Deutschen Unternehmen in China gehen einheimische Fachkräfte aus

Der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs entwickelt sich zunehmend zu einer Gefahr für die chinesische Wirtschaft und das Wachstum internationaler Investoren auf dem asiatischen Zukunftsmarkt lautet das Ergebnis einer aktuellen McKinsey-Studie.

 

 

Nur weniger als zehn Prozent der chinesischen Universitätsabsolventen, so eine aktuelle McKinsey-Studie, sind derzeit in international ausgerichteten Unternehmen einsetzbar. Chinesischen Absolventen fehlen vor allem englische Sprachkenntnisse, aber auch die Fähigkeit zur Teamarbeit, das Wissen um Kundenbedürfnisse außerhalb ihrer Heimat sowie Kenntnisse sozialer und kultureller Besonderheiten westlicher Industrienationen. Auch die praxisferne Ausrichtung der chinesischen Hochschulen ist ein deutliches Manko.

Neben stark exportorientierten einheimischen Unternehmen sind davon besonders multinationale Konzerne mit anspruchsvollen Dienstleistungsangeboten in China betroffen. "Will das Land sich vom Billiglohnstandort zu einem weltweit wettbewerbsfähigen Anbieter hochwertiger Güter und Dienstleistungen weiterentwickeln, muss es seine Talente besser ausbilden", sagt Diana Farrell, Direktorin des McKinsey Global Institute (MGI) in Washington und verantwortlich für die Studie. Derzeit allerdings halte sie es für unwahrscheinlich, dass sich China schnell zum wichtigen Standort in den Bereichen IT und Dienstleistungen entwickeln könne. "Ehrgeizige chinesische Firmen werden es schwer haben, sich die lukrativen globalen Servicemärkte zu erschließen."

In der Vergangenheit war dies kein Nachteil. Niedrige Löhne und einfache Produkte machten aus China die Fabrikationshalle der Welt. Doch seit sich ausländische und chinesische Unternehmen technologisch anspruchsvollen Gütern und Dienstleistungen zuwenden, werden die Schwächen des Ausbildungssystems zum Problem. Nach Schätzungen von McKinsey benötigt Chinas Expansion in die Weltmärkte bei aktuellem Wachstumstempo in den nächsten 10 bis 15 Jahren bis zu 75.000 international einsetzbare Führungskräfte. Aktuell stehen nur 3.000 bis 5.000 zur Verfügung. Die Rückkehr vieler noch im Ausland studierender Chinesen bringt dabei wenig Entlastung. Oft fehlen Anreize für die Heimkehr.

Erreichen kann Chinas Wirtschaft die ehrgeizigen Ziele auf Dauer nur mit massiven Investitionen in das Bildungssystem, heißt es weiter in der McKinsey-Studie. Das Land werde sich nur dann erfolgreich vom Blue-Collar- zum White-Collar-Standort entwickeln können, wenn mehr Geld in die Ausbildung von Spitzenkräften gesteckt werde. Trotz rapide steigender Gesamtinvestitionen für Bildung sanken die Pro-Kopf-Ausgaben für Studenten zuletzt um fünf Prozent.

Auch chinesische Unternehmen müssen lernen, Talente zu entwickeln und längerfristig zu binden. Betriebliche Ausbildung, Personalentwicklung und Talentmanagement stecken jedoch noch in den Kinderschuhen, so McKinsey.


Quelle: Pressemeldung McKinsey&Company, German Office, vom 17.01.2006