Deutsche Ausbildung ist in Vietnam gefragt

Vietnams berufliche Bildung bewegt sich vorwärts. Die Ausbildungsgänge sollen attraktiver und praxisorientierter gestaltet werden. Bildungsträger und Berufsschulen benötigen dafür Unterstützung. Für deutsche Bildungsdienstleister ergeben sich Auftragschancen, wenn sie ihre Konzepte an die lokale Nachfrage anpassen.

Entwicklungspartnerschaften sind möglich. Das Arbeitsministerium möchte duale Elemente und internationale Standards einführen. Deutsche Betriebe gehen mit Pilotprojekten voran.

Vietnam bietet Bildungsdienstleitern einige Geschäftsmöglichkeiten. Eine Chance stellt die Entwicklung eines Public-Private Partnership Projektes (PPP) mit einem vietnamesischen Berufsbildungsträger dar. Berufliche Institute und Schulen werden von Ministerien, Volkskomitees, Unternehmensverbänden, Staatskonzernen oder den Gewerkschaften betrieben. Zusammen unterhalten diese 849 Berufszentren, 308 Berufsschulen und 136 Berufscolleges. Die drei Typen unterscheiden sich in aufsteigender Reihenfolge nach ihren Zugangskriterien, der Dauer der Ausbildung und der Qualifikation der Abschlüsse.

Neben den Berufsbildungsträgern kommt eine Abteilung des Arbeitsministeriums, das General Department for Vocational Training (GDVT), als Auftraggeber für Lehrerfortbildung in Frage. Das GDVT hat die Lehrerausbildung als Schwachpunkt erkannt und entsendet die Pädagogen zu Fortbildungslehrgängen.

Das Arbeitsministerium (Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs, MOLISA) hat wiederum die Aufgabe, das berufliche Bildungssystem zu reformieren und bis 2020 der Wirtschaft ausreichend Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Die Jugendlichen sollen beispielsweise statt Kurzzeittrainings höherwertige Ausbildungen erhalten. Die Abschlusszertifikate sollen sich künftig auch an deutschen Standards orientieren.

 

Mehr Praxisbezug und Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

 

Ein Masterplan für berufliche Bildung sieht mehr Praxisbezug und Zusammenarbeit mit der Wirtschaft vor. Betriebe sind bislang in die rein schulisch gestalteten Ausbildungsgänge kaum involviert, beteiligen sich nicht an der Zusammenstellung der Lehrprogramme und der Abnahme der Prüfungen. Praktika stehen erst am Ende der Ausbildungszeit an. Die wenigsten Institute haben angemessen ausgestattete Lehrwerkstätten. Auch die ungefähr 36.000 Lehrkräfte verfügen kaum über praktische Berufserfahrungen.

Ein deutscher Experte meint, dass die Berufsbildung in Vietnam sehr viele "Stakeholder" hat und es an Koordinierung mangele. Allein auf deutscher Seite seien zahlreiche öffentliche und private Organisationen unterwegs.

 

Deutsche Anbieter müssen ihre Kursangebote an die lokalen Erfordernisse des Schwellenlandes und geringere Vorkenntnisse der Lehrkräfte und Schüler anpassen, rät die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Hanoi. Außerdem stehen sie im Wettbewerb mit Fortbildungseinrichtungen unter anderem aus Malaysia, dem Vereinigten Königreich oder den USA, die Partnerprogramme mit Bildungsträgern betreiben.

Die GIZ berät seit 2001 über ein Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die Berufsbildungspolitik und unterstützt die Reformbemühungen der Regierung. Das GIZ-Büro arbeitet eng mit dem MOLISA und ausgewählten Berufsbildungsinstituten zusammen.

In- und ausländische Unternehmen benötigen schließlich eine zunehmende Zahl an Fachkräften, die der Ausbildungsmarkt noch nicht liefern kann. Nach Angaben des Statistikamtes verfügen von den knapp 54 Millionen Erwerbspersonen nur 2,5 Millionen über eine berufliche Ausbildung. Größte ausländische Arbeitgeber im verarbeitenden Gewerbe sind Japan, Taiwan und Südkorea. Insbesondere Japan und Südkorea bilden industrielle Facharbeiter für den Eigenbedarf aus.

Auch deutsche Unternehmen brauchen mehr Fachkräfte und wünschen sich eine engere Anbindung an das Ausbildungssystem. Die Deutsche Botschaft, das vietnamesische Bildungsministerium und das Arbeitsministerium unterzeichneten am 18.3.2013 eine Absichtserklärung ("Joint Declaration"), die Verbesserungen einleiten soll. So werden künftig die German Business Association (GBA) und der Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Vietnam (AHK) diesen Ministerien den Bedarf der deutschen lokalen Betriebe an Fachkräften mitteilen und beide Ministerien bei der Formulierung von Ausbildungsstandards unterstützen.

 

Deutsche Unternehmen ergreifen Initiative

 

Niederlassungen deutscher Unternehmen ergreifen auch selbst die Initiative und möchten Programme mit Elementen des dualen Ausbildungssystems zusammenstellen. So werden bei Bosch im Oktober 2013 etwa 30 Auszubildende eine Lehre als Industriemechaniker beginnen. Sie sollen Abschlüsse nach dem IHK-Standard erreichen. Die Bosch-Niederlassung stattete deshalb ihre Fabrik in der Provinz Dong Nai mit einer Lehrwerkstatt aus, die praktische Lehrinhalte vermitteln wird.

Ausbildungspartner von Bosch ist das "Lilama 2 Technical and Technological College". Dieses College in Ho Chi Minh City führt die Grundlagenausbildung durch. Das Büro des Delegierten der Deutschen Wirtschaft wird das Ausbildungsprogramm überwachen und einen Prüfungsausschuss zusammenstellen, der den erfolgreich geprüften Auszubildenden einen Facharbeiterbrief ausstellen wird.

Das College Lilama 2 gilt als ein nationales "Vorzeige"-Berufskolleg und wird zu einem Kompetenzzentrum für Berufe im Metall- und Elektrobereich ausgebaut. Die deutsche Bundesregierung hat dem College dafür umgerechnet rund 20 Millionen US-Dollar an technischer und finanzieller Zusammenarbeit zugesagt.

Ungefähr 15 weitere Kompetenzzentren möchte das vietnamesische Arbeitsministerium bis 2015 errichten, die nach internationalen Standards ausbilden sollen.

Die Niederlassungen des Industriegaseherstellers Messer und des Medizintechnikunternehmens B. Braun haben ebenso die Absicht, duale Ausbildungselemente zu etablieren. Dafür wollen sie zusammen mit der vietnamesischen Universität für Technologie und Ausbildung bei Hanoi einen Ausbildungsgang für Mechatroniker aufbauen.

Dieses Pilotprojekt unterstützt das Programm "Developpp.de" des BMZ. Es fördert Entwicklungspartnerschaften in der beruflichen Bildung und wählt die Projekte über einen Wettbewerb der eingereichten Ideen aus. Über die Fördervoraussetzungen und den Ablauf des Programms informiert die Webseite http://www.developpp.de.

Landeskenner meinen, dass sowohl bei einheimischen als auch bei deutschen Unternehmen Investitionen in Form von Know-how, Zeit und Geld erforderlich sind, um die notwendigen Strukturen zu schaffen. Dies werde bei einigen Firmen einhergehen mit einer grundlegenden strategischen Entscheidung hin zu mehr Fertigungstiefe. Nachfrage bestehe deshalb zunächst vor allem bei der Ausbildungsberatung.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, gtai.de, 24.07.2013