Europa: Monitor für die allgemeine und berufliche Bildung 2016

Die diesjährige Ausgabe des von der Europäischen Kommission vorgelegten Anzeigers für die allgemeine und berufliche Bildung zeigt Fortschritte bei der Verwirklichung wichtiger Ziele der Europäischen Union (EU). Der Monitor verdeutlicht aber auch, dass die Mitgliedstaaten ihre Bildungssysteme bedarfsorientierter und inklusiver gestalten müssen, insbesondere im Hinblick auf die Integration neu angekommener Flüchtlinge und Migranten.

Europa vertraut auf wirksame Bildungssysteme, die jungen Menschen die Kompetenzen vermitteln, die sie benötigen, um sich ein Leben als Bürger aufzubauen und im Berufsleben Fuß zu fassen. Schulen, Universitäten und Berufsbildungseinrichtungen bilden die Grundlage für Wachstum, Arbeitsplätze, Innovation und sozialen Zusammenhalt.

In ihrem heute veröffentlichten Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016 analysiert die Europäische Kommission, wo die EU und die nationalen Systeme derzeit stehen; sie zeigt auf, dass die Mitgliedstaaten die doppelte Herausforderung bewältigen müssen, für angemessene Finanzinvestitionen zu sorgen und jungen Menschen – auch Flüchtlingen und Migranten – unabhängig von ihrem Hintergrund ein hochwertiges Bildungsangebot zu machen.

Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport, sagte: "Die europäischen Bildungssysteme können maßgeblich dazu beitragen, dass wir große Probleme lösen, etwa die andauernde Jugendarbeitslosigkeit und das weiterhin schwache Wachstum, und neue Herausforderungen wie die Flüchtlingskrise bewältigen. Das Bildungswesen kann dies jedoch nur leisten, wenn es gute Ergebnisse erzielt. Wir brauchen heute mehr denn je ein Bildungssystem, das junge Menschen in die Lage versetzt, aktive, selbstständige Bürgerinnen und Bürger zu werden und eine befriedigende Arbeit zu finden. Es geht hier nicht nur um nachhaltiges Wachstum und Innovation. Es ist eine Frage der Fairness."

Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Reform und Verbesserung ihrer Bildungssysteme mit politischer Zusammenarbeit, Benchmarking und der Bereitstellung von Mitteln aus Förderprogrammen wie Erasmus+. Einen festen Bestandteil dieser Arbeit bildet der Anzeiger. Mit der Präsentation zahlreicher politischer Maßnahmen, die sich in der Praxis bewährt haben, und durch die Förderung des Dialogs hilft der Anzeiger den Mitgliedstaaten, Verbesserungen in ihrem jeweiligen Bildungssystem voranzutreiben.

Bei den Bildungsinvestitionen zeigen die aktuellsten Daten des Anzeigers (2014), dass in der EU die öffentlichen Ausgaben in diesem Bereich nach drei rückläufigen Jahren wieder steigen. EU-weit nahmen die öffentlichen Bildungsinvestitionen um jährlich 1,1 Prozent zu. Etwa zwei Drittel der Mitgliedstaaten haben einen Anstieg zu verzeichnen. In sechs Ländern lag dieses Wachstum über 5 Prozent (Bulgarien, Lettland, Malta, Rumänien, Slowakei und Ungarn). Hingegen haben zehn Mitgliedstaaten ihre Bildungsausgaben 2014 gegenüber dem Vorjahr gekürzt (Belgien, Estland, Finnland, Griechenland, Italien, Kroatien, Litauen, Österreich, Slowenien und Zypern).

Gleichzeitig muss mehr getan werden, um die Bildungssysteme inklusiver zu gestalten. Bildung ist ein starker Integrationsfaktor für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Diese schneiden jedoch nach wie vor schlechter ab als im Land geborene Jugendliche. 2015 war in dieser Gruppe die Quote der frühen Schulabgänger höher (19 Prozent) und die der tertiären Bildungsabschlüsse geringer (36,4 Prozent) als unter den einheimischen Jugendlichen (10,1 Prozent beziehungsweise 39,4 Prozent).

Hieran wird deutlich, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen verstärken müssen – vor allem angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen und Migranten, die in die EU kommen (1,25 Millionen im Jahr 2015 gegenüber 400 000 im Jahr 2013). Etwa 30 Prozent der Neuangekommenen sind unter 18 und die Mehrzahl ist jünger als 34 Jahre. Für diese Menschen ist Bildung angesichts ihres jungen Alters ein äußerst wirksames Instrument zur Förderung ihrer gesellschaftlichen Integration.

