EU macht Folgen der Mittelkürzungen von Bildungshaushalten deutlich

In 16 Mitgliedstaaten ist der Bildungshaushalt von 2008 bis 2011 geschrumpft und sechs Länder haben die Ausgaben in diesem Bereich 2012 weiter stark gekürzt - dies geht aus dem Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung hervor, den die Europäische Kommission Ende 2013 vorgelegt hat.

In der Ausgabe 2013 des Anzeigers wird beschrieben, wie sich die Lage beim Erreichen bestimmter Benchmarks und in Bezug auf bestimmte Indikatoren in den einzelnen Ländern entwickelt hat, und es werden aktuelle politische Entwicklungen und Analysen dargelegt. Zu dem Anzeiger gehören auch 28 länderspezifische Berichte und ein Online-Tool zur Visualisierung der Daten. Damit bietet der Anzeiger eine Fülle von Daten, die eine faktengestützte Politikgestaltung in Europa erleichtern.

"Die im jährlichen Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung veröffentlichten Daten sind von unschätzbarem Wert – sie ermöglichen es den Mitgliedstaaten, sich miteinander zu vergleichen, und ermuntern die Entscheidungsträger, wirksame Investitionen in die Modernisierung ihrer Bildungssysteme zu tätigen, um eine höhere Qualität und bessere Ergebnisse zu erzielen. Das ist absolut zentral, wenn wir sicher gehen wollen, dass junge Menschen über die Kompetenzen verfügen, die sie brauchen, um im Leben Erfolg zu haben", erklärte Androulla Vassiliou, die EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend.

In der 2013er Ausgabe des Anzeigers findet sich bestätigt, dass die Beschäftigungsquote derjenigen Abgänger, die vor Kurzem das Bildungssystem mit mindestens einem Abschluss auf Sekundarstufe-II-Niveau verlassen haben, gesunken ist:

Gegenüber 82 Prozent im Jahr 2008 finden nun nur noch 76 Prozent von ihnen eine Stelle. Ein Hochschulabschluss ist nach wie vor in allen Mitgliedstaaten auf dem Arbeitsmarkt von Vorteil, doch hat jeder fünfte Erwerbstätige mit Hochschulbildung in der europäischen Union (EU) eine Stelle, für die üblicherweise eine geringere Qualifikation ausreichen würde.

Trotz der hohen Arbeitslosigkeit ist dies ein Indikator dafür, dass ein besorgniserregendes Missverhältnis zwischen den von den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung vermittelten Kompetenzen und den Qualifikationsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt besteht.

 

Kernziel der Strategie Europa 2020: stetige Fortschritte

 

Die Quote der Bildungsabgänger ohne weiterführenden Abschluss sinkt weiterhin und beträgt derzeit 12,7 Prozent. Die EU hat sich für 2020 als Ziel einen Wert von zehn Prozent oder weniger gesetzt.

Da die Arbeitslosenquote bei diesen Abgängern bei knapp über 40 Prozent liegt, besteht die größte Herausforderung darin, den Übergang von der Schule in die Beschäftigung zu bewältigen. Hierbei helfen qualitativ wertvolle Praktika, Lehrstellen und Modelle des dualen Lernens, bei denen Unterricht und praktische Erfahrungen miteinander verknüpft werden.

In Ländern, in denen die Ausbildung stark praxisorientiert ist, haben es Absolventen beruflicher Aus- und Weiterbildungsgänge beim Übergang auf den Arbeitsmarkt leichter.

Verstärktes Augenmerk ist auch auf Übergangsmöglichkeiten aus der Beschäftigung in Weiterbildungsaktivitäten zu richten – weniger als ein Prozent der 18- bis 24-Jährigen bilden sich nach Verlassen des offiziellen Bildungssystems nebenbei weiter.

Da die Zahl der Hochschulabschlüsse langsam zunimmt – sie erreicht jetzt 35,7 Prozent, Ziel der Strategie Europa 2020 ist 40 Prozent –, zielen die Politikmaßnahmen immer stärker darauf ab, die Abbrecherquoten zu senken, Qualität und Nutzen der Bildung zu verbessern und die internationale Mobilität der Studierenden zu fördern. Durch internationale Mobilität in der Hochschulbildung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Absolventen anschließend mobiler sind; zudem kann diese Mobilität dazu beitragen, Ungleichgewichte bei Qualifikationsangebot und -nachfrage auszugleichen und Engpässe auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu beseitigen.

