Ein neuer Blick auf Afrika ist nötig

In einem Artikel über die wirtschaftliche Situation und Perspektive Afrikas wertet die gtai (Germany Trade & Invest) die berufliche Bildung als entscheidenden Wettbewerbsfaktor deutscher Unternehmen.
 
Privatsektor ist Schlüssel
 
Die Aussichten für mehr Wirtschaftswachstum in Afrika haben sich mit den anziehenden Rohstoffpreisen wieder verbessert. Für 2010 erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) ein BIP-Wachstum in Höhe von 4,3 Prozent. Nach Einschätzung des IWF-Direktors, Dominique Strauss-Kahn, muss sich der Kontinent verstärkt dem Aufbau wirtschaftlich stabiler Strukturen widmen und zukünftigen Herausforderungen wie dem Klimawandel stellen.

Ein neuer Blick auf Afrika ist notwendig, denn auch deutsche Unternehmen sollten ihre Chancen hier nicht verpassen.

Die Krise der Weltwirtschaft hat auch Afrika getroffen, jedoch geringer als erwartet und weniger stark als andere Regionen. Entgegen dem weltweiten Trend ist die Wirtschaft in Subsahara-Afrika im Krisenjahr 2009 nach Angaben des IWF mit 1,6 Prozent noch gewachsen.

Nach mehreren Boomjahren mit einer realen Steigerungsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von über 5 Prozent ein Rückschlag, doch bereits für 2010 wird wieder eine Zunahme des BIP um 4,3 Prozent und 2011 sogar um 5,5 Prozent erwartet. Afrika braucht ein kräftiges Wachstum, das auch mit der hohen Bevölkerungszunahme Schritt hält.

Verantwortlich für die so positiven Raten in den vergangenen Jahren waren vor allem die hohen Marktpreise für Rohstoffe und Bodenschätze. Mindestens 30 Prozent der weltweiten Vorkommen finden sich auf dem Kontinent. Die Reserven einiger Metalle wie Platin, Mangan und Chromit sind zu über 80 Prozent in Afrika konzentriert.

Dennoch hat die Krise die Schwächen der Volkswirtschaften des Kontinents verdeutlicht. Die Abhängigkeit von Einnahmen aus Rohstoffexporten macht viele Länder anfällig für Nachfrageschwankungen. Die Ökonomien mit einer diversifizierten Struktur haben die Krise besser überstanden.

Starker Wettbewerbsnachteil afrikanischer Industriebranchen sind hohe Transportkosten und lange Abfertigungszeiten in den Häfen. Mehr regionale Kooperation und die bessere Vernetzung von Verkehrswegen sind notwendig. Nach einer Untersuchung der Weltbank könnte eine Senkung der Transportkosten um 10 Prozent eine Erhöhung des intra-regionalen Handelsvolumens um 25 Prozent bewirken.

In der Entwicklung und Stärkung des Privatsektors sehen mittlerweile viele Ökonomen den Schlüssel für Wachstum und erfolgreiche Armutsminderung in Afrika. Nur marktwirtschaftliche Strukturen, kleine und mittlere Unternehmen sowie eine funktionierende Infrastruktur können, dies betont auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), die Armut bekämpfen und Krisenanfälligkeit verhindern.
 
Reformen auf dem Weg
 
In vielen Ländern wurden Reformen angestoßen und Fortschritte sind bereits unverkennbar. Auch wenn viele Medien sich beim Thema Afrika lieber auf Negatives konzentrieren - es gibt diese Erfolgsgeschichten in Afrika. So kommt der weltweite Top-Reformer zum ersten Mal aus Afrika: Die Weltbank hat Ruanda im Doing-Business-Ranking für das Jahr 2010 als Land mit den größten Fortschritten beim Investitionsklima ausgewiesen.

In dem kleinen ostafrikanischen Staat benötigt ein Unternehmer inzwischen nur noch drei Tage, um eine Firma zu gründen. Die Kreditvergabe wurde erleichtert und Investoren sind besser geschützt.

Afrika hat auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein enormes Potenzial, dies beweist nicht zuletzt das Engagement der Chinesen. Deren Strategie mag vor allem eigennützig sein und die Aspekte des Good Governance völlig ignorieren. Doch die Konkurrenz der Asiaten hat dem Kontinent auch ein stärkeres wirtschaftliches Gewicht gegeben.

