China: Exportschlager Bildung aus Echem

Sechs chinesische Gäste haben sich auf den weiten Weg aus der chinesischen Provinz Shandong nach Echem im Landkreis Lüneburg in Niedersachsen gemacht, um sich anzuschauen, wie landwirtschaftliche Bildung in Deutschland funktioniert.

Die Begrüßung ist feucht, einen Hauch zu aufdringlich, aber wunderbar herzlich. Genüsslich schleckt das namenlose Kalb an den Fingern der chinesischen Besucherin Wen Yujuan und zaubert der jungen Frau dabei ein Lächeln ins Gesicht. Kontaktscheu ist im Landwirtschaflichen Bildungszentrum (LBZ) Echem niemand – weder Tier noch die Besucher, die gerade von Stall zu Stall ziehen.

Sechs chinesische Gäste haben sich auf den weiten Weg aus der chinesischen Provinz Shandong nach Echem gemacht, um sich anzuschauen, wie landwirtschaftliche Bildung in Deutschland funktioniert. "Deutsch-Chinesisches Landwirtschafliches Berufsbildungszentrum" heißt das Projekt, das hinter dem Besuch steckt. In enger Kooperation mit deutschen Partnern soll damit der Aufbau eines dualen landwirtschaftlichen Berufsbildungszentrums in China angegangen werden. Ganz nach dem Vorbild des LBZ Echem.

"Wenn man sich dem Thema widmet, stellt man sehr schnell fest, dass Echem zum einen sehr neu und auf einem Toplevel in Sachen landwirtschaftlicher Ausbildung ist. Hier herrscht ein starkes Engagement", sagt Dr. Heinz Roling vom Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, einem der Projektpartner. Außerdem gehören die Gesellschaft für Bildung und Beruf, der Verein zur Förderung der bäuerlichen Veredlungswirtschaft und die Ostasien Service GmbH zum Projektkonsortium.

Ministerium unterstützt das Vorhaben

Wie in Echem, soll innerhalb der nächsten drei Jahre auch an der Veterinärsschule in Shandong ein Berufsbildungszentrum entstehen, das die Aus- und Weiterbildung landwirtschaftlicher Arbeitskräfte in China verbessern soll. Eine duale Ausbildung, wie in Deutschland üblich, kennt man in China nicht. Das Projekt funktioniert als eine Art "Bildungsexport" wie Dr. Gerd Boesken von der Ostasien Service GmbH erklärt. "Es kann dazu beitragen, bestehende Probleme in der chinesischen Lebensmittelproduktion entgegenzuwirken", sagt Boesken und erklärt, dass in China zuletzt Lebensmittelskandale für Unsicherheit unter den Verbrauchern gesorgt hatten.

Eine gute Ausbildung landwirtschaftlicher Fachkräfte fördert die Lebensmittelqualität und verbessert die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen deutschen und chinesischen Firmen. Das Ministerium für Bildung und Forschung unterstützt das Vorhaben – auch finanziell.

Einladung nach China

Gab es schon mal Probleme mit Krankheitserregern? Wie funktioniert die räumliche Trennung von Besuchern und Lehrlingen? Zhang Shaoqiu und seine Kollegen wollen es ganz genau wissen. Sie schauen hin, fragen nach, saugen die Informationen auf, während die Dolmetscherin mit deutschen und chinesischen Worten jongliert. "Das LBZ Echem hat ein sehr gut entwickeltes Ausbildungssystem, sehr gute Hardware, ein durchdachtes Konzept und eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis", fasst Zhang Shaoqiu seine ersten Eindrücke zusammen.

Er führt die chinesische Delegation an und zeigt sich begeistert vom Projekt. "Wir wollen gegenseitig unsere Erfahrungen austauschen, um die Zusammenarbeit in Zukunft zu vertiefen", sagt er.

Umringt von den Projektpartnern, die interessiert an seinen Lippen hängen, wird Zhang Shaoqiu dann ein bisschen melancholisch. "Man hat uns sehr warmherzig empfangen, die deutschen Partner sind unsere Freunde geworden, wir sind sehr berührt", übersetzt die Dolmetscherin. Und so folgt die Einladung aller Anwesenden nach China gleich hier, mitten im Kuhstall, "so schnell wie möglich".


Quelle: LZonline, landeszeitung.de, 23.03.2019