Japan: Rückzieher bei Arbeitsreformen

Offenbar wollte das japanische Komitee für industrielle Wettbewerbsfähigkeit den Kündigungsschutz für Festangestellte lockern. Jetzt hat Premierminister Shinzo Abe seine Pläne aber still und heimlich beerdigt, den starren Arbeitsmarkt in Japan aufzuweichen.

Japan: Rückzieher bei Arbeitsreformen

Still und heimlich hat Premierminister Shinzo Abe seine Pläne beerdigt, den starren Arbeitsmarkt in Japan zu lockern.

Kurz vor der Oberhauswahl will die liberaldemokratische Regierung es vermeiden, potenzielle Wähler gegen sich aufzubringen. Was die Bevölkerung als "sichere" Jobs wahrnimmt, schränkt die Flexibilität der Unternehmen in Japan ein. Dabei zeigt die zeitlupenhafte Restrukturierung der japanischen Elektronikfirmen die Probleme überdeutlich auf.

Die Entscheidung von Abe ist ein Indiz mehr, dass die versprochenen Strukturreformen entweder in Länge gezogen oder ganz ausfallen werden. "Wenn jeder in einer niedergehenden Industrie an seinen Arbeitsplätzen festhält, wird die ganze Industrie kollabieren, so dass alle ihren Job verlieren", hatte Abe noch im März gewarnt.

Im Expertenrat für Wettbewerbsfähigkeit beschäftigte sich eine Gruppe auch mit Vorschlägen für eine Reform des Arbeitsmarktes. Unter anderem sollten Kündigungen erleichtert werden, um die Spaltung des Arbeitsmarktes in praktisch lebenslang Festangestellte und weitgehende rechtlose Teilzeitarbeitnehmer zu mildern.

Doch zu den wirtschaftlichen Traditionen in Japan gehört, dass Unternehmen für ihre Mitarbeiter existieren und deswegen in erster Linie Arbeitsplätze erhalten müssen. Die gesetzlichen Grundlagen spiegeln dieses Selbstverständnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wider.

Eine neoliberale Abkehr von diesem kulturellen Prinzip will die Abe-Regierung aus Angst vor den Wählern nicht offensiv vertreten. Dabei hatte eine frühere Regierung im Dezember 2011 festgestellt, dass 4,6 Millionen Stellen in den Unternehmen eigentlich überflüssig seien.

Ein deregulierter Arbeitsmarkt würde den Strukturwandel in Japan beschleunigen und Arbeitskräfte für neue Unternehmen freisetzen. Dass Japan die geringste Zahl von Startup-Firmen in den OECD-Ländern aufweist, hängt auch mit dem starren Arbeitsmarkt und dem Sicherheitsbedürfnis vieler Arbeitnehmer zusammen.

"Japan braucht mehr Wettbewerb, damit mehr neue Firmen die alten Unternehmen ersetzen können", verlangt der Ökonom Richard Katz, Betreiber des Newsletters "The Oriental Economist". Aber unter Druck der Opposition musste Abe jetzt im Parlament erklären, er beabsichtige nicht, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter willkürlich entlassen dürfen.

Japan: Einfachere Kündigung geplant

Hinter den Kulissen arbeitet die Regierung von Shinzo Abe offenbar an einer Reform des Arbeitsmarktes. Nach Informationen der Finanzzeitung Nikkei will das Komitee für industrielle Wettbewerbsfähigkeit den Kündigungsschutz für Festangestellte lockern.

Bisher ist es Arbeitgebern praktisch nicht möglich, feste Mitarbeiter zu entlassen, es sei denn, das Unternehmen steckt in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Unter den jetzigen Arbeitsgesetzen müssen Unternehmen zuerst weniger neue Arbeitskräfte einstellen und anschließend Teilzeit- beziehungsweise Angestellte ohne festen Arbeitsvertrag abbauen. Das Komitee will nun vorschlagen, dass Arbeitgeber auch Festangestellten kündigen dürfen, so lange sie ihnen finanziell bei der Suche nach einem neuen Job helfen.

Als zweite Bedingung für eine Kündigung schlagen die Experten und Manager vor, dass die Hälfte der abgebauten Stellen mit Arbeitskräften zwischen 20 und 40 aufgefüllt werden muss. Dieser Vorschlag ist allerdings ein zweischneidiges Schwert: Jüngere Leute kommen das Unternehmen zwar unterm Strich billiger, die Gekündigten in höherem Alter dürften auf dem Arbeitsmarkt aber nur schwer eine neue Arbeit finden.

Die Expertengruppe für den Arbeitsmarkt wird von Yasuchika Hasegawa geleitet, Präsident der Japan Association of Corporate Executives. Seine Vorschläge sollen in das Paket von Strukturreformen aufgenommen werden, das das Komitee für Wettbewerbsfähigkeit im Auftrag der Regierung bis Juni erarbeitet. Die Vorschläge dürften aber auf den Widerstand der Gewerkschaften treffen.


Quelle: Japanmarkt online, japanmarkt.de, 12.04.2013 (Artikel unten) und 16.05.2013 (Artikel oben)