BWP-Schwerpunkt: Fachkräftequalifizierung weltweit

Indien, China, Russland, USA, Mexiko und Ägypten - Einblicke in Konzepte und Aktivitäten zur Fachkräftequalifizierung in diesen Ländern gibt der Themenschwerpunkt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis - BWP. Dabei geht es unter anderem auch um die Frage, ob und wie sich Elemente der dualen Ausbildung transferieren lassen.

Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften stellt Bildungssysteme und Wirtschaft weltweit vor die Herausforderung, Aus- und Weiterbildungskonzepte anzupassen und weiter zu entwickeln. Je nach Ausgangslage und nationalen Besonderheiten werden hierzu spezifische Wege gewählt.

Die Beiträge in der BWP-Ausgabe 5/2013 geben Einblicke in Aktivitäten und Entwicklungen in unterschiedlichen außereuropäischen Ländern.

Reinhold Weiß, Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), betont in seinem Editorial, dass Dualität wesentlich mehr ist als die Bereitstellung von Praktika für Lernende in beruflichen Schulen. Eine große Herausforderung sieht er darin, Betriebe zu motivieren, Verantwortung für eine qualifizierte und systematische Ausbildung der jungen Menschen zu übernehmen.

Beiträge zum Themenschwerpunkt im Überblick:

Fachkräftequalifizierung im Kontext von Bildungs- und Beschäftigungssystemen

Busemeyer, Marius R.

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern Berufsbildungssysteme Strategien der Fachkräftequalifizierung beeinflussen. Hierzu wird eine Typologie von Berufsbildungssystemen vorgestellt, die vier Modelle unterscheidet: das liberale, das etatistische, das segmentalistische und das kollektive Modell.

Die grundlegenden Eigenschaften dieser Modelle werden anhand von Länderbeispielen konkretisiert. Dabei wird auch auf die engen Verbindungen zwischen Berufsbildungssystem, Arbeitsmarktstrukturen und industriellen Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden verwiesen.

Abschließend wird diskutiert, wie sich das Berufsbildungssystem auf Muster der Fachkräftequalifizierung auswirken kann. Durch den internationalen Vergleich wird zugleich die Sonderstellung des deutschen Modells der Fachkräftequalifizierung deutlich.

Berufsausbildung in Mexiko - Wie das Land das duale Modell tropenfest macht

Cáceres-Reebs, Diana; Schneider, Udo

Mexiko ist einer der größten Wirtschaftsstandorte weltweit und als G-20-Mitgliedstaat auch für deutsche Unternehmen ein attraktiver Standort. Bei der Produktion im globalen Wettbewerb kommt der Fachkräftequalifizierung und -sicherung eine zunehmende Bedeutung zu.

Berufliche Bildung als Kombination von Theorie und betrieblicher Ausbildung gilt dabei als erfolgreiche Strategie, um Fachkräfte dem wirtschaftlichen Bedarf entsprechend zu qualifizieren. Zu diesem Zweck hat Mexiko eine an das deutsche Modell angelehnte Ausbildungsform entwickelt und diese an seine "tropischen" Rahmenbedingungen angepasst.

Der Beitrag stellt die Charakteristika der mexikanischen dualen Berufsausbildung vor und beleuchtet Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum deutschen Berufsbildungssystem.

Ausbilden im Ausland - Motive und Erfahrungen deutscher Unternehmen am Beispiel China

Interview mit Ralph Linde und Stefan Dietl

Was im Rahmen europäischer Bildungspolitik seit gut einem Jahr als Erfolgsrezept gehandelt wird – die Qualifizierung von Fachkräften nach dualem Modell – praktizieren deutsche Unternehmen schon seit einigen Jahren an unterschiedlichen Standorten weltweit.

Doch was sind die Beweggründe deutscher Firmen, junge Menschen im Ausland nach dualem Ausbildungsmodell zu qualifizieren? Welcher Rahmenbedingungen bedarf es, um eine duale Ausbildung in einem fremden Land zu organisieren? Und warum lohnt sich dieses Engagement?

Ausbildungsengagement deutscher Firmen in Indien

Verfürth, Maren; Diart, Martin

Das duale System der Berufsausbildung erfährt weltweit große Wertschätzung – so auch in Indien. Das Land steht vor der Herausforderung, qualitativ und quantitativ in die Berufsausbildung von Fachkräften zu investieren.

Beim Aufbau einer leistungsfähigen Ausbildungsinfrastruktur richtet sich der Blick auch auf das Engagement deutscher Firmen in Indien: Wie bilden diese Unternehmen aus und auf welche Strukturen vor Ort können sie zurückgreifen?

Diesen Fragen ging eine explorative Studie zum Ausbildungsengagement deutscher Firmen in Indien nach, die in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Auftrag des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) von der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) durchgeführt wurde.

Der Beitrag stellt ausgewählte Ergebnisse vor.

Schweizer Fachkräftequalifizierung in Indien

Tanner, Hanspeter; Glättli, Arthur W.

