Argentinien: Spiele & Prüfungen - Erfahrungen in der Beruflichen Bildung

"Wie soll ich mir das alles bloß merken, das ist für die Abschlussprüfung zu viel Stoff auf einmal", klagte die 19-jährige Argentinierin Sofia B., die in acht Wochen ihre zweijährige Ausbildung zur Industriekauffrau am Berufsbildungszentrum (BBZ) in Buenos Aires erfolgreich beenden will.

Für die Lehrkräfte am BBZ war dies Anlass genug, für die Phase der Prüfungsvorbereitung auf die Kaufmanngehilfenprüfungen der Auslandshandelskammer (AHK) einmal etwas Neues zu wagen.

Unter der Anleitung von Matthias Gaede, Lehrer am BBZ Buenos Aires, wurde im Projektunterricht diskutiert, wie gut und abwechslungsreich sich die Lerninhalte der letzten beiden Jahre aus den Fächern Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und kaufmännisches Rechnungswesen spielerisch wiederholen und festigen lassen. Unterstützt wurde die Idee und anschließende Vorbereitung auch von zwei Studierenden der Universität zu Köln, die derzeit ein Schulpraktikum am BBZ absolvieren.

In kleinen Teams bereiteten die Auszubildenden gemeinsam unterschiedliche Spiele vor, durch die die wichtigsten Inhalte, zum Beispiel durch Fragen und Antworten, wiederholt werden konnten. Dann war es soweit: Voller Begeisterung und Euphorie wurden Ende September 2016 die vielfältigen kreativen Lernideen präsentiert, darunter unter anderem eine Kletterpyramide, ein Glückspiel (ohne Geldeinsatz) und Monopoly.

Spielerische Auseinandersetzung mit Prüfungsthemen

Nicht nur die Auszubildenden und Lehrkräfte des BBZ probierten eifrig und voller Begeisterung die einzelnen Stationen aus, sondern auch Gäste aus dem argentinischen Lehrerbildungsinstitut "Lenguas Vivas", die an diesem Tag am BBZ im 'Deutschen Fachunterricht' (DFU) hospitierten.

"Es ist für mich total interessant gewesen zu sehen, mit wie viel Engagement sich die einzelnen Gruppen für diesen Tag vorbereitet haben. Ich bin wirklich positiv überrascht, aber ehrlicherweise auch teilweise mit manchen speziellen wirtschaftlichen Fragen überfordert", kommentierte mit einem Augenzwinkern Carol Bauckhage, Studentin am Lenguas Vivas, ihre Eindrücke. Gefragt wurde beispielsweise an einer Spielstation nach dem Unterschied zwischen externem und internem Rechnungswesen, nach den wichtigsten Aufgaben der Europäischen Zentralbank, nach der Bedeutung eines Handelsregisters und zahlreichen weiteren Themen. Mit jeder richtigen Antwort durfte man die Pyramide um eine Stufe höher klettern.

"Ich finde den Effekt großartig, wie selbstständig und umfangreich sich die Auszubildenden Gedanken gemacht haben, um nach möglichen Fragen und dazugehörigen Antworten zu suchen", bemerkte auch Lukas Bonacker, Student und angehender Wirtschaftspädagoge an der Universität zu Köln. "Allein schon die Tatsache, dass die Auszubildenden sich dadurch in der Vorbereitung spielerisch mit relevanten Prüfungsthemen auseinandersetzen, ist für mich besonders bemerkenswert und macht mir für meinen zukünftigen Unterricht noch mehr Mut", bemerkte Matthias Gaede, DFU-Beauftragter am BBZ, und freute sich sichtlich über die Begeisterung der Auszubildenden.

"Warum können wir nicht jeden Tag am BBZ etwas spielen, das hat richtig Spaß gemacht", bemerkte auch Sofia B., die sich in den nächsten Wochen ein bisschen gelassener und gemeinsam mit ihren Freundinnen auf die Abschlussprüfungen der AHK vorbereiten will.

Hintergrund

Das Berufsbildungszentrum BBZ Buenos Aires gehört zu den 140 Deutschen Auslandsschulen, die von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) des Bundesverwaltungsamtes im Auftrag des Auswärtigen Amts und unter Mitwirkung der Länder personell, finanziell und pädagogisch betreut werden. Die ZfA verstärkt die qualitätsorientierte Schulentwicklung und unterstützt die Gründung neuer Schulen mit deutschem Profil. Sie berät lokale Schulen beim Aufbau des Deutschunterrichts und bei der Einführung deutscher Schulabschlüsse nach internationalen Standards.

An rund zehn Berufsbildenden Zentren im Ausland wird die duale Ausbildung zu kaufmännischen und gewerblich technischen Berufen angeboten.


Quelle: Bundesverwaltungsamt, bva.bund.de, 11.10.2016