Russische Mediziner lernen in Stenum

Etwa zweimal im Monat werden in der Klinik Stenum Mediziner aus dem In- und Ausland fortgebildet. Derzeit sind Ärzte aus Russland zu Gast.

Dr. Karsten Ritter-Lang und Dr. Jan Spiller können am OP-Tisch etwas, das in vielen deutschen Kliniken und sogar in einigen Staaten, darunter Kanada, gänzlich unbekannt ist: Der Ärztliche Direktor der Klinik Stenum und der Leiter der Wirbelsäulenchirurgie setzen ihren Patienten Bandscheibenprothesen über den "vorderen Zugang", also vom Bauch aus, ein. Und das unter Epiduralanästhesie, die dem Patienten eine Vollnarkose erspart. "Der vordere Zugang gehört in vielen Ländern nicht zur Ausbildung", erklärt Ritter-Lang.

Regelmäßig begrüßen die Stenumer Mediziner Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus dem Ausland, die das Verfahren erlernen möchten. In den vergangenen Jahren ist die Klinik über diese Fortbildungen zu einem internationalen Kompetenzzentrum in der Wirbelsäulenchirurgie avanciert. Etwa an 20 bis 25 Terminen pro Jahr schauen den Stenumer Medizinern im OP einer oder zwei Kollegen aus anderen deutschen Kliniken oder auch aus Spanien, Italien, Portugal, Australien oder Brasilien über die Schulter, so berichtet Ritter-Lang.

Derzeit hospitieren das fünfte Jahr in Folge Mediziner aus Russland für drei Tage in Stenum. Bei Vorträgen und als Zuschauer im Operationssaal erlernen die sieben Ärzte das Verfahren, welches Ritter-Lang als besonders schonend bezeichnet. Ziel der Wirbelsäulenprothetik sei es, dem Patienten ein Leben ohne Einschränkungen zu ermöglichen. Gleichwohl seien versteifende Eingriffe an der Wirbelsäule nicht vermeidbar. Mitunter kombinieren die Mediziner auch die klassische Operationsmethode mit einer Bandscheibenprothese.

220 versteifenden Eingriffen an der Wirbelsäule standen in Stenum in diesem Jahr bis Ende September 139 Operationen nach dem neueren Verfahren gegenüber. Letzteres birgt für den Operateur einige Tücken, weshalb viele Kollegen zunächst Respekt vor dem vorderern Zugang hätten, erklärt Ritter-Lang: Die Herausforderung sei, am linken Harnleiter, an der Bauchschlagader und an der Großen Hohlvene vorbei zur Wirbelsäule zu gelangen.

In einigen Fällen begleiten die Stenumer Mediziner daher die Erst-OPs ihrer Kollegen, nachdem diese die Fortbildung absolviert haben. Dazu reisen sie – zumindest innerhalb Deutschlands – zu den jeweiligen Kliniken. "Wir haben auch Videomaterial für Ärzte angefertigt", berichtet Ritter-Lang. Er selbst führe in Stenum und Potsdam jährlich etwa 400 von deutschlandweit 1200 Operationen im Bereich der Bandscheibenprothetik durch.

Quelle: Nordwest Zeitung - NWZ Online, nwzonline.de, 17.11.2017