Im Jahr 2006 flossen erstmals mehr Investitionen als Entwicklungshilfegelder nach Afrika. In einigen Bereichen gibt es bereits eine Arbeitsteilung: In der Demokratischen Republik Kongo errichten chinesische Unternehmen schlüsselfertig das Wasserkraftwerk Imboulou. Das deutsche Unternehmen Fichtner hat Aufträge zur Bauüberwachung und Qualitätskontrolle für das Kraftwerk, den Staudamm und auch für die 60 km lange Zufahrtsstraße erhalten.

Der gesamte deutsch-afrikanische Außenhandel lag im Jahr 2008 bei rund 40,3 Mrd. Euro, seit 2003 eine Steigerung um über 80 Prozent. Bei den deutschen Ausfuhren handelt es sich vor allem um Maschinen und Anlagen, Fahrzeuge, Pharmazeutika und Chemikalien. Der Anteil von Subsahara-Afrika betrug 2008 mit 21,4 Millarden Euro rund 53 Prozent .

Die Krise hat im Jahr 2009 auch die deutschen Exporteure nicht verschont. Die Ausfuhren beliefen sich auf 9,4 Millarden Euro und gingen damit gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 19 Prozent zurück. Zukünftig dürften vor allem die Energiebeziehungen zu Afrika stark zunehmen. Deutschland hat Interesse an verstärkten Öl- und Gaskäufen um den Energiemix zu verbreitern und die Versorgung zu diversifizieren.

Bisher konzentrieren sich die deutschen Aktivitäten stark auf Südafrika. Der Ausrichter der Fußball-WM ist mit einem BIP von rund 280 Millarden US-Dollar die größte Volkswirtschaft und der mit Abstand bedeutendste Wirtschaftspartner auf dem Kontinent. Rund 400 deutsche Unternehmen, darunter viele Mittelständler, sind unter anderem in den Bereichen Automobil, Chemie, Maschinenbau und Dienstleistungen am Kap tätig.

Entscheidender Wettbewerbsfaktor der Unternehmen ist häufig die berufliche Bildung. Deutsche Firmen bringen nicht nur wie die asiatische Konkurrenz die Mitarbeiter mit, deutsche Firmen bilden aus und können auch mit dem erfolgreichen Konzept der dualen Ausbildung punkten.

Das hohe Bevölkerungswachstum in Afrika wird im Gesundheitswesen oder bei der Herstellung von Nahrungsmitteln neue Herausforderungen mit sich bringen. Auch Energieversorgung und Klimawandel erfordern in den nächsten Jahren neue Technologien. Innovative Konzepte aus Deutschland sind gefragt. Gute Chancen bieten auch der Wohnungsbau und die Transportinfrastruktur.

Der Vertreter eines deutschen Ingenieurbüros, der bereits lange und erfolgreich Projekte plant, äußert sich eindeutig: "Gut, dass noch nicht alle den Kontinent entdeckt haben. In Deutschland steht die Infrastruktur und es wird nur repariert. Hier kann man noch richtig aufbauen und Geld verdienen."

Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Nigeria

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Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit kommt bedeutende Rolle zu

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Das zunehmende Interesse der deutschen Wirtschaft an Afrika beweisen auch die zahlreichen Veranstaltungen. So stieß Anfang März in Dortmund das 1. Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsforum Nordrhein-Westfalen auf große Resonanz. Im Jahr 2010 sind nach den Treffen im Vorjahr erneut bilaterale Wirtschaftsforen gemeinsam mit Angola, Nigeria und Südafrika vorgesehen.

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Viele afrikanische Länder betreiben über ihre Institutionen und Botschaften in Europa selbst aktiv Standortmarketing sowie Exportförderung und berichten über konkrete Investitionschancen und Projekte. Das Tanzania Investment Centre oder die Tourismus-Werbung für Kenia gelten als Erfolgsbeispiele. Afrika wird in Zukunft immer häufiger selbst für seine "Success Stories" sorgen.

Autor: Martin Kalhöfer

gtai online-news vom 25.03.2010