 

Weitere zentrale Erkenntnisse des Anzeigers für die allgemeine und berufliche Bildung

 

Viele Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa sind noch von Ungleichheiten geprägt. Dies äußert sich darin, dass bestimmte Gruppen wie junge Menschen mit Migrationshintergrund starke Defizite bei Kompetenzen und Qualifikationen aufweisen. Diese Ungleichheiten haben schwerwiegende Konsequenzen für die Betroffenen, den wirtschaftlichen Fortschritt und den sozialen Zusammenhalt – die Erfolge der Mitgliedstaaten beim Abbau dieser Ungleichheiten sind sehr unterschiedlich.

Der Lehrberuf wird stark von demografischen Trends beeinflusst: In vielen Mitgliedstaaten gehört die Mehrzahl der Lehrerinnen und Lehrer der höchsten Altersstufe an, nur sehr wenige sind jünger als 30. Es muss nicht nur neu überlegt werden, wie man Lehrkräfte über ihre gesamte Laufbahn hinweg in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützen kann, sondern auch, wie man die besten Kandidaten für den Beruf interessieren, anwerben und ausbilden kann.

Europa hat Nachholbedarf bei der Entwicklung freier Lern- und Lehrmaterialien (Open Educational Resources – OER) sowie offener Online-Kurse mit sehr vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern (Massive Open Online Courses – MOOC). Zwar sind die digitalen Medien integraler Bestandteil der Kommunikation zwischen den Menschen sowie von Arbeit und Handel, aber in der allgemeinen und beruflichen Bildung schöpft Europa ihr Potenzial nicht voll aus. Zwar erkennen 70 Prozent der Lehrkräfte in der EU an, dass der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Bildung und Ausbildung zentral ist, doch werden lediglich 20 Prozent der Studierenden auch von Lehrkräften unterrichtet, die mit IKT umgehen können und ihren Einsatz fördern.

 

Kompetenzen: zurück zu den Grundlagen

 

Neue Erkenntnisse aus der jüngsten Erhebung der OECD über die Kompetenzen von Erwachsenen (IP/13/922) zeigen deutlicher, über welches Kompetenzniveau die europäische Erwerbsbevölkerung verfügt. So hat jeder fünfte Erwachsene in der EU lediglich grundlegende Lese- und Schreibfähigkeiten, bei den Rechenfähigkeiten ist es sogar fast jeder vierte.

Die Ergebnisse machen ferner deutlich, dass das lebenslange Lernen stärker ausgebaut werden muss. Die Beteiligung der Erwachsenen am lebenslangen Lernen liegt bei weniger als zehn Prozent, am stärksten ausgeprägt ist sie bei jungen Menschen und Personen mit hohem Bildungsabschluss, nicht dagegen bei denjenigen, die den größten Bedarf hätten.

Abgesehen von den grundlegenden Kompetenzen ist nur die Hälfte der jungen Menschen ab 15 Jahren in der EU der Meinung, dass ihnen ihre Schulbildung dabei geholfen hat, unternehmerische Fähigkeiten zu entwickeln.

Unternehmerische Fähigkeiten müssen gefördert werden, um die Neugründung von Unternehmen, die Innovationsfähigkeit der Arbeitnehmer und die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen zu verbessern. Bildungsinhalte zum unternehmerischen Denken und Handeln sind daher unerlässlich, um den wirtschaftlichen Nutzen der Bildung zu maximieren.

 

Hintergrund

 

Der jährliche Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung wurde erstmals im November 2012 vorgelegt. In diesem Dokument wird untersucht, wie sich die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa entwickeln.

Neben spezifischen Benchmarks und Indikatoren werden darin auch aktuelle und geplante Studien sowie politische Entwicklungen thematisiert. Ergänzt werden die Erkenntnisse des Anzeigers 2013 durch neue Fachberichte wie eine Studie über Studienabbrecher und eine Studie über die Mobilität im Studium.

Mit dem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung ("ET 2020") werden Reformen in den Mitgliedstaaten unterstützt, die auf die Förderung von Wachstum und Beschäftigung abzielen.

In dem jeden Herbst von der Kommission vorgelegten Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung werden die Fortschritte in Bezug auf die ET-2020-Benchmarks und ‑Schlüsselindikatoren einschließlich der Kernziele der Strategie Europa 2020 für die allgemeine und berufliche Bildung dargestellt.

European Education and Training Monitor

Der englischsprachige Anzeiger für die allgemeine und berufliche Bildung (Education and Training Monitor) steht bei der Europäischen Kommission zum kostenlosen Download zur Verfügung. Gleiches gilt für die 28 länderspezifischen Berichte und ein Online-Tool zur Visualisierung der Daten.


Quelle: Europäische Kommission, Pressemitteilung IP/13/1006, 30.10.2013