Aus dem Anzeiger geht hervor, dass mehrere Mitgliedstaaten hier Anstrengungen unternehmen. In dem Bericht werden mehrere Einzelmaßnahmen beschrieben, die von der Bereitstellung beträchtlicher Haushaltsmittel bis hin zu innovativen Konzepten zum Schließen von Kompetenzlücken reichen.

Beispielsweise hat Österreich in allgemein- und berufsbildenden Schulen Übergangsklassen eingerichtet. Deutschland erwägt die Einstellung von über 40.000 Lehrkräften und von Tausenden Sozialarbeitern, um die Schaffung von rund 300.000 neuen Plätzen im deutschen Bildungssystem, von der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung bis hin zur Berufsbildung, zu unterstützen. Schweden hat die Regeln für Aufnahme und Schulbesuch neuangekommener Schulpflichtiger geändert und ein System zur frühzeitigen Einstufung des Kompetenzniveaus (innerhalb von zwei Monaten nach Eintreffen in der Schule) eingerichtet. Finnland hat die Finanzmittel für die Kommunen zur Einrichtung von Vorbereitungsklassen aufgestockt. Frankreich möchte Schulen für Eltern öffnen, damit die Integration der Kinder gelingt (Programmtitel: "Ouvrir l'école aux parents pour la réussite des enfants"). Und Belgien hat die Kapazität der Begrüßungsklassen und die Zahl der Sprachlehrer erhöht.

Hintergrund

Der Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung 2016 ist die fünfte Auflage eines von der Kommission jährlich veröffentlichten Berichts, der anhand einer Vielzahl von Daten aufzeigt, wie sich die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa entwickeln. Darin werden die Fortschritte gemessen, die Europa bei der Verwirklichung der Bildungsziele innerhalb der Europa-2020-Kernziele (im Rahmen der übergeordneten EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung) macht.

In dem Anzeiger werden die Hauptherausforderungen für die europäischen Bildungssysteme analysiert und Maßnahmen erläutert, mit denen diese Systeme besser auf die Erfordernisse der Gesellschaft und des Arbeitsmarktes zugeschnitten werden können.

Der Bericht enthält einen Ländervergleich und 28 ausführliche Länderberichte, außerdem werden auf einer eigenen Internetseite zusätzliche Daten und Informationen angeboten.

Die Investitionsoffensive für Europa, das Programm Erasmus+, die europäischen Struktur- und Investitionsfonds, einschließlich der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, sowie das Rahmenprogramm Horizont 2020 tragen zur Mobilisierung von Bildungsinvestitionen bei und unterstützen die politischen Prioritäten in diesem Bereich.

Deutschlands Bildungssystem bringt bessere Ergebnisse

Für die Bewältigung der großen Herausforderung, junge Menschen – auch Flüchtlinge und Migranten – durch hochwertige Bildungsangebote in die Gesellschaft zu integrieren, hat Deutschland im vergangenen Jahr erhebliche Anstrengungen unternommen.

Das betonte EU -Bildungskommissar Tibor Navracsics bei der Vorstellung des neuen EU -Jahresanzeigers für die allgemeine und berufliche Bildung. "In Deutschland gibt es Diskussionen darüber, mehr als 40.000 neue Lehrer und Tausende Sozialarbeiter einzustellen, um rund 300.000 neue Plätze im Bildungssystem von der frühkindlichen Bildung und Betreuung und Erziehung bis hin zur Berufsbildung zu schaffen", sagte er.

Der Kommissionsbericht zeigt an, welche Fortschritte die EU -Staaten bei der Verwirklichung ihrer Bildungsziele im Rahmen der Wachstumsstrategie "Europa 2020" machen und welche Aufgaben noch anstehen.

Deutschland hat seine Ergebnisse im Vergleich zu den Vorjahren verbessert und schneidet etwa bei der Senkung der Schulabbrecherquote und der Beschäftigungsrate für Absolventen überdurchschnittlich ab. Nachholbedarf gibt es etwa bei der lebenslangen Weiterbildung. Der Bildungserfolg hänge zudem stark vom sozio-ökonomischen Hintergrund ab. Auch Deutschland müsse mehr in sein Bildungswesen investieren, heißt es in dem Bericht.

Monitor für die allgemeine und berufliche Bildung

Die Internetseite bietet unter anderem interaktive Karten, eine Datenbank zu Schlüsselindikatoren, Beispiele guter Praxis und Infografiken.

Quelle oben: Europäische Kommission, Pressemitteilung, 07.11.2016; Quelle unten: EU-Nachrichten Nummer 18 vom 17.11.2016