EU-Kommission gibt "Neue Denkansätze für die Bildung"

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) müssen in der Bildungs- und Ausbildungspolitik radikal umdenken. Fast 23 Prozent der Jugendlichen in der EU sind arbeitslos, gleichzeitig können über zwei Millionen offene Stellen nicht besetzt werden.

 

Die EU-Staaten müssen dafür sorgen, dass jungen Menschen die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen vermittelt werden, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind, mahnt die EU-Kommission in einem Strategiepapier mit dem Titel "Neue Denkansätze für die Bildung".

 

"In Europa wird erst dann wieder ein nachhaltiges Wachstum einsetzen, wenn unsere Bildungssysteme hoch qualifizierte, vielseitig einsetzbare Arbeitskräfte hervorbringen, die zur Innovation beitragen können und über Unternehmergeist verfügen", sagte Androulla Vassiliou, EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend. Neben der guten Grundausbildung in Muttersprache und Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaft müssten "Querschnittskompetenzen" in den Schulen viel stärker vermittelt werden, insbesondere die soziale Kompetenz, Unternehmergeist und der Umgang mit Computern.

 

Die Bildungssysteme müssten dafür sorgen, dass die Schüler und Studenten gute "Lernergebnisse" in diesen Bereichen erreichten. "Einfach nur eine bestimmte Zeit an einer Bildungseinrichtung verbracht zu haben, darf nicht mehr ausreichen", schreibt die Kommission.

 

Überall auf der Welt sei die Qualität der Bildung gestiegen, darauf müsse Europa reagieren. Die Kommission schätzt, dass 2020 für mehr als ein Drittel aller Arbeitsplätze in der EU Hochschul- oder Fachhochschulbildung nötig sein wird und nur 18 Prozent aller Jobs von gering Qualifizierten gemacht werden können. Derzeit verfügt aber rund ein Viertel aller erwachsenen EU-Bürger nur über ein niedriges Bildungsniveau.

 

Die Kommission empfiehlt, die Chancen neuer Technologien, besonders des Internets, im Unterricht zu nutzen. Querschnittskompetenzen, wie Computerwissen, könnten in vielen Fächern vermittelt werden. Weitere Kernpunkte der Kommissionsstrategie:

 

  • Bis 2020 sollen mindestens die Hälfte aller 15-Jährigen "hinreichende" Kenntnisse einer Fremdsprache haben (derzeit 42 Prozent) und mindestens drei Viertel sollen eine zweite Fremdsprache lernen (derzeit 61 Prozent).
  • Das berufspraktische Lernen soll verstärkt werden.
  • Die EU-Staaten sollen die Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen verbessern.
  • Lehrkräfte sollen gut ausgebildet werden, ihr Wissen stets auf dem neuesten Stand halten und unternehmerisch denken.
  • Für die Finanzierung von Bildung sollten öffentliche und private Mittel genutzt werden.

 

In Deutschland sind Teile der Vorschläge schon gut umgesetzt. Besonders lobt die Kommission das duale Ausbildungssystem, bei dem junge Menschen in Betrieben und Berufsschule fit für den Beruf gemacht werden. Auch dank der praxisnahen Ausbildung hätten in Deutschland deutlich mehr junge Menschen Arbeit als im EU-Durchschnitt.

 

Allerdings zeigten die Pisa-Studien, dass es vielen Jugendlichen an den schulischen Grundkenntnissen für eine solche Ausbildung fehlt, vor allem Kindern aus sozial schwachen und Migrantenfamilien. Die Kommission hat Deutschland bereits im Rahmen des "Europäischen Semesters" empfohlen, mehr zu tun, damit möglichst viele Jugendliche Qualifikationen erwerben können, die in der deutschen "High-Tech-Wirtschaft" gebraucht werden.

 

Arbeit gibt es auch noch beim Senken der Schulabbrecherzahlen und der Steigerung der Hochschulabsolventenquote, wo Deutschland die EU-Ziele noch nicht erreicht hat. Auch bei lebenslanger Weiterbildung, der Vermittlung von Fremdsprachen oder unternehmerischen Fähigkeiten liegt der EU-Durchschnitt höher.

Strategiepapier der Europäischen Kommission

Weitere Informationen unter dem Thema "Neue Denkansätze für die Bildung: bessere sozioökonomische Ergebnisse durch Investitionen in Qualifikationen"


Quelle: EU-Nachrichten Nr. 19, 22.11.2012