Deutsch-russische Zusammenarbeit in Bildung und Forschung macht fit für die Zukunft

Im Dezember 2018 unterzeichneten Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und ihr russischer Amtskollege Mikhail Kotjukow in Moskau die "Deutsch-Russische Roadmap für die Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation". Die Roadmap definiert gemeinsame Arbeitspakete und strategische Maßnahmen für die nächsten zehn Jahre der Kooperation.

"Wissenschaft baut Brücken, gerade auch in politisch herausfordernder Zeit. Teil der heute unterzeichneten Roadmap ist das Young Talent Programme. Diese Initiative ist mir gerade in der heutigen Zeit wichtig: Wer im jeweils anderen Land studiert und gearbeitet hat, versteht den anderen besser. Mit dem Young Talent Programme werden viele neue Brücken zwischen unseren Gesellschaften entstehen", betonte Bundesbildungs- und Forschungsministerin Anja Karliczek am 10. Dezember 2018 im Rahmen der Unterzeichnung einer deutsch-russischen Roadmap in Moskau.

Gemeinsam mit ihrem russischen Amtskollege Mikhail Kotjukow definierte die Ministerin durch ihre Unterschrift die strategische Zusammenarbeit beider Länder in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation für die kommenden zehn Jahre.

Konkret geht es unter anderem um die Weiterbildung und den Austausch von Forschenden und Auszubildenden in Berufen, die an Großforschungsanlagen für die technische Unterstützung gebraucht werden.

Beide Länder kooperieren mit weiteren internationalen Partnern seit langem erfolgreich bei der Entwicklung und dem Bau wissenschaftlicher Großgeräte. Beim europäischen Röntgen-Freie-Elektronen-Laser "European XFEL" nahe Hamburg und dem noch im Bau befindlichen Teilchenbeschleuniger "FAIR" bei Darmstadt ist Russland nach Deutschland jeweils der zweitwichtigste Anteilseigner.

Für den Aufbau, das Betreiben, die Wartung und die Sicherheit der gemeinsam betriebenen Anlagen, sowie die technische Unterstützung der Forschenden werden gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht. Hier wird GOVET im Rahmen der deutsch-russischen Roadmap und im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die beteiligten Akteure beraten und die Qualifizierung von russischen Nachwuchskräften durch verschiedene Projekte begleiten. An den Forschungsinfrastrukturen in Deutschland wird unter anderem in den Bereichen Informationstechnologie (IT), Mechatronik, Elektronik, Industrie- und Konstruktionsmechanik, Laborberufe, Feinwerkmechanik und Mikrotechnologie ausgebildet.

Zur Sondierung der Berufsbilder und der Forschungsstätten mit Ausbildungsengagement, die für die deutsch-russische Berufsbildungszusammenarbeit in Frage kommen, organisierte GOVET für das BMBF mehrere Treffen mit Fachleuten unter anderem am Ferdinand-Braun-Institut in Berlin. Hier werden elektronische und optische Komponenten, Module und Systeme auf der Basis von Verbindungshalbleitern erforscht. Die Anwendungsfelder reichen von der Medizintechnik, Präzisionsmesstechnik und Sensorik bis hin zur Kraftfahrzeug-Sicherheit.

In den Gesprächen mit Ausbildungsleitung, Auszubildenden sowie Technikerinnen und Technikern wurde der hohe Stellenwert der Fachkräfte für die Forschenden deutlich. Eine konstruktive internationale Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung hilft den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beispielsweise im Bereich der Hochtechnologie, wie Mikrotechnologie und Feinwerkmechanik, bei der Erarbeitung und Konstruktion von Prototypen, dem Aufbau von Experimenten und der Produktion von Datenchips. Die Bedeutung für die Wirtschaft, auch durch Ausgründungen und Start-ups, liegt auf der Hand. Beide Berufsprofile hat sich die Delegation beispielhaft näher angeschaut.

Teil der Sondierung war stellvertretend für den schulischen Teil der Ausbildung ein Besuch am renommierten Oberstufenzentrum Lise-Meitner mit den Schwerpunkten Chemie, Physik, Biologie und Informatik. Hier gab es Einblicke in die Komplexität des Berufsfelds "Mikrotechnologie". Die Lehrkräfte betonten den Fachkräftemangel in diesem Bereich. Schon jetzt werben sie intensiv mit dem attraktiven Angebot ihrer technischen Labore direkt an Schulen in ganz Berlin und Brandenburg für diese Berufe.

Auch beim anschließenden Besuch des Helmholtz-Zentrums in Berlin für Materialien und Energie, die für die Forschungsinfrastruktur "BESSY II" ausbilden, wurde klar, dass ein konstanter, gut ausgebildeter Kern von technischen Mitarbeitenden in den Anlagen zum Erfolg und der Auslastung der Anlagen beiträgt. Das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) forscht zu komplexen Materialsystemen für eine umweltfreundliche und nachhaltige Energieversorgung. Das HZB bildet unter anderem in den Berufen Feinwerkmechanik, Mechatronik und IT-Systemintegration aus.

Die Personalleitung sieht die Forschungsanlage als Ausbildungsstätte und sich selbst als Dienstleister für die Forschenden; dabei ginge es neben der technischen Qualität auch um Sicherheitsaspekte und systemische IT-Back-ups. Der konstruktive Dialog zwischen Wissenschaft, Ingenieurwesen und Technik bei der Entwicklung von neuen Instrumenten sei aus Sicht der Personalleitung ein wichtiger Standortfaktor.

Die ersten Eindrücke von der Ausbildung in diesem speziellen Bereich der Großforschungsanlagen fließen nun in die weiteren Überlegungen für die Berufsbildungskomponente der deutsch-russischen Roadmap ein. Eine Sondierungsreise nach Russland wird die Erkenntnisse zur Berufsbildung an sensiblen Hochtechnologieanlagen ergänzen.


Quelle: GOVET - Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation, bibb.de/govet/de/index.php, 07.02.2019