Japanischer Arbeitsmarkt trotzt gängigen Weisheiten

Die japanische Wirtschaft ist immer wieder für Überraschungen gut. So sollte die Zahl der Erwerbstätigen eigentlich abnehmen, da Japans Geburtenrate so niedrig ist wie fast nirgendwo sonst auf der Welt. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein: So kletterte die Zahl der Beschäftigten im August auf den höchsten Stand seit Beginn der Erhebungen 1953.

Die Zahl der Erwerbstätigen sollte eigentlich abnehmen, da Japans Geburtenrate so niedrig ist wie fast nirgendwo sonst auf der Welt und inzwischen jeder vierte Japaner über 65 Jahre alt ist.

Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein: So kletterte die Zahl der Beschäftigten im August auf den höchsten Stand seit Beginn der Erhebungen 1953 – nämlich fast 56 Millionen. Der Arbeitsmarkt wird dabei von verschiedenen Kräften bewegt.

 

Trend zu mehr Frauen

 

In dieser Zahl ist eine zweite interessante Entwicklung enthalten: Die Zahl der beschäftigten Frauen nimmt zu, während die Zahl der erwerbstätigen Männer zurückgeht.

Das hängt zum einen mit der größeren Selbständigkeit der Frauen zusammen, die immer später oder gar nicht heiraten beziehungsweise in einer Ehe dazuverdienen müssen, weil ein Einkommen nicht ausreicht. Zum anderen wachsen jene Sektoren der Wirtschaft, in denen Frauen leichter Jobs finden, insbesondere der medizinische Bereich, der Wohlfahrtssektor etwa mit der Altenpflege und der Einzelhandel.

Die bisherige Betrachtung des Arbeitsmarktes in Japan wirkt ohnehin überholt: Sie stammt aus der Zeit, als Japan eine Hochburg des produzierenden Gewerbes war. Deshalb konzentriert sich die vierteljährliche Tankan-Umfrage der Bank of Japan vor allem auf das Geschäftsklima bei den Managern der großen Industrieproduzenten. Auch die Auftragseingänge im Maschinenbau und die Industrieprodukte werden in ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung inzwischen überschätzt. Dabei ist inzwischen China die Werkbank der Welt geworden.

 

Mehr Dienstleistungen

 

Denn seit den 1980er Jahren hat in Japan die Bedeutung des Dienstleistungsgewerbes und des Binnenkonsums – ähnlich wie in den USA – stark zugenommen. Inzwischen macht der Konsum rund 65 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

Auch die aktuelle konjunkturelle Erholung unter der Abe-Regierung basiert insbesondere auf dem Konsum und hängt weniger an Industrieproduktion und Exporten, während sich ironischerweise die Erholung in den USA weniger auf den Konsum stützt als in der Vergangenheit.

Eine steigende Zahl von Beschäftigten, sei es mehr Frauen oder mehr Senioren, ist insgesamt gut für die japanische Wirtschaft, da dies eine höhere Lohnsumme bedeutet. Selbst ohne steigende Löhne und Gehälter könnte es Japan auf diese Weise gelingen, die Deflation zu überwinden, falls diese Mehrbeschäftigung über die höhere Lohnsumme in einen stärkeren Konsum mündet.

Der alte Rekord bei der Zahl der Beschäftigten stammte aus dem November 2007, ab dem die Jahrgänge der sogenannten Babyboomer das Rentenalter von 60 Jahren erreichten.


Quelle: Japan Markt Online, 20.12.2013