Thailands Arbeitsmarkt muss sich anpassen

Wanderungsbewegungen durch ASEAN-Integration - Ziel ist höhere Produktivität

 

Der wirtschaftliche Integrationsprozess der ASEAN-Staaten (Association of Southeast Asian Nations) wirkt sich auch auf die Arbeitsmärkte in den Mitgliedsländern aus. Für gut ausgebildete thailändische Arbeitskräfte ergeben sich durch die ab 2015 entstehende Freizügigkeit neue Jobchancen in der Region. Andererseits können lokale Firmen vermehrt auf günstige Arbeitskräfte aus den Nachbarländern zurückgreifen und ihre Arbeitskosten dadurch senken. Denkbar ist aber auch die Rückkehr von Arbeitsmigranten, zum Beispiel nach Myanmar.

 

Hochqualifizierte thailändische Arbeitskräfte wandern bereits jetzt in umliegende Länder wie Malaysia und Singapur ab, während geringer qualifizierte Arbeitnehmer aus Staaten wie Kambodscha, Laos oder Myanmar zuwandern.

 

Die Regierung hat das Problem erkannt und mit ersten Maßnahmen wie günstigen Krediten für Studenten reagiert. Weitere Initiativen zur Verbesserung des Ausbildungsniveaus sind geplant. Auch die Unternehmen werden zukünftig attraktivere Bedingungen anbieten müssen, um eine Abwanderung ihrer Angestellten in andere der insgesamt zehn ASEAN-Staaten zu verhindern.

 

Probleme für den thailändischen Arbeitsmarkt drohen auch von der erwarteten Arbeitsmarktliberalisierung in Myanmar. Besonders die arbeitsintensiven Industrien Thailands, wie die Bau- oder die Nahrungsmittelindustrie, beschäftigen einen hohen Anteil von Wanderarbeitern aus dem Nachbarland. Nach Schätzungen arbeiten allein in der lokalen Nahrungsmittelindustrie mehr als 30 Prozent Beschäftigte myanmarischer Herkunft, wobei bereits heute nach Auskunft des Industrieverbandes rund 30.000 Arbeitskräfte fehlen.

 

Eine verbesserte Lage auf dem Arbeitsmarkt in Myanmar könnte mittelfristig zu einer Abwanderung dieser Arbeitskräfte aus Thailand oder einem ausbleibenden Zuzug führen. Auch wenn der Effekt der Arbeitsmarktöffnung erst in den kommenden Jahren zu spüren sein wird, bereiten sich die thailändischen Unternehmen bereits heute hierauf vor. Neben geplanten Produktionsverlagerungen ins Ausland könnte auch vermehrt in die Anschaffung von Automationsanlagen investiert werden.

 

Mit Blick auf die Gründung der ASEAN Economic Community (AEC) im Jahr 2015 rückt ein weiteres Problem in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion.

 

Während im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends das Bruttoinlandsprodukt Thailands um 53 Prozent gewachsen ist, legte die Arbeitsproduktivität mit 27 Prozent lediglich um gut die Hälfte zu.

 

Vietnam konnte seine Produktivität im gleichen Zeitraum um 61 Prozent steigern, China gar um 157 Prozent. Thailands Industrie ist größtenteils sehr arbeitsintensiv und technisch nicht sonderlich fortschrittlich. Der Output je Arbeiter ist somit relativ gering, der Anreiz Mitarbeiter zu schulen oder qualifizierte Kräfte einzustellen, ebenfalls.

 

Belegt wird dies durch die Entwicklung der Einkommenssituation in den letzten Jahren.

 

Während heute rund doppelt so viele Hochschulabsolventen wie vor zehn Jahren beschäftigt sind, hat sich der Einkommensunterschied zwischen den Ausbildungsniveaus stark verkleinert. Der Anteil von Absolventen, die eine Anstellung entsprechend ihrer Ausbildung finden, hat sich von 40 auf 28 Prozent verringert. Immer mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte verrichten einfache Arbeiten; die akademische Ausbildung wird weniger intensiv genutzt als noch vor zehn Jahren.

 

Eine der Ursachen hierfür ist die Diskrepanz zwischen dem, was die Absolventen in ihrer Ausbildung lernen und den tatsächlichen Anforderungen der Unternehmen. Auch in Thailands Wirtschaft entstehen deshalb vermehrt private Bildungseinrichtungen, die ihr eigenes Personal schulen und fortbilden.

 

Kleineren Unternehmen bleibt dieser Weg allerdings zumeist aufgrund fehlender Ressourcen versperrt. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität im Königreich wird von Ökonomen als entscheidend für die künftige Rolle Thailands in der AEC gesehen. Der Kostenvorteil in den arbeitsintensiven Industrien werde sich zugunsten umliegender Länder verschieben. Thailand müsse sowohl seine technische Ausstattung verbessern als auch das hierfür benötigte gut ausgebildete Personal bereit halten.

 

Das Ministry of Labor (MoL) hat die Herausforderungen für den Arbeitsmarkt erkannt und versucht, mithilfe verschiedener Ansätze diese anzugehen. Bei einer im Jahre 2011 vom Board of Investment (BoI), der staatlichen Investitionsförderungsgesellschaft Thailands, organisierten Expertenrunde zum Thema Arbeitskräftemangel, wurden verschiedene Maßnahmen diskutiert.

 

Einerseits sollen die Unternehmen aufgefordert werden, selbst Arbeiter aus- und fortzubilden. Zum andern sollen Absolventen, deren Fähigkeiten oder Ausbildung nicht der tatsächlichen Nachfrage entsprechen, in staatlichen Fortbildungsmaßnahmen geschult werden. Auch wird auf eine bessere Kommunikation zwischen Arbeitgebern und Stellensuchenden hingearbeitet, um Angebot und Nachfrage besser aufeinander abzustimmen.

 

Eine Steigerung der relativ niedrigen Arbeitsproduktivität soll durch eine Kombination von verbesserten Weiterbildungsmaßnahmen, attraktiveren Arbeitsplatzbedingungen, Einsatz moderner Technologien und einem effizienteren Management erreicht werden.

 

Eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen thailändischem Arbeitsministerium MoL, der Federation of Thai Industries FTI und der Office of Vocational Education Commission werde in den kommenden Jahren zur Lösung der genannten Probleme beitragen.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, Artikel 14.12.2012