Entwicklung der Ausbildung zum "Multi Skilled Production Technician"

Im Jahr 2008 wurde die Schweizerisch-Indische Handelskammer bei den Berufsbildungsbehörden der Schweiz mit dem Anliegen vorstellig, Schweizer Betriebe in Indien bei der Fachkräfteausbildung zu unterstützen. Im Rahmen eines Pilotprojekts – bis Ende 2013 durch die Eidgenossenschaft unterstützt – wird seitdem an der Anpassung der schweizerischen Ausbildung zum Polymechaniker an die indischen Bedürfnisse gearbeitet.

Der Beitrag stellt die vielfältigen Erfahrungen dieses Projekts sowie erste Zwischenergebnisse der laufenden Evaluation vor.

Pathways to Prosperity - Entwicklungen des Work Based Learning in den USA

Rein, Volker

Zur Verbesserung der chronisch defizitären Fachkräfteausbildung wird in den USA seit Längerem eine Ausweitung des Work Based Learning gefordert. Dieses Konzept der beruflichen Qualifizierung ist in den USA im Spannungsfeld von Bildung und beruflichem Training seit Beginn des 20. Jahrhunderts in unterschiedlichen Varianten und Zielstellungen entwickelt worden.

Mit der aktuellen Initiative "Pathways to Prosperity", die seitens der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gefördert wird, erhält die theorie-praxisverzahnte Qualifizierung neuen Aufschwung und wird in den USA zunehmend bildungsbereichsübergreifend diskutiert.

Im Beitrag werden diese Entwicklungen und Diskussionen nachgezeichnet.

Attraktivität gewerblicher Ausbildungsberufe in Russland

Isaew, Ilja F.; Akinshina, Inna B.; Kormakowa, Walentina N.

Gewerbliche Ausbildungsberufe geraten bei der Berufswahl von Jugendlichen in Russland weiter ins Hintertreffen, da akademische Abschlüsse ein höheres gesellschaftliches Ansehen haben und bessere Karrierechancen versprechen. Gleichzeitig mangelt es der Wirtschaft an qualifizierten Fachkräften auf mittlerer Qualifikationsebene.

Im Beitrag werden Maßnahmen zur Unterstützung der Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern in der Region Belgorod in Russland beschrieben, die das Interesse an gewerblichen Ausbildungsberufen wieder steigern sollen.

Berufliche Aus- und Weiterbildung in Ägypten nach der Revolution

El Banhawy, Ahmad; Elhemaily, Yara

Ägyptens größtes Kapital ist das Potenzial seiner Bevölkerung. Dies zeigte sich deutlich in der Revolution, deren Initialzündung 2008 in Mahalla von mehr als 240.000 Arbeiterinnen und Arbeitern ausging.

Allerdings muss die Qualität der Fachkräftequalifizierung verbessert werden. Deshalb investiert das Land einen Großteil seiner Ressourcen in die berufliche Aus- und Weiterbildung.

Der Artikel stellt Beispiele guter Praxis vor, die zur Reform des ägyptischen Berufsbildungs- und Beschäftigungssystems beitragen sollen.

Berufsbildungszusammenarbeit aus einer Hand

Thomann, Birgit; Wiechert, Michael

Auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird aktuell im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) die Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation aufgebaut. Sie hat im September 2013 offiziell ihre Arbeit aufgenommen und soll binnen der nächsten zwei Jahre zur fachlichen Begleitung und Unterstützung der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit der Bundesregierung ausgebaut werden.

Mit dieser Einrichtung setzt die Bundesregierung im Rahmen ihrer im Juli 2013 verabschiedeten Strategie zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit ein Zeichen, um Kompetenzen zu bündeln und angesichts einer hohen, weltweiten Nachfrage nach dem deutschen Berufsbildungssystem eine internationale Berufsbildungszusammenarbeit "aus einer Hand" zu schaffen.

Der Beitrag informiert über diese Entwicklungen und skizziert das künftige Aufgabenspektrum der Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation.

Deutsche duale Berufsausbildung auch im Ausland?

Bayer, Steffen Gunnar

Gut ausgebildete Fachkräfte sind in vielen Ländern rar. Dadurch sind einerseits die Produktivität, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und andererseits Wachstum, Beschäftigung und gesellschaftlicher Zusammenhalt in Gefahr. Deshalb ist das Thema Fachkräftequalifizierung weltweit für Unternehmen und Volkswirtschaften von enormer Bedeutung.

Im Beitrag wird das Engagement des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der Industrie- und Handelskammern (IHKs) und der Auslandshandelskammern (AHKs) dargestellt. Es wird beschrieben, wie sich Elemente des deutschen dualen Berufsbildungssystems auch in andere Länder transferieren lassen.

BWP-Information

Die Zeitschrift Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis - BWP publiziert wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen zu aktuellen Fragen der Berufsbildung. Sie fördert damit den Austausch zwischen Bildungsforschung, Bildungspraxis und Bildungspolitik.

Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema und bietet eine fundierte und vielschichtige Aufbereitung einer gegebenen Fragestellung. Dabei werden nationale und internationale Entwicklungen berücksichtigt.

 

  • Die BWP erscheint sechs Mal im Jahr (Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember).
  • Herausgeber ist das BIBB.
  • Ein Einzelheft kostet 11,85 Euro inklusive Versandkosten.

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB, 07.10.2013