Technik und Bildung aus Deutschland am Nil

Bildungsprojekt zum ressourcenschonenden Wohnungsbau in Ägypten gestartet.

Anfang April startete mit einem Auftaktworkshop das groß angelegte Projekt "Water-Energy-Building - Training and Transfer" (WEB-TT), das unter Leitung der Technischen Universität (TU) Berlin die ägyptische Berufsbildung im Bausektor stärken soll.

Es ist in der Nähe von Kairo angesiedelt. "Wir wollen damit zwei Ziele erreichen", so Professor Dr. Johannes Meyser, "zunächst sollen der ägyptischen Bevölkerung durch Berufsbildung umweltfreundliche, ressourcensparende Technologien zugänglich gemacht werden. Außerdem sollen damit die Grundlagen geschaffen werden, diese Technologien langfristig und breit im Lande einzusetzen."

Johannes Meyser vom Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre der TU Berlin, Fachgebiet Fachdidaktik Bautechnik und Landschaftsgestaltung, ist verantwortlich für den wissenschaftlichen Teil des Projekts. Insgesamt acht Partner konzipieren und erproben während der vorgesehenen dreijährigen Laufzeit Bausteine für die Berufsbildung in Ägypten.

Das Projekt erbringt dazu Leistungen im Umfang von 1,7 Millionen Euro und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm "Bildungsexport durch deutsche Anbieter" mit etwa 1,1 Millionen Euro gefördert.

Ägypten hat einen jährlichen Bedarf von rund 350.000 neuen Wohneinheiten. Angesichts einer Steigerung des Energieverbrauchs in Ägypten um mehr als 70 Prozent seit 1980 - 90 Prozent davon aus fossilen Energieträgern - spielt der ressourcensparende Wohnungsbau eine bedeutende Rolle. Auch der Verbrauch von Süßwasser lag bereits 1996 mit 127 Prozent der erneuerbaren Ressourcen weit über dem, was die Natur regenerieren kann.

40 Millionen Ägypter sind unter 25 Jahre alt, etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Sie benötigen sowohl Erwerbsarbeit als auch haltbaren und kostengünstigen Wohnraum, der durch qualifizierte Fachkräfte errichtet ist.

Das Projekt WEB-TT soll für diese Ansprüche beispielhafte Lösungen entwickeln und dabei innovative und nachhaltige Technologien mit Bildungsbausteinen der Wasserver- und -entsorgung, der Energietechnik sowie der Baugewerke verbinden, die auf ägyptische Verhältnisse abgestimmt sind. Ziel der Ausbildung mit diesen Bildungspaketen ist es unter anderem, Installations- und Wartungsarbeiten zu ermöglichen, die neuartige und nachhaltige Technologien deutscher Anbieter integrieren und die den örtlichen Gegebenheiten angepasst sind. Gleichzeitig erhalten deutsche Unternehmen auf diese Weise die Möglichkeit, ihre Lösungen in den ägyptischen Markt einzuführen und dort erfolgreich zu vermarkten.

"Wir visieren die Einrichtung eines beispielhaften Berufsbildungszentrums in einer 'New Town' bei Kairo an", so Johannes Meyser, "denn das bietet großartige Chancen, den Bedarf realitätsnah zu bedienen und die Ergebnisse praxisnah zu testen. Das Zentrum wird Teil der im Bau befindlichen Siedlung 'Haram City' mit 50.000 Wohneinheiten sein." Johannes Meyser konnte zu dieser Thematik bereits Erfahrungen im TU-Konsortium des Megacity-Projektes "Young Cities" im Iran sammeln. Das Pilotprojekt in Ägypten soll die Transferierbarkeit des Modells auch auf andere Länder belegen.

Kester von Kuczkowski, Projekt- und Verwaltungsleiter des Zentralinstituts El Gouna, in dem das Projekt angesiedelt ist und koordiniert wird, freut sich ebenfalls, dass WEB-TT gerade in dieser herausfordernden Zeit des Aufbruchs und des Transformationsprozesses in Ägypten genehmigt wurde. "Damit können wir einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung einer im doppelten Sinne so jungen Gesellschaft leisten. Außerdem ist das Projekt nach der Konzeption des TU-Campus in El Gouna am Roten Meer, das mit der Orascom Hotels & Development (OHD) des TU-Alumnus Samih Sawiris entwickelt wurde, ein Beleg für die Erweiterungsfähigkeit und die vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten des Zentralinstituts der TU Berlin mit dem ägyptischen Unternehmer." Im Projekt WEB-TT sei nämlich ebenfalls eine enge Zusammenarbeit mit der Orascom-Gruppe vorgesehen, und zwar mit Orascom Education sowie Orascom Housing Communities, einer auf Siedlungen für Einkommensschwache spezialisierten Schwesterfirma von OHD.

"Angesichts des politischen Umbruchs und der dennoch insgesamt günstigen Ausgangslage sollte Ägypten die Basis für übertragbare Lösungen der TU Berlin im Bereich der nachhaltigen Entwicklung von Lebensräumen bilden", findet auch Daniel Karsch. Seine Kooperationseinheit "West Asia North Africa Cooperation Unit" (WANACU) der Fakultät VI Planen Bauen Umwelt ist unter anderem für den Wissenstransfer zuständig.

Quelle: Presseinformation der Technischen Universität Berlin, 09.05.2011