheidende! Der Erfolg des MEP hängt wesentlich davon ab, dass wir die Projekte eng am Bedarf der Wirtschaft ausrichten. Daher binden wir unsere Partner frühzeitig in den Planungsprozess ein. Über eine jährliche Abfrage können sie Vorschläge für Projekte einreichen, die anschließend in einem umfangreichen Verfahren unter Einbeziehung der Expertinnen und Experten bei Germany Trade and Invest (GTAI) ausgewählt werden. Viele unserer Partner begleiten die Projekte später als Durchführer oder als Fachpartner und tragen so zum Gelingen der einzelnen Maßnahmen bei.

iMOVE: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren des Programms?

Martina Kollberg: Speziell beim Thema Aus- und Weiterbildung sind für uns natürlich geplante Reformen des Berufsbildungssektors, aber auch Förderungen für Investitionen, zum Beispiel für den Ausbau und die Ausstattung von Berufsschulen, ein wichtiges Kriterium. Bereitstehende Mittel zur Finanzierung erhöhen die Marktchancen für deutsche Anbieter signifikant!

Darüber hinaus ist eine Unterstützung durch das Programm besonders da erfolgreich, wo über die AHKs bereits Strukturen für Berufsbildungsdienstleistungen aufgebaut wurden und das deutsche Modell eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Es ist hilfreich, einen lokal gut vernetzten Ansprechpartner für das Thema Aus- und Weiterbildung vor Ort zu haben, der beispielsweise bei der oft aufwändigen Beantragung von Fördermitteln unterstützen kann.

Da Konzeption und Beschaffung im Bereich Bildung in vielen Ländern politische Themen sind, kann eine institutionelle Begleitung durch die AHK hier sinnvoll flankieren und ein wertvoller "Türöffner" sein. Herzstück der Geschäftsanbahnungsreisen sind die B2B-Gespräche mit potenziellen Geschäftspartnern. Auch hier leisten die Kolleginnen und Kollegen der AHKs mit ihren guten Kontakten zu den lokalen Entscheidungsträgern und Akteuren vor Ort wertvolle Unterstützung.

iMOVE: Welche Erfahrungen wurden mit virtuellen Reisen gesammelt, die während der Corona-Pandemie durchgeführt werden mussten?

Martina Kollberg: Leider hatten wir ja nun fast zwei Jahre lang Gelegenheit, Erfahrungen mit virtuellen Reisen zu sammeln. Eines vorweg: Solche Reisen können natürlich kein vollwertiger Ersatz für eine "echte" Reise mit persönlichen Eindrücken und Kontakten sein. Aber virtuelle Formate ermöglichen einen niedrigschwelligen Einstieg. Insbesondere bei Informationsveranstaltungen, die sich an Unternehmen richten, die erstmals in ein bestimmtes Zielland exportieren wollen, stellen sie eine echte Alternative dar. Auch bei Markterkundungsreisen, in deren Verlauf die deutschen Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen in einer Informationsveranstaltung einem ausländischen Publikum vorstellen, funktioniert das sehr gut.

Diese Formate erfordern auf beiden Seiten nicht viel Zeit und Aufwand und lassen sich leichter in den Arbeitsalltag integrieren als eine einwöchige Auslandsreise. Aus diesem Grund wurden digitale Informationsveranstaltungen als Webinare und digitale Geschäftsanbahnungsreisen nun standardmäßig als neue Module in das MEP aufgenommen. Für einen konkreten Geschäftsabschluss ist meiner Ansicht nach allerdings das Get-together, der persönliche Austausch unverzichtbar.

iMOVE: Sind Sie insgesamt mit der Entwicklung des MEP zufrieden und wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial? Wie sehen die Zukunftspläne für das MEP aus?

Martina Kollberg: Den Themen Fachkräfte und berufliche Bildung – auch im Ausland – messen wir im BMWK eine große Bedeutung bei. So haben wir insbesondere das Angebot des Markterschließungsprogramms mit dem Schwerpunkt Aus- und Weiterbildung zum aktuellen und erfolgreichen Format weiterentwickelt.

Die weitere Verzahnung der verschiedenen Förderprogramme liegt mir dabei besonders am Herzen. Sie ist für das Markterschließungs- und Auslandsmesseprogramm bereits in weiten Teilen gelebte Praxis. Die Verbindung der virtuellen Geschäftsanbahnung Aus- und Weiterbildung Ghana 2020 mit der Berufsbildungsmesse EducataGhana ist dafür ein gutes Beispiel. Ich würde mir daher wünschen, Unternehmensreisen mit dem Schwerpunkt Aus- und Weiterbildung zukünftig noch stärker mit internationalen Berufsbildungsmessen zu verbinden.

Darüber hinaus sollten wir das Thema berufliche Bildung als Querschnittsthema auch bei klassischen Markterschließungsreisen anderer Branchen mitdenken. Sämtliche MEP-Projekte sind auch für Unternehmen der Bildungswirtschaft offen! Projekte geeigneter Themenschwerpunkte, bspw. zur Markteinführung innovativer deutscher Technologien etwa aus dem Bereich Klimaschutz, könnten wir so von Beginn an durch entsprechende Angebote der Bildungswirtschaft flankieren. Ich lade alle Unternehmen der Branche daher ganz herzlich ein, sich auf ixpos.de über das Angebot des MEP zu informieren und an einer Reise teilzunehmen!

iMOVE: Vielen Dank für das Gespräch.

  • Das Interview führte Silvia Niediek.
  • Interviewpartnerin: Martina Kollberg, Referat VIIB6, "Spezielle Fragen der Fachkräftesicherung Inland, Ausbildungsallianz", Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

xPORT 2/2022

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Quelle: iMOVE