Überzeugen auf US-Art ist entscheidend

Wegen seiner europäischen Wurzeln, der englischen Sprache und der großen Präsenz in den deutschen Medien wirken die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) auf Deutsche vertraut. Dies verdeckt jedoch kleine, aber feine Unterschiede. Der lockere Umgang beschränkt sich auf die Form und darf nicht überinterpretiert werden.

Die USA sind eine von Einwanderung geprägte Nation. Die Neubürger kamen für lange Zeit überwiegend aus Europa. Vor allem seit dem "Immigration and Naturalization Services Act of 1965" kommen jedoch immer mehr Menschen aus nicht-europäischen Herkunftsländern.

Die Gesamtbevölkerung wird dem U.S. Census Bureau zufolge in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen, von derzeit rund 320 Millionen auf fast 420 Millionen im Jahr 2060. Gleichzeitig wird sie aber auch älter sowie ethnisch und kulturell vielfältiger. Kräftig zunehmen wird vor allem die Bevölkerung mit lateinamerikanischen Wurzeln.

Für den Zusammenhalt der US-Gesellschaft sind vor allem zwei Faktoren maßgeblich:

Zum einen bildete sich mit den Wasps (White Anglo Saxon Protestants) eine Gesellschaftsgruppe heraus, aus der sich die wirtschaftliche wie politische Führung maßgeblich rekrutierte. Deren protestantische beziehungsweise puritanische Werte bildeten die Grundlage für die gesellschaftlichen Normen.

Zum anderen entstand das Konzept des "American Dream". Demzufolge kann es jeder zu Wohlstand bringen, der bereit ist, sich an die gesellschaftlichen Normen zu halten und hart zu arbeiten. Auch für Neueinwanderer ist es möglich, ein vollwertiges Gesellschaftsmitglied - sprich ein Amerikaner - zu werden. Entstanden ist dieses Konzept vor dem Hintergrund einer dynamischen Gesellschaft, in der sich ständig neue (geschäftliche) Chancen boten.

Beide Faktoren haben jedoch an ordnender Kraft eingebüßt. Die demografische Entwicklung hat den Einfluss der Wasps gerade auch im Geschäftsleben schwinden lassen. Angehörige traditioneller Minderheiten und Neueinwanderer übernehmen mehr und mehr die angestammten Positionen. Außerdem hat der American Dream an Attraktivität verloren und wird kritischer gesehen, zumal die jüngste Rezession viele Einkommen geschmälert und die Ungleichheit verstärkt hat.

Deutsche Geschäftsleute sollten sich deshalb im Umgang mit potenziellen Geschäftspartnern, Mitarbeitern wie auch Kunden auf ein zunehmend multiethnisches Umfeld einstellen. Sie können zwar weiterhin davon ausgehen, dass sich ihre US-Gegenüber an den übergreifenden Geschäftsgepflogenheiten orientieren, allerdings machen sich die ethnischen Wurzeln des Geschäftspartners mitunter in einem unterschiedlichen Kommunikationsstil oder anders gelagerten Humor bemerkbar. Besonders häufige Kontakte zu Neueinwanderern ergeben sich in Hochtechnologiebranchen, Start-ups und innovativen Clustern wie dem Silicon Valley.

 

Regeln für den Geschäftskontakt: Grundsätzliche Verhaltensweisen

 

Die angemessene Geschäftskleidung variiert je nach Region, Branche und Unternehmenskultur. Im regionalen Vergleich ist die Kleiderordnung im Nordosten besonders konservativ, während sie in einem typischen Start-up im Silicon Valley sehr locker ausfällt. Zudem sind Führungskräfte eher konservativ gekleidet (dunkler Anzug, helles Hemd und Krawatte). Beim ersten Treffen auf weniger bekanntem Terrain sollte daher formelle Geschäftskleidung (formal business attire) gewählt werden.

