Philippinen: Wissenstransfer in den Fernen Osten

Drei Techniker von der philippinischen Insel Mindanao werden derzeit in der Rathenower Biogasanlage mit den Abläufen vertraut gemacht. Wenn im kommenden Jahr die größte Biogasanlage der Philippinen ans Netz geht, werden die drei Techniker dieses Wissen gut gebrauchen können.

Auf dem Gelände der Biogasanlage "Greengas" im Gewerbegebiet Heidefeld sorgen derzeit drei Männer für exotisches Flair. Danzen Bustillo Magno, Argie Catas Omega und Glenn Paras Canceran kommen vom anderen Ende der Welt. Ihre Heimat ist Mindanao, die zweitgrößte Insel der Philippinen. Die drei sind zum allerersten Mal in Deutschland. Und obwohl es viel zu entdecken gäbe, sind sie nicht zum Vergnügen hier. Die drei Männer sollen im kommenden Jahr die größte Biogas-Anlage auf den Philippinen in Betrieb nehmen.

Das Rüstzeug dafür erwerben sie in Rathenow. Und einen besseren Trainingsort als die Greengas-Anlage ließe sich nicht finden. Denn die Anlage in Südostasien wird nach exakt denselben Plänen errichtet wie jene in Heidefeld. Mit einem entscheidenden Unterschied allerdings: Die Anlage in Mindanao wird vier Mal so groß sein wie ihr Rathenower Vorbild.

Dass das Trio in Rathenow fit gemacht wird, hat gute Gründe. Die Anlage in Heidefeld wurde von der Berliner Firma Alensys Engineering konzipiert. Als sich der philippinische Investor entschied, von Alensys eine baugleiche Anlage in Mindanao planen zu lassen, waren die Weichen nach Rathenow gestellt.

Betreut und begleitet wird das Vorhaben in Fernost von Alensys-Ingenieur Tobias Burgstaller. Er ist es auch, der die drei Gäste in Rathenow mit den Abläufen vertraut macht. Wobei er nicht bei Null anfangen muss. Die Ausbildung der drei Herren in ihrer Heimat passt zu ihrer künftigen Tätigkeit: Messtechniker der eine, Elektrotechniker der zweite und Mechaniker die Nummer drei. In Rathenow lernen sei, wie sie ihr Wissen im Praxisbetrieb einer Biogasanlage anwenden können.

Da ist zum einen die theoretische Schulung. Tobias Burgstaller und die Mitarbeiter der Greengas-Anlage klären sie auf über die Arbeits- und Wirkungsweise der Anlage. Dabei wird auf die Sicherheit ein besonderes Augenmerk gelegt. Das sei bei einer Anlage der geplanten Größenordnung immens wichtig, sagt Burgstaller. Denn effektiv arbeite die Anlage nur, wenn sie ordnungsgemäß bedient werde.

Neben der theoretischen Schulung gibt es auch praktische Übungseinheiten. Die Männer lernen, wie ein defektes Ventil ausgewechselt wird oder eine ausgefallene Pumpe wieder in Gang gesetzt werden kann. Nach dem Ablauf des zehntägigen Trainings sollen sie die Abläufe in der Anlage – von der Anlieferung der Grundprodukte bis zur Stromproduktion – so verinnerlicht haben, dass sie bei auftretenden Problemen selbst eine Lösung finden.

Natürlich werden sie, wenn in Mindanao der erste Gärprozess gestartet wird, nicht allein gelassen. Ein Alensys-Mitarbeiter ist beim Anfahren der Anlage vor Ort und wird den Betrieb in der ersten Phase begleiten. Und selbst nach seiner Rückkehr nach Deutschland bleibt der Kontakt bestehen. "Per Internet können wir uns von jedem Ort der Welt in die Prozesse der Anlage einklinken", sagt Burgstaller. Für ein Jahr lang übernimmt das Berliner Unternehmen die Betreuung. Danach sollen die Philippinos in der Lage sein, die Anlage eigenständig zu betreiben.

Sven Eppinger, Geschäftsführer der Rathenower Anlage, ist sehr angetan von der wirtschaftlichen Kooperation mit dem fernöstlichen Land. Es gehe darum, das Know-How zu vermarkten. "Made in Germany" stehe im Ausland immer noch hoch im Kurs, vor allem im Anlagen und Maschinenbau sei deutsche Ingenieurskunst vielerorts noch das Maß aller Dinge. Anfang Januar sei ein hochrangiger thailändischer Wirtschaftsvertreter in Rathenow gewesen, um sich über die Biogasanlage zu informieren.

Eppinger weist auf einen positiven Nebeneffekt dieser Besuche für die Region hin. "Unsere Gäste übernachten in hiesigen Hotels und Pensionen, essen hier, geben Geld aus. Und tragen so zu einer Belebung der Wirtschaft bei."

Und wie bewerten die drei Männer aus Fernost ihren bisherigen Aufenthalt in Rathenow? "Very, very interesting", sagen sie, die sich in englischer Sprache mit den deutschen Mitarbeitern verständigen. Auf die Frage, wie ihnen die havelländische Küche munde, schweigen sie höflich. Nur beim Wetter platzt es aus ihnen heraus. "Very, very cold", schallt es einem entgegen, und die dazu geschnittenen Grimassen sagen alles. Kein Wunder. Als sie in Manila in den Flieger stiegen, zeigte das Thermometer 35 Grad. Bei der Landung in Berlin waren es minus neun.

Quelle: Märkische Allgemeine, maz-online.de, 17.02.2017