Südafrika: Fachkräftemangel verzögert Realisierung von Großprojekten im Bausektor

Der südafrikanische Bausektor erlebte 2008 eine Hochkonjunktur. Grund für den Bauboom sind unter anderem hohe Investitionen der öffentlichen Hand im Infrastrukturbereich. Die Realisierung von Großprojekten verzögert sich allerdings häufig durch den Mangel an Fachkräften. Um wichtige Vorhaben bis zur Fußball-WM im Jahr 2010 abschließen zu können, werden oft ausländische Unternehmen hinzugezogen.


Die südafrikanische Baubranche ist seit 2004 Wachstumsraten von 11 bis 13 Prozent gewohnt und dürfte 2008 einen Wert von rund 85 Millarden Rand (R; etwa 8,6 Millarden Euro; 1 R = rund 0,10 Euro) erreichen (davon 50 Millarden R für Gebäude und 35 Millarden R für Industrie- und Infrastrukturbau). Von staatlicher Seite werden bis 2012 rund 412 Millarden R für Infrastrukturprojekte zur Verfügung gestellt.

Vor allem der Energieversorger Eskom sowie das Transport- und Verkehrsunternehmen Transnet haben enormen Investitionsbedarf. Beide wollen bis 2010 etwa 250 Millarden R in die Infrastruktur des Landes investieren.

Ein wichtiger Impulsgeber für die Bauindustrie ist die Fußball-WM 2010. Südafrika will dieses Ereignis nutzen, um sich der Weltöffentlichkeit als modernes und funktionierendes Land zu präsentieren. Das erhöht den Druck, lange geplante Infrastrukturprojekte endlich anzugehen.

Auf die international viel diskutierten Stadionprojekte entfällt dabei nur ein relativ geringer Teil der gesamten Investitionen im Infrastrukturbereich; das lokale Organisationskomitee schätzt deren Höhe auf etwa 20 Millarden R. Fünf Stadien müssen neu gebaut, fünf weitere zum Teil umfassend modernisiert werden. Hinzukommt die fehlende Infrastruktur rund um die Stadien, wie Parkplätze, Einrichtungen für Sicherheitskräfte oder IT-Vernetzung.

Neben den Stadionprojekten, die im Laufe des Jahres 2007 begonnen wurden, sollen die Hotelkapazitäten ausgebaut, zahlreiche Projekte im Bereich Verkehr verwirklicht und ganze Stadtteile rund um einige Stadien saniert werden. Nicht zuletzt werden durch das Fußball-Großereignis auch Milliardenrandsummen in den Ausbau der Fernseh- und Radioübertragungsnetze investiert.

Mangel an Fachkräften

Obgleich reichlich Geld vorhanden ist, verzögert sich die Realisierung von Großprojekten häufig wegen des Mangels an Fachkräften. Der südafrikanische Bausektor hat nicht genügend Kapazitäten, um den Projektstau alleine bewältigen zu können und in den Behörden fehlt es an Experten, die umfangreiche Bauprojekte von der Ausschreibung bis zur Bauabnahme kompetent begleiten können.

Um zu vermeiden, dass die Weltmeisterschaft (WM) außer neuen Stadien nur wenig an moderner Infrastruktur hinterlässt, bemühen sich die zuständigen Behörden um "nachhaltige Lösungen".

Aufgrund des im eigenen Land fehlenden Know-hows und des Zeitdrucks unter dem die Projekte vorangetrieben werden müssen, werden an vielen WM-Projekten ausländische Unternehmen beteiligt. Gerade deutsche Firmen mit Erfahrung aus der WM 2006 werden zunehmend in die Vorhaben eingebunden.

An öffentlichen Geldern könnten in den kommenden fünf bis zehn Jahren insgesamt über 400 Millarden R in Infrastrukturprojekte fließen. Alleine die beiden Staatsunternehmen Eskom und Transnet wollen in diesem Zeitraum einen Großteil der Summe in Kraftwerke und Verkehrsprojekte investieren.

Im Transportbereich ist der Investitionsstau inzwischen so groß, dass die vom nationalen Transportunternehmen Transnet geplanten 78 Millarden R für neue Projekte als zu wenig erachtet wurden. Derzeit werden die völlig überlasteten Häfen, allen voran der in Durban, durch neue Anlegestellen, Containerterminals und Lagerkapazitäten modernisiert und erweitert.

Andere Häfen werden speziell auf die Anforderungen der wichtigen Industriezweige Bergbau und Automobilindustrie ausgerichtet. Dadurch will Transnet die bestehenden ökonomisch kostspieligen Engpässe im Gütertransport beseitigen.

Die staatliche Airports Company South Africa (ACSA) wird im Hinblick auf die WM 2010 mindestens 5,2 Millarden R in den Ausbau der Flughäfen investieren und damit den Anschluss an internationale Flughafenstandards wieder herstellen. Der Johannesburger Flughafen OR Tambo ist inzwischen zu einer Großbaustelle geworden.

Darüber hinaus hat die SA National Roads Agency 25 Millarden R für den Ausbau von Nationalstraßen, insbesondere Mautautobahnen, bis 2010 bereitgestellt. Experten meinen indes, dass etwa 100 Millarden R notwendig wären, um das Straßennetz hinreichend auszubauen und zu modernisieren.

Der Bau des geschätzt 20 MillardenR teuren Gautrains zwischen Johannesburg und Pretoria wird einen beträchtlichen Teil der Kapazitäten südafrikanischer Bauunternehmen über Jahre hinaus binden. Eigentlich sollte die Zugverbindung bereits zur WM 2010 fertig sein, Beobachter rechnen allerdings bis zu dem Zeitpunkt höchstens mit der Fertigstellung des Teilstücks OR Tambo-Sandton.

Zementknappheit verzögert Großprojekte

Bei der Wasserver- und -entsorgung drohen Engpässe. In den nächsten 20 Jahren sollen 21 Millarden R für den Bau neuer Dämme investiert werden. Einige Großprojekte, wie zum Beispiel der Bau des 4,5 Millarden R teuren De Hoop Dammes, verzögern sich immer wieder. Als Grund dafür geben die Projektbeteiligten die Knappheit an Zement im Lande an.

Andere derzeit im Bau befindliche Großvorhaben sind das Lesotho Highlands Water Project (Lesotho), das Berg River Project (Western Cape) sowie der Bau der Wasserpipeline vom Vaal-Damm zu den Sasol- und Eskom-Produktionsstätten in der Provinz Mpumalanga.

Quelle: bfai Online-News, Nummer 23 vom 18.12.2008, Autor: Carsten Ehlers