Arbeitslosigkeit in Russland steigt sprunghaft an

In Russland droht ein sprunghafter Anstieg der Arbeitslosenzahlen in diesem Winter. Schuld daran ist nach Meinung von Soziologen auch das Bildungssystem in Russland. Die Universitäten bereiten Absolventen nicht genügend auf die Anforderungen im Berufsleben vor, klagt das "Unabhängige Institut für Sozialpolitik" NISP.

In Russland droht ein sprunghafter Anstieg der Arbeitslosenzahlen in diesem Winter. Die Schätzungen schwanken zwischen acht und 16 Millionen Arbeitslosen. Vor allem junge Menschen finden keine Stelle.

Derzeit sind nach Angaben der Statistikbehörde Rosstat 5,8 Millionen Russen ohne Arbeit. Im Frühjahr auf dem Höhepunkt der Krise lag der Wert sogar zwischenzeitlich bei über sieben Millionen Menschen.

Entlassungen stehen zur Jahreswende an

Doch nach Einschätzung der internationalen Arbeitsorganisation ILO könnte selbst dieser Wert in diesem Winter noch übertroffen werden. Viele Großbetriebe haben intern bereits Entlassungen angekündigt.

Zwar hat sich die russische Wirtschaft in den letzten Monaten leicht erholt, doch der Industriesektor ist nach wie vor schwach. Im Jahresvergleich wird die Industrieproduktion um weit über zehn Prozent schrumpfen.

Staat kann Entlassungen nicht mehr verhindern

Das wirkt sich natürlich auch auf die Beschäftigungszahlen aus. Der Staat kann die meisten Betriebe nicht mehr von Entlassungen abhalten. Selbst staatliche Betriebe kürzen radikal ihre Belegschaft. So sind bei der Post 30.000 Entlassungen geplant. Bahn und die staatliche Sberbank haben ihren Personalabbau schon begonnen und nun hat die Regierung auch einem massiven Stellenabbau bei Avtovaz zugestimmt.

Avtovaz ist zwar nur zu 25 Prozent im staatlichen Besitz, aber seit längerem von staatlichen Hilfsgeldern abhängig. Die von der Fabrik angekündigten Stellenstreichungen hatte Vize-Premier Igor Schuwalow zunächst zurückgewiesen. Inzwischen hat die Regierung aber ihr Einverständnis gegeben, rund 27.000 Angestellte zu entlassen. Immerhin soll ein Teil davon über Sozialprogramme aufgefangen werden.

Bei anderen Betrieben, insbesondere in Bau, Landwirtschaft und Verkehr, die im Winter Flaute haben, werden Stellen ersatzlos gestrichen. Schon jetzt befinden sich nach Angaben der Gewerkschaften 1,6 Millionen Russen in Kurzarbeit oder unbezahltem Urlaub. Sie sind akut entlassungsgefährdet.

Auswirkungen zum 1. April sichtbar

"Diese Erschütterungen auf dem Arbeitsmarkt wird die Statistik wohl erst Anfang April erfassen. Ich fürchte, hier gibt es schon nichts mehr zu lachen. Am 1. April wird die Zahl der Arbeitslosen bei etwa acht Millionen Menschen liegen. Aber sie kann auch 16 Millionen erreichen", sagte ein Sprecher der ILO.

Junge Arbeitnehmer haben es besonders schwer

Überdurchschnittlich schwer haben es junge Arbeitnehmer. Nach Angaben der Föderation unabhängiger Gewerkschaften ist fast ein Drittel der arbeitsfähigen Russen unter 25 Jahren arbeitslos. Schuld daran ist nach Meinung von Soziologen auch das Bildungssystem in Russland. Die Universitäten bereiten Absolventen nicht genügend auf die Anforderungen im Berufsleben vor, klagt das "Unabhängige Institut für Sozialpolitik" NISP.

Die Folgen sind dramatisch. Es droht eine "verlorene Generation" heranzuwachsen. Auf die Arbeitslosigkeit können Depression, Alkoholismus, Drogenabhängigkeit und Kriminalität folgen, warnen die Soziologen.

Quelle: Newsletter "Wirtschaftsnachrichten des Osteuropa Guide - Weekly Digest" vom 17.12.2009