Erzieher aus China erwerben Fröbeldiplom in Thüringen

Eine neue Deutsch-Chinesische Fröbelgesellschaft organisiert die Qualifizierung von Kindergärtnern aus dem Reich der Mitte. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow übernimmt die Schirmherrschaft.

Mehr als 160 Jahre nach seinem Tod ist Friedrich Fröbel in China so etwas wie ein Superstar: Der Reformpädagoge, der 1840 in Bad Blankenburg den weltweit ersten Kindergarten gründete, wird im Reich der Mitte in seiner Bekanntheit allenfalls noch von Martin Luther übertroffen.

Davon ist jedenfalls Frank Persike, Bad Blankenburgs früherer Bürgermeister, überzeugt: Der Ostthüringer, der auch den Fröbel-Kreis Bad Blankenburg leitet, weilte im Sommer mit zwei weiteren Fröbelianern für zehn Tage in China. Dort besuchte er in vier Millionenstädten nicht nur insgesamt sechs Kindergärten, die auch tatsächlich die deutsche Bezeichnung Kindergarten tragen. Mit dem chinesischen Bildungsträger, der die Thüringer eingeladen hatte, vereinbarten die Gäste auch, dass für chinesische Erzieher eine Qualifizierung im Fröbelschen Sinne in den Thüringer Fröbelorten angeboten werden soll. Um deren Organisation soll sich die neue Deutsch-Chinesische Fröbelgesellschaft kümmern, die inzwischen gegründet wurde und ihre Arbeit aufgenommen hat.

In dieser Woche weilen nun die Partner aus China zum Gegenbesuch in Thüringen. Am Donnerstag wurden drei von ihnen in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung in den Vorstand der Fröbelgesellschaft kooptiert und neben Frank Persike auch der Geschäftsführer des chinesischen Bildungsträgers zum Vorsitzenden gekürt. Aber natürlich haben die Gäste auch die Gelegenheit genutzt, sich in Thüringer Kindergärten umzuschauen, die nach den pädagogischen Ansätzen Friedrich Fröbels zur frühkindlichen Erziehung arbeiten. Am Mittwoch beispielsweise war die Delegation in Nordhausen unterwegs. Dort ist mit dem Jugendsozialwerk Nordhausen auch der Partner ansässig, der die Rechte auf das Fröbeldiplom hat, das die Kindergartenleiter aus Fernost in Thüringen erwerben können.

"Den Chinesen geht es um das Original. Sie haben den Wunsch, vom Klassiker zu lernen", weiß Frank Persike. Die Qualifizierung könne bereits im kommenden Jahr beginnen, künftig dann jedes Jahr eine Seminargruppe zum Fröbeldiplom geführt werden. Dabei werden die Gäste an allen vier Fröbel­orten lernen und auch in Kindergärten hospitieren: in Bad Blankenburg, Bad Liebenstein, in Fröbels Geburtsort Oberweißbach und dem Rudolstädter Ortsteil Keilhau. Die reguläre Ausbildung zum Erwerb des Fröbeldiploms muss dafür allerdings um die Hälfte auf etwa 14 Tage verkürzt werden, die Kosten übernimmt der chinesische Bildungsträger.

Am Freitag wird Ministerpräsident Ramelow die Fröbelgesellschaft und ihre Gäste begrüßen. Ramelow hat sich dazu bereiterklärt, die Schirmherrschaft über das Projekt zu übernehmen, was die Fröbelianer sehr freut. Aus der Thüringer Staatskanzlei heißt es, dass in China das Interesse an fundierter frühkindlicher Bildung wächst. Hätte in den vergangenen Jahrzehnten für die wachsende Mittelschicht vor allem die Schul- und Hochschulausbildung im Vordergrund gestanden, böten jetzt immer mehr Kindergärten Bildungskonzepte nach europäischem Vorbild an. "Deutschland als Mutterland des Kindergartens ist dabei besonders gefragt – und damit auch Thüringen."

China ist indes nicht das einzige Land in Fernost, das Interesse an Fröbel und seinen Ideen bekundet hat: "Korea und Japan haben schon vor mehr als 30 Jahren Kontakt gesucht, da ist bestimmt jedes Vierteljahr jemand hier", sagt Frank Persike.


Quelle: Thüringer Allgemeine, thueringer-allgemeine.de, 07.12.2018