Spanien: Deutsche Firmen wollen rund 40 Prozent mehr Personal einstellen

Laut der im April 2016 vorgestellten Umfrage der Auslandshandelskammer (AHK) Spanien ordnen mehr als 90 Prozent der deutschen Firmen ihre Geschaeftssituation als gut bis zufriedenstellend ein. Als kritisch unter den Wettbewerbsfaktoren sehen die Befragten die unsichere politische Lage und die Berufsausbildung.

Der Wirtschaftsaufschwung in Spanien färbt auf die dort angesiedelten rund 1.300 Niederlassungen deutscher Unternehmen ab. Eine im April 2016 vorgestellte Umfrage der AHK Spanien ergab, dass mehr als 90 Prozent von ihnen ihre Geschäftssituation als gut bis zufriedenstellend einordnen und für 2017 optimistisch bleiben. Kritisch gesehen werden unter den Wettbewerbsfaktoren die unsichere politische Lage und die Berufsausbildung. Auch die Wirtschaftslage des Landes bewertet die Mehrheit als positiv.

Mit dem Wechsel des spanischen Konjunkturzyklus nach mehrjähriger Rezession ist auch die Stimmung der Unternehmen ins Positive umgeschlagen. Anfang 2014, als die Rezessionsphase allen noch tief in den Knochen steckte, hatten acht von zehn der befragten deutschen Niederlassungen die gesamtwirtschaftliche Lage des Landes als schlecht bis sehr schlecht bewertet. Anfang 2016 waren sieben von zehn mit ihr zufrieden. Nur noch drei von zehn hielten sie für schlecht. Von sehr schlecht wollte keine der 219 an der Umfrage beteiligten Firmen mehr sprechen.

Alle zwei Jahre befragt die AHK Spanien deutsche Unternehmen aller Größenordnungen in Spanien, wobei Industrie, Handel und der Dienstleistungssektor vertreten sind. Die meisten haben ihren Sitz in einer der vier Regionen Katalonien, Madrid, Baskenland und Valencia.

Die Erwartungen sind positiv. Spaniens Wirtschaftsleistung wächst seit 2014. Sie lag 2015 um 3,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahres und wird 2016 und 2017 laut Konsensprognose von 16 Wirtschafts- und Finanzinstituten leicht abgeschwächt um jeweils 2,7 und 2,3 Prozent weiter expandieren. Damit bliebe die spanische Volkswirtschaft unter den großen Industrienationen der Europäischen Union (EU) die dynamischste.

Bei den deutschen Unternehmen wächst das Vertrauen, dass die Erholungsprozesse mittelfristig anhalten werden. Über 92 Prozent sind der Ansicht, dass es 2016 weiter aufwärts gehen, beziehungsweise die Situation unverändert anhalten wird. Bis zum Horizont 2018/19 sehen das noch drei Viertel der Befragten so. Nur 8 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus.

 

Spürbare Erholung des spanischen Binnenmarktes

 

Noch positiver sind die Aussagen zur eigenen Geschäftslage. Sie wird von 94 Prozent der Unternehmen als gut, beziehungsweise zufriedenstellend bezeichnet.

Nur sechs Prozent sehen eine negative Entwicklung. "Auch das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den Aussagen von vor zwei Jahren", stellte der Geschäftsführer der AHK Spanien, Walther von Plettenberg, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Madrid fest. Doch sei die Krise für die meisten deutschen Firmen kein Desaster gewesen, da selbst in den Rezessionsjahren nur eines von fünf Unternehmen von einer schlechten Geschäftsentwicklung sprach.

Ihr starkes Engagement im Export habe vielen geholfen, die Krise vergleichsweise gut zu überstehen. "Hingegen spielt in der aktuellen Umfrage der Umfang der Exportaktivitäten kaum noch eine Rolle bei der Bewertung der Geschäftslage", so von Plettenberg. "Das lässt sich als deutliches Zeichen der Erholung des spanischen Binnenmarktes werten."

Mittelfristig gehen die Unternehmen von einer Verbesserung oder Stabilisierung der Geschäftslage in einem positiven Umfeld aus. Die Umsätze haben bei zwei Dritteln bereits 2015 zugenommen. Für 2016 rechnet ein Drittel mit einem Zuwachs um fünf Prozent, ein weiteres Drittel geht sogar von einem Anstieg um 6 bis 15 Prozent aus. Mit rückläufigen Erlösen rechnen nur knapp fünf Prozent.

Ein weiteres Signal für eine Erholung des Umfelds ist die Investitions- und Personalplanung. Über 40 Prozent der Unternehmen wollen 2016 mehr Mitarbeiter einstellen als im Jahr zuvor - mit anhaltender Tendenz bis 2019. Nur neun Prozent denken 2016 an einen Personalabbau. Rund 60 Prozent rechnen 2016 mit Lohnerhöhungen zwischen 1 und 3 Prozent.

Nachdem rund 41 Prozent der Firmen bereits 2015 ihre Investitionen gegenüber dem Vorjahr ausgeweitet hatten, planen rund 38 Prozent das auch 2016 und 2017. Von geringeren Investitionen gehen nur 6 Prozent.

 

Stärken und Schwächen des Standorts Spanien

 

Bei der Bewertung der Wettbewerbsfaktoren lässt in den Augen der Unternehmen die politische Sicherheit, die eine hohe Bedeutung hat, gegenüber früher sehr zu wünschen übrig.

Negativ bemerkbar macht sich hier die politische Lähmung in Spanien. Die Parlamentswahlen vom 20.12.2015 haben zwar mehr Parteien, aber keine regierungsfähige Koalition hervorgebracht, so dass nach Monaten vergeblichen Verhandelns für den 26.6.2016 Neuwahlen anberaumt werden mussten.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt für die Unternehmen ist die nicht akademische Schul- und Berufsausbildung, bei der sie in Spanien auf Defizite stoßen. Ein von Staat und Unternehmen getragenes duales Ausbildungssystem gibt es nicht, selbst wenn das Bildungssystem in dieser Hinsicht flexibilisiert wurde und viele deutsche Betriebe den neuen Spielraum nutzen, um in die praxisnahe Ausbildung des Nachwuchses zu investieren.

Positiv schneiden unter den Wettbewerbsfaktoren mit hohem Stellenwert die Motivation der Mitarbeiter ab, die Qualität der universitären Ausbildung und die Produktivität der Mitarbeiter im Vergleich mit Deutschland.

Wie bereits in früheren Umfragen gab etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligten an, von Spanien aus auch für weitere Märkte zuständig zu sein. An erster Stelle steht dabei Portugal, mit Abstand folgen Länder in Lateinamerika.

Geschäftsklima in Spanien

Die Umfrage "Deutsche Unternehmen in Spanien. Geschäftsklima 2016. Digitalisierung." steht auf der Internetseite der AHK Spanien zum Herunterladen zur Verfügung.

Sprachen: komplette Umfrage (59 Seiten) in Spanisch, Zusammenfassung in Deutsch

Quelle: Germany Trade and Invest GTAI, Marktinformationen, 02.05.2016