Als persönliche Distanzzone ist mindestens eine Armlänge Abstand angebracht. Bei einer zufälligen Berührung im direkten geschäftlichen Umfeld, aber auch auf der Straße oder im Aufzug, ist eine kurze Entschuldigung angebracht. Mit Wendungen wie "Thank you", "Excuse me" oder "Sorry" muss nicht gespart werden. Frauen erwarten im geschäftlichen Umfeld nicht, dass sie anders behandelt werden als Männer. Viele Frauen haben mittlerweile Führungspositionen inne, auch auf der obersten Ebene.

 

Die Kunst des Small Talk und die Handhabung von Humor und Kritik sind wichtige Erfolgsfaktoren

 

Geschäftspartner in den USA erwarten, dass das ausländische Gegenüber aktiv zu einem entspannten Verhandlungsklima beiträgt. Besprechungen beginnen oft mit einem kurzen, aber wichtigen Small Talk. Sich kontaktfreudig und humorvoll zu zeigen und eine persönliche Anekdote beizusteuern, kann sehr wirkungsvoll sein.

Themen, die in Kontroversen abgleiten könnten, sind von Beginn an zu vermeiden. Insbesondere bei Politik, Religion oder Geschichte können schnell tiefgehende transatlantische Unterschiede zu Tage treten. Als gute Themen eignen sich daher Sport, Hobbys, Reisen und das Wetter. Gerade die aus deutscher Sicht häufig bemängelte Oberflächlichkeit macht den Small Talk zu einem wirkungsvollen Werkzeug, um im US-Umfeld leicht viele Kontakte zu knüpfen.

Humor ist ein wichtiger Bestandteil des geschäftlichen Umgangs - solange dabei niemand diskriminiert wird. In den USA wird Antidiskriminierung sehr ernst genommen; ein Fehlverhalten kann rechtliche und kostspielige Folgen nach sich ziehen. Einen guten Eindruck von der Bedeutung des Themas in der Geschäftswelt vermittelt das Plakat "Equal Employment Opportunity is the Law", das gut sichtbar für Beschäftigte und Bewerber aufgehängt werden muss.

Auch bei Kritik und Tadel ist generell Vorsicht angebracht. In den USA werden derartige Inhalte häufig geschickt zwischen positive Aussagen gestellt. Somit kann zu ehrlich geäußerte Kritik oder eine direkte Ablehnung schnell als unhöflich und verletzend aufgefasst werden. Die deutsche Art der sachorientierten, offenen Kritik gilt hier mindestens als sehr direkt.

Deutsche sehen die amerikanische Think-Big-Mentalität häufig kritisch oder missverstehen sie sogar als Großmäuligkeit. Dabei hat sie Hand und Fuß: Zwar bestehen im drittgrößten Land der Erde regionale Unterschiede, dennoch bilden die USA den wohl wichtigsten homogenen Markt weltweit. Auf Grundlage der gleichen Sprache und Währung, gut ausgebauter Kommunikations- und Transportsysteme, eines gemeinsamen Rechtssystems wie auch ähnlicher Geschäftsgepflogenheiten können hier über 320 Millionen Konsumenten über direkte und indirekte Vertriebskanäle angesprochen werden.

US-Firmen denken also in entsprechend größeren Marktpotenzialen, selbst bei Angeboten, die auf Nischen ausgerichtet sind. Diese Charakteristika sind auch der Grund dafür, dass die USA ein besonders attraktiver Standort sind - gerade für Start-ups, wo schnelles Wachstum entscheidend ist und ebenso die Fähigkeit, bei wachsenden Anforderungen erweitern zu können. Deutsche Geschäftsleute sollten ihre potenziellen US-Vorhaben also auch einmal durch die "größere" US-Brille betrachten.

Die Feiertage in den USA werden in der Regel auf einen Montag gelegt, um verlängerte Wochenenden zu ermöglichen. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht für die drei wichtigsten: Der Unabhängigkeitstag wird immer am 4.7. gefeiert, Weihnachten am 25.12. und das Erntedankfest am vierten Donnerstag im November. Das Geschäftsleben beruhigt sich stark um das Erntedankfest; stattdessen ist dieser Zeitraum durch eine intensive Reisetätigkeit geprägt.

 

Hinweis

 

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Quelle: Germany Trade and Invest - GTAI, Länder.Märkte.Chancen. - Die GTAI Online-News, 18